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Hospiz-Stiftung: Sterbebegleitung konzeptlos

02.11.2005 - von Deutsche Hospiz Stiftung

Das Dilemma unseres Gesundheitssystems ist, kein Konzept für eine gute Sterbebegleitung zu haben. Dabei wird Sterben in Deutschland für jährlich 850.000 Menschen und deren Angehörige zur Realität.

Ein Konzept für eine gute Sterbebegleitung kann aber nur dann entwickelt werden, wenn Ärzte, Schwestern und Pfleger tatsächlich erkennen und akzeptieren, dass es sich bei dem Patienten um einen Schwerstkranken und Sterbenden handelt. Denn dann treten andere Wünsche und Bedürfnisse in den Mittelpunkt: es gilt, den absoluten Heilungsauftrag, das Gesundwerden, in einen Begleitungsauftrag zu wandeln. Lebensqualität am Lebensende setzt voraus, dass dem Patienten seine Bedürfnisse und Wünsche individuell erfüllt werden können.

Viele Menschen wünschen sich gut versorgt zu Hause zu sterben. Doch die ambulante Versorgung von Schwerstkranken und Sterbenden ist immer noch äußerst mangelhaft. Grade 4,1% werden ehrenamtlich hospizlich begleitet, noch viel weniger ambulant und hauptamtlich Palliative Care versorgt. Modellprojekte zeigen immer wieder, Sterbebegleitung, oft auch zu Hause, kommt vielen Patientenwünschen näher.

Ein Nebeneffekt: Das Gesundheitssystem muss weniger dafür ausgeben. Bei adäquater Versorgung ist es zum Beispiel oft vermeidbar, den Sterbenden in Krisensituationen notfallmäßig ins Krankenhaus einzuweisen. Trotz überzeugender Ergebnisse der Modellprojekte und internationaler Studien sind für die ambulant erbrachten Palliative Care Leistungen noch keine Abrechnungsmöglichkeiten bei den Krankenkassen geschaffen worden.

Eine intelligente Lösung wäre das persönliche Tagesbudget für Schwerstkranke und Sterbende. Direkt an den Pflegebedürftigen überwiesen, könnte sich der Patient, auf Wunsch beraten von einem Case Manager, damit die für ihn ganz individuell notwendige Versorgung selbst einkaufen. Er wäre hierbei auch nicht an die gesetzlich festgeschriebenen pflegerischen „Verrichtungen“ des Sozialgesetzbuches gebunden, sondern könnte auch Dienstleistungen bei Anbietern einkaufen, die keinen Versorgungsvertrag mit den Kassen haben. Dem Patienten würde dies eine nie da gewesene „Marktmacht“ verschaffen. Er wäre nicht mehr Bittsteller sondern Auftraggeber. Schwerstkranke könnten endlich eigene, ihnen wichtige Schwerpunkte setzen und damit ihre letzte Lebensphase zufriedener und selbstbestimmter gestalten und erleben.

Die Forderung der Deutschen Hospiz Stiftung nach einem Tagesbudget in Höhe von 260 EUR für die letzten Monate bedarf in einer Zeit knapper werdender Mittel nicht einmal zusätzlichen Gelder: eine sinnvolle Umschichtung – von der Heilung zur Begleitung – reicht aus.


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