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Öffentlicher Dienst: Jüngere werden diskriminiert

18.06.2007 - von Dr. Udo Rempe Udo.Rempe@Zoologie.Uni-Kiel.de

Der Verband der Hochschule und Wissenschaft fordert:

Die Diskriminierung jüngerer, im öffentlichen Dienst Beschäftigter durch eine schlechtere Bezahlung bei gleicher Leistungseinstufung ist schrittweise zu beseitigen.

Im Rahmen zukünftiger Anpassungen von Besoldung und Entgelten ist Zug um Zug mit der Einführung und Verstärkung der Leistungsorientierten Bezahlung (LOB) neben einer angemessenen linearen Erhöhung der Endgehälter der Besoldungs- und Entgeltgruppen die Höhe der Anfangsgehälter schrittweise an jene der Endgehälter anzugleichen.

Begründung: Die schlechtere Bezahlung von Berufsanfängern gegenüber Älteren verstößt bei gleicher dienstlicher Beurteilung und damit gleicher dienstlicher Leistung gegen das Gleichbehandlungsgesetz und europäisches Recht.

Es ist zwar zulässig und gerechtfertigt, die Besoldung zu erhöhen, wenn infolge höherer Erfahrung die Leistung ansteigt, das gilt jedoch nicht, wenn eine Leistungsfeststellung durch dienstliche Beurteilung zeigt, dass trotz unterschiedlichen Dienstalters die Leistung übereinstimmt und die ohne eine Leistungsbeurteilung pauschal angenommenen durch steigende Erfahrung bedingten Leistungsunterschiede nachweisbar im Einzelfall nicht vorhanden sind.

Erhält eine jüngere Beamtin oder ein jüngerer Beamter mit gleicher Leistungsbeurteilung wegen Einstufung in eine niedrigere Erfahrungs- oder Altersstufe eine geringere Besoldung, handelt es sich um eine nachweislich ungerechtfertigte Benachteiligung wegen geringeren Alters, die gegen das Gleichbehandlungsgesetz und Artikel3 Abs.1 GG verstößt.

Auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 3. Oktober 2006 in der Rechtssache C-17/05, Cadman, kann nicht zur Begründung einer unterschiedlichen Bezahlung bei unterschiedlichem Dienstalter herangezogen werden. Die Randnummer 34 stellt dort klar, „dass es ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik ist, u.a. die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten.“ In Randnummer 38 heißt es jedoch, dass es ernstliche Zweifel an der Eignung des Dienstalters zur Erreichung der Feststellung der besseren Verrichtung der Arbeit geben könne. „Dann ist es Sache des Arbeitgebers, zu beweisen, dass was in der Regel gilt, nämlich dass das Dienstalter mit der Berufserfahrung einhergeht und dass diese den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten, auch in Bezug auf den fraglichen Arbeitsplatz zutrifft.“ In Randnotiz 39 wird klargestellt, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, für den einzelnen Arbeitnehmer nachzuweisen, dass sie tatsächlich bessere Leistungen infolge höherer Erfahrungen erbringen. Geschieht die Überprüfung, zu der der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, jedoch durch den Arbeitgeber im Rahmen von Regelbeurteilungen, ist es aufgrund der Randnotiz 38 unzulässig, bei gleicher Leistungsbewertung dem älteren Beschäftigtenmehr zu zahlen als dem jüngeren.

Die Leistungsbeurteilung liefert dann hinreichende Anhaltspunkte, die geeignet sind, ernstliche Zweifel an der Eignung des Dienstalters zur Honorierung besserer Leistungen aufkommen zu lassen. Die Honorierung besserer Leistungen infolge höherer Erfahrung hat nach ihrer Einführung über die leistungsorientierte Bezahlung zu erfolgen.

Im Rahmen des Vertrauensschutzes ist jedoch nur ein allmählicher und schrittweiser Übergang zu dem neuen Besoldungs- und Entgeltsystem anzustreben. Die Umstellung ist mit der schrittweisen Einführung einer leistungsorientierten Bezahlung im öffentlichen Dienst von zunächst 1 Prozent und deren möglichen Anhebung auf bis zu 8 % zu koordinieren.

Eine milde Form der Umstellung besteht darin, dass bei kommenden Besoldungs- oder Entgeltgruppen unabhängig vom Lebens- oder Dienstalter für alle das Gehalt um den gleichen festen Betrag erhöht wird. Dieser Betrag ist dann so festzusetzen, dass er einem bestimmten Prozentsatz des Durchschnittsgehalts entspricht, das innerhalb einer Besoldungs- oder Entgeltgruppe gezahlt wird. Auf diese Art können nach und nach unbegründete und damit ungerechtfertigte Gehaltsunterschiede beseitigt werden.

Quelle: Verband Hochschule und Wissenschaft

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