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Ehefrau geht nach Tod des Ehemannes leer aus!

05.09.2018

Für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs einer Ehefrau wird der Nachlass im Zeitpunkt des Erbfalls zugrunde gelegt, wozu ein noch lebzeitig auf den Sohn des Erblassers übertragener Hof nicht mehr gehört. Das hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20.07.2018 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts -Landwirtschaftsgericht -Bad Oeynhausen (Az. 9a Lw 42/16) bestätigt.Der im Februar 2015 im Alter von 78 Jahren verstorbene Erblasser war Landwirtund Eigentümer eines Hofes in Bad Oeynhausen mit einer Gesamtgröße von 17,17 haund einem zuletzt im Jahr 2002 festgestelltem Wirtschaftswert von etwa 49.000 Euro.

Seit dem Jahr 1999 lebte er von seiner Ehefrau -der Antragstellerin -getrennt, ohne dass sie sich hätten scheiden lassen.Aus der Ehe der im gesetzlichen Güterstand verheira-teten Eheleute sind zwei Kinder hervorgegangen, der Antragsgegner und seine Schwester. Im Oktober 1998 übertrug der Erblasser seinen Hof zunächst aufschie-bend bedingt durch seinen Tod auf den Antragsgegner. Mit Testament vom März 2002 setzte er den Antragsgegner zudem testamentarisch zum Hoferben und zum alleinigen Erben seines hoffreien Vermögens ein; Erbansprüche seiner Tochter sowie der Antragstellerin schloss er ausdrücklich aus. Im Juli 2002 übertrug er notariell im Wege der vorweg-genommenen Erbfolge seinen Hof auf den Antragsgegner, was von der Antragstellerin im Oktober 2003 genehmigt worden ist.

Kurz nach seiner Eintragung im Grundbuch veräußerte der Antragsgegner im April 2004 den Hof an eine Dritte. Nach dem Tod des Erblassers hat die Antragstellerin den Antragsgeg-ner auf Zahlung eines (Mindest-)Pflichtteils von etwa 6.100 Euroausge-hend von demWirtschaftswert des Hofes in Anspruch genommen. Diesen Zahlungsantrag hat das Landwirtschaftsgericht mit der ange-fochtenen Entscheidung zurückgewiesen. Der Antragstellerin stünde -so das Landwirtschaftsgericht -wegen der lebzeitigen Hofübereignung kein Pflichtteilsanspruch zu, da der Hof beim Tod des Erblassers nicht mehr zum Nachlass gehört habe. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch der Antragstellerin scheitere daran, dassseit der Übertragung des Hofes mehr als zehn Jahre verstrichen seien.Ihr stünde auch kein Anspruch auf Abfindung als Miterbin zu, da sie wegen ihrer ausdrücklichen Enter-bung im Testament vom März 2002 weder zum Zeitpunkt der Hofübereignung noch zum Zeitpunkt des Erbfalles Miterbin gewesen sei.Der für Landwirtschaftssachen zuständige 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat die erstinstanzliche Entscheidung aufgrund einer von der Antragstellerinerhobenen Beschwerde überprüft; die Beschwerde blieb allerdings ohne Erfolg. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, ein Abfindungsanspruch zugunsten der Antragstellerin nach § 12 Abs. 1 HöfeO scheide aus, weil die Antragstellerin nach ihrer Ent-erbung mit dem Testament vom März 2002 weder zum Zeitpunkt der Hofübertragung noch bei Eintritt des Erbfalls Miterbin nach dem Erblas-ser gewesen sei.

Auch ein Pflichtteilsanspruch nach § 2303 BGB stünde der Antragstel-lerin nicht zu.Bei der Berechnung des Pflichtteils sei nämlich auf den Bestand und Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls abzustellen. Zu diesem Zeitpunkt habe der Hof allerdings aufgrund der lebzeitigen Über-tragung nicht mehr zum Nachlass gehört, weshalb er bei der Berech-nung des Pflichtteils keine Berücksichtigung mehr finden könne.Eine andere Bewertung ergebe sich auch nicht aus der Regelung des § 17 Abs. 2 HöfeO, wonach -wenn der Eigentümer den Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge an den hoferbenberechtigten Abkömm-lingübergebe-zugunsten der anderen Abkömmlinge der Erbfall hin-sichtlich des Hofes als eingetreten gelte. Denn nach ihrem eindeutigen Wortlaut findediese Regelung nur zugunsten der anderen Abkömmlinge des Erblassers und nicht auch zugunsten des überlebenden Ehegatten Anwendung.

Darüber hinaus bestehe im Gesetz auch kein Anhaltspunkt dafür, den Pflichtteilsanspruch des enterbten Ehegatten, der erst mit dem Tod des Erblassers entstehe, unter Berücksichtigung des Wertes des zu Lebzei-ten des Erblassers übertragenen Hofes zu berechnen. Hierfür gebe es auch kein Bedürfnis, da die Hofübertragung mit Rücksicht auf das Zu-stimmungserfordernis des Ehegatten gemäß § 1365 BGB regelmäßig nicht ohne Mitwirkung des Ehegatten erfolgen könne und dem Ehegatten -so wie jedem enterbten Pflichtteilsberechtigten -der im Gesetz vor-gesehene Pflichtteilsergänzungsanspruch bleibe. Der letztgenannte Anspruch scheide hier aber schon deshalb aus, weil die Übertragung des Hofes mehr als zehn Jahre zurückliege.

Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.07.2018 (Az. 10 W 97/17 OLG Hamm)Martin Brandt, Pressedezernent Hinweise der Pressestelle: 1. Die Entscheidung ist unter Link. 2. Die in der Pressemitteilung genannten Regelungen der Höfeordnung (HöfeO) lauten auszugsweise wie folgt:

§ 12 Abs. 1
Den Miterben, die nicht Hoferben geworden sind, steht vorbehaltlich anderweitiger Regelung durch Übergabevertrag oder Verfügung von Todes wegen an Stelle eines Anteils am Hof ein Anspruch gegen den Hoferben auf Zahlung einer Abfindung in Geld zu. § 17 Abs. 2 HöfeO. Übergibt der Eigentümer den Hof an einen hoferbenberechtigten Abkömmling, so gilt zugunsten der anderen Abkömmlinge der Erbfall hinsichtlich des Hofes mit dem Zeitpunkt der Übertragung als eingetreten.

Quelle: OLG Hamm Pressestelle 5.9.2018