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Folgen: Gesundheitsreform + Gesundheitsfonds

22.09.2008 - von Manfred Schmidtlein+ Lutz Schowalter

Durch die Gesundheitsreform 2007 haben sich die Strukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und privaten Krankenversicherung (PKV) teils erheblich geändert. Hier ein Auszug, die wichtigsten Änderungen und wann sie in Kraft treten.

1 Versicherungspflicht
Die Gesundheitsreform sieht ab 01.04. 2007 (GKV) und ab 01.01. 2009 für (PKV) eine "allgemeine Pflicht zur Krankenversicherung" vor. Wer den Versicherungsschutz verloren hat, soll im Zuge der Neuregelung einen erneuten Zugang zu seiner letzten Versicherung erhalten. Dies gilt gleichermaßen für die GKV als auch für die PKV.

Der Wechsel in die PKV wird künftig schwieriger.Freiwillig in der GKV versicherte Arbeitnehmer können in die PKV wechseln, wenn sie wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG–Versicherungspflichtgrenze) aus der Versicherungspflicht ausscheiden. Seit 02.02.2007 (Stichtag der dritten Lesung des Gesetzentwurfs zur Gesundheitsreform im Bundestag) muss die JAEG dazu in drei aufeinander folgenden Jahren überschritten werden.

2 Gesundheitsfonds, Beiträge
Ansatz des Gesundheitsfonds ist es, die Kosten des Gesundheitssystems nicht nur über die gesetzlich versicherten Beitragszahler zu schultern, sondern alle Bürger über einem Bundeszuschuss zu beteiligen, welcher über Steuermittel finanziert wird. Der Gesundheitsfonds soll am 01. 01.2009 seine Arbeit aufnehmen. Durchführende Stelle wird das Bundesversicherungsamt(BVA)sein. Seine Funktionsweise entspricht einer riesigen Inkassostelle für die GKV. Bemerkung: Gewünscht hat sich den Gesundheitsfonds in seiner beschlossenen Ausgestaltung keiner. Er geht zurück auf einen Vorschlag des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium der Finanzen und sah zunächst auch den Einbezug der PKV vor. Nach monatelangem Streit wurde er am 03.07. 2006 von der großen Koalition als Kompromiss zwischen den Modellen einer "Gesundheitsprämie" (Union) und einer "Bürgerversicherung" (SPD) beschlossen. Die PKV blieb dabei auf Wunsch der Union außen vor. Am 02.02.2007 stimmte der Bundestag dem Gesetz zu, am 16.02.2007 dann der Bundesrat. In Kraft trat das GKVWSG am 01.04. 2007. Mittlerweile haben sowohl Union als auch SPD angekündigt, den Fonds in der nächsten Legislaturperiode ab 2009 im Sinne ihres jeweils ursprünglichen Modells anpassen zu wollen.

2.1 Einnahmequelle
1: Beiträge
Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen ihre Beiträge anhand eines per Rechtsverordnung festgelegten Beitragssatzes in den Fonds ein. Der festzulegende Beitragsanteil der Arbeitnehmer wird dabei den bisherigen Zusatzbeitrag von 0,9 Prozentpunkten beinhalten. Die Beitragshöhe wird damit nicht mehr individuell von den selbstverwalteten Krankenkassen, sondern einheitlich für alle Kassen vom Gesetzgeber über das Bundesgesundheitsministerium(BMG) bestimmt. Die Beiträge werden weiterhin einkommensabhängig - also nach der Höhe des beitragspflichtigen Entgelts bzw. Einkommens erhoben.
Durch den bundeseinheitlichen "gesetzlichen Beitragssatz"(lt. Kassen etwa 15,4 Prozent in 2009) wird es zwischen den Kassen nicht mehr zu Beitragsunterschieden kommen. Außerhalb des regulären Beitrags für den Gesundheitsfonds können Kassen jedoch direkt von ihren Mitgliedern Zusatzbeiträge verlangen oder Prämienzahlungen an diese gewähren.

Die Beitragsbemessungsgrenze(BBG) wird es auch innerhalb des Gesundheitsfonds mit gesetzlichem Beitragssatz geben. Einkommen oberhalb dieser BBG bleiben damit frei von jeder Beitragslast zur PKV.

Zusatzbeitrag
Kommt eine Krankenkasse mit den aus dem Gesundheitsfonds zugewiesenen Mitteln nicht aus, erhebt sie von ihren Mitgliedern einen Zusatzbeitrag. Dieser Zusatzbeitrag ist vom Mitglied alleine zu zahlen und darf ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens nicht übersteigen(Ein-Prozent-Regelung). Ausnahme: Bei Zusatzbeiträgen bis zur Höhe von acht Euro entfällt die Einkommensprüfung und damit die Belastungsgrenze. Wird ein Zusatzbeitrag erforderlich, löst dieser ein Sonderkündigungsrecht aus. Die Krankenkasse muss ihre Mitglieder auf die Möglichkeit eines Kassenwechsels hinweisen. Nimmt der Versicherte sein Kündigungsrecht wahr, muss im Kündigungszeitraum (2-3 Monate) der Zusatzbeitrag nicht bezahlt werden.

Kassenprämie
Erwirtschaftet eine Krankenkasse mit den aus dem Gesundheitsfonds zugewiesenen Mitteln einen Überschuss, kann sie ihren Versicherten finanzielle Vergünstigungen oder Beitragsrückerstattungen gewähren. Eine solche Prämienzahlung ist also das Gegenteil vom Zusatzbeitrag. Beides wird demnach zusammen nicht gleichzeitig bei einer Kasse zur Anwendung kommen. Die Kassenprämie hat nichts mit den bisherigen Tarifen zur Beitragsrückerstattung zu tun. Sie kann nur an alle Mitglieder gleichermaßen gezahlt und nicht auf einzelne Personenkreise oder Tarifgruppen reduziert werden.

2.2 Einnahmequelle
2: Bundeszuschuss
Zur schrittweisen Finanzierung von gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, wie der beitragsfreien Mitversicherung von Kindern,zahlt der Bund einen Steuerzuschuss in den Fonds ein. Dieser wird 4,0 Milliarden Euro in 2009 betragen und um jährlich 1,5 Milliarden Euro ansteigen, bis 2016 das geplante Gesamtvolumen von 14 Milliarden Euro erreicht ist.

Bemerkung:
Die Höhe des Steuerzuschusses ist unzureichend. Der Fonds soll dazu die Einnahmen der Kassen aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-beiträgen bündeln und zudem einen Bundeszuschuss aus Steuergeldern (also von allen Bürgern) erhalten. Die SPD forderte ursprünglich, dafür 40 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt in die GKV umzuleiten. Auch die Union-Gesundheitsprämie hätte für den Sozialausgleich und Kinderkosten einen Steuertransfer von mehr als 30 Milliarden Euro notwendig gemacht. Beschlossen wurde ein Steuerzuschuss von 4,0 Milliarden Euro für 2009 (2008: 2,5 Mia. Euro). In den Folgejahren soll dieser dann um jeweils 1,5 Milliarden Euro anwachsen, bis 14 Milliarden Euro im Jahr 2016 erreicht sind (Höhe orientiert sich an den Kosten für die beitragsfreie Mitversicherung für Kinder).

Kritiker bemängeln, dass der vorgesehene Steuerzuschuss damit viel zu niedrig angesetzt sei, um seine Funktion zu erfüllen. Die Umstellung des bisherigen Beitrags-Einzugssystems über die Einzelkassen auf einem gemeinsamen Gesundheitsfonds wäre damit ad absurdum geführt. Hinzu kommt,dass die Gegenfinanzierung des Steuerzuschusses noch völlig offen ist und in den Entscheidungsraum der nächsten
Legislaturperiode mit einer ggf. neuen Bundesregierung fällt.


2.3 Auszahlung an Kassen
Anstelle der bisherigen Beiträge von Arbeitgebern und Mitgliedern erhalten die Krankenkassen dann einen pauschalen Grundbetrag für jeden Versicherten aus dem Gesundheitsfonds. Dieser Grundbetrag wird im Rahmen eines neuenRisikostrukturausgleichs (RSA) nach Alter, Geschlecht und Krankheitsfaktoren durch Zu- und Abschläge modifiziert. Kassen mit versicherungsmathematisch "schlechten Risiken" erhalten dadurch höhere Zahlungen aus dem Gesundheitsfonds als Kassen mit "guten Risiken Morbiditätsorientierter RSA ab 2009. Zusammen mit der Einführung des Gesundheitsfonds wird der RSA ab 01.01.2009 neu ausgestaltet und in den Fonds integriert. Zu der Grundpauschale aus dem Gesundheitsfonds erhalten die Kassen ab 2009 "risikoadjustierte" Zu- und Abschläge zum Ausgleich des nach Alter, Geschlecht und Krankheit unterschiedlichen Versorgungsbedarfs von ihren Versicherten. Die Krankheits- bzw. Morbiditätsfaktoren des neuen RSA sollen sich an 50 bis 80 Krankheiten orientieren, bei denen die Leistungsausgaben je Versicherten um mindestens 50 Prozent höher liegen als im GKV-Durchschnitt.

3. Leistungen, Wahltarife
3.1 Leistungen - Änderungen seit April 2007. Die Leistungen der GKV bleiben im "Großen und Ganzen" erhalten. Einzelne Ergänzungen und Streichungen können im Einzelfall jedoch von großer Bedeutung sein.

Ergänzt werden:
• Verbesserte Palliativ-Versorgung
Sterbende und schwerstkranke Menschen sollen in Würde sterben können und möglichst wenig Schmerzen erleiden müssen. Versicherte in der GKV haben künftig Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung. So genannte "Palliative Care Teams" aus ärztlichem und pflegerischem Personal werden in den Fällen, in denen eine ambulante ärztliche Versorgung nicht ausreicht,diesen Menschen ein würdevolles Sterben mit möglichst wenig Schmerzen ermöglichen.
Mit dem Ausbau der ambulanten Palliativversorgung kommt die Gesundheitsreform dem Wunsch vieler schwer kranker Menschen entgegen, in der häuslichen Umgebung zu bleiben.

Häusliche Krankenpflege wird künftig auch in neuen Wohngemeinschaften oder Wohnformen und in besonderen Ausnahmefällen auch in Heimen erbracht. Der Haushaltsbegriff wird dazu entsprechend erweitert.

• Kinderhospize
Die Rahmenbedingungen für Kinderhospize werden verbessert.
Müssen die Einrichtungen bislang einen Kostenanteil von zehn Prozent selbst tragen (durch Spenden und ehrenamtliches Engagement), wird sich dieser Anteil künftig auf fünf Prozent verringern.

• Von der Ständigen Impfkommission (Stiko) des Robert Koch Instituts (RKI) empfohlene Impfungen werden Pflichtleistungen der GKV und werden damit von diesen bezahlt.


• Geriatrische Rehabilitation
Die Rehabilitation für ältere Menschen wird verbessert. So können sie weiter nach ihren eigenen Vorstellungen den Alltag gestalten. Die Versorgung kann wohnortnah oder durch mobile Reha-Teams durchgeführt werden. Damit kann die Einweisung in Pflegeheime in vielen Fällen vermieden werden.[/b]

• Mutter-/Vater-Kind-Kuren werden zu Pflichtleistungen der GKV und "müssen" bezahlt werden.

Gestrichen werden:
• Einschränkungen für teure Arzneimittel. Vor der Anwendung ganz spezieller neuer Arzneimittel muss künftig vom behandelnden Arzt eine Zweitmeinung eingeholt werden. Dies können sehr stark wirksame Krebsmedikamente sein oder zielgenau wirksame, biotechnologisch hergestellte Medikamente, wie sie bei Rheumapatienten eingesetzt werden.
Mit dem Zweitmeinungsverfahren sollen die Qualität und die Sicherheit der Anwendung dieser - meist sehr teuren - Arzneimittel verbessert werden. Welche Mittel unter diese Regelung fallen werden, bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA).

• Bei "selbstverschuldeter" Behandlungsbedürftigkeit in besonderen Fällen wie z.B.: Komplikationen durch Schönheitsoperationen, Piercing, Tätowierungen etc. muss in stärkerem Umfang von Regressmöglichkeiten zur Leistungsbeschränkung Gebrauch gemacht werden. Geleistete
Zahlungen der Krankenkassen werden dementsprechend vom Versicherten zurückgefordert. Die bisherige Vorschrift, nach der Krankenkassen keine Kosten bei Selbstverschulden übernehmen müssen, wird dazu präzisiert.

3.2 Praxisgebühr
Die Praxisgebühr bleibt bestehen.
Pro Quartal ist auch künftig eine Praxisgebühr von 10 Euro an den Arzt und Zahnarzt zu zahlen, das sind also bis zu 80 Euro an Praxisgebühr pro Jahr. Ausnahme: Wer mit Überweisung zum Arzt geht, zahlt keine Praxisgebühr,sofern beide Arztbesuche im selben Quartal liegen. Die Anzahl der Arztbesuche mit Überweisung ist dabei egal. Die Praxisgebühr fällt ferner nicht an für jährlich zwei Kontrollbesuche beim Zahnarzt, bei Vorsorge- und Früherkennungstermine sowie Maßnahmen der Schwangerenvorsorge und Schutzimpfungen.

3.3 Zuzahlungen, Belastungsgrenze
Die Belastungsgrenze bei Zuzahlungen beträgt nunmehr für alle Versicherten zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Krankheit in Dauerbehandlung sind, mussten bislang nur ein Prozent zuzahlen. In Zukunft müssen sie die Teilnahme an bestehenden Früherkennungsmaßnahmen nachweisen, damit für sie weiter die geringere Zuzahlungsgrenze gilt. Die Neuregelung sieht folgendes vor:

• Wer nach dem 01.04.1972 geboren ist und regelmäßig am allgemeinen Gesundheitscheck teilgenommen hat, kann die verminderte Belastungsgrenze in Anspruch nehmen, wenn er oder sie später an einem chronischen Leiden erkrankt.

Wer nach dem 01.04.1987 geboren ist (Männer nach dem 01.04.1962) + an einem Krebsleidenerkrankt, für das Vorsorgeuntersuchungen angeboten werden, kann die verminderte Belastungsgrenze in Anspruch nehmen, wenn sie oder er diese Vorsorgeuntersuchungen wahrgenommen hat.

Für Menschen, die älter sind, und im späteren Lebensverlauf chronisch krank werden, gilt die abgesenkte Zuzahlungsgrenze von einem Prozent. Von ihrem Arzt oder Ärztin erhalten die Versicherten wie bisher eine Bescheinigung über das Vorliegen einer chronischen Erkrankung.[/b] Diese darf der Arzt oder die Ärztin nur ausstellen, wenn die Versicherten sich therapiegerecht verhalten. Das kann zum Beispiel die Teilnahme an einem strukturierten Behandlungsprogramm für chronisch Kranke (Disease Management Programm, DMP) sein. In den Fällen, in denen ein solches Programm nicht besteht, wird die geeignete Therapie vom Arzt bestimmt. Bei der Ermittlung der Belastungsgrenzen werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen aller mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen zusammengerechnet.

3.4 Wahltarife in der GKV
Seit 01.04.2007 bietet die Gesundheitsreform den GKV die Option und Verpflichtung, Wahltarife für ihre Versicherten
anzubieten. Unterschieden werden Wahltarife, zu deren Angebot die Kassen seit April 2007 gesetzlich verpflichtet sind und solchen,die die Kassen freiwillig anbieten dürfen. Alle Krankenkassen müssen Wahltarife zu "besonderen
Versorgungsformen" anbieten. Eine Mindestbindungsfrist an die Tarife ist gesetzlich nicht vorgesehen, kann allerdings von der Kasse per Satzung vorgegeben werden. Üblich ist eine Bindungsfrist von einem Jahr. Verpflichtend für die Kassen sind insbesondere folgende Tarife:

Hausarzttarif
Hier verpflichtet sich der Patient, bei allen Erkrankungen zuerst seinen Hausarzt zu konsultieren. Falls notwendig überweist dieser ihn dann an Fachärzte oder ins Krankenhaus.
Etliche Kassen erlassen den Versicherten im Gegenzug z.B. die Praxisgebühr.

Disease-Management Programme(DMP)
Chronisch Kranke nehmen an einem bestimmten Behandlungs- und Vorsorgeprogramm teil, das wissenschaftlich erarbeitet wurde. Im Gegenzug gibt es eine Prämie.

Tarife für Integrierte Versorgung
Hierbei arbeiten Hausärzte eng mit Krankenhäusern und Reha- Einrichtungen zusammen und teilen sich ein gemeinsames Budget. Vorteil: Doppeluntersuchungen sollen vermieden und die Behandlungsmethoden optimal aufeinander abgestimmt werden.Die Kassen schließen dazu spezielle Verträge etwa mit Kliniken und Ärzten. Für die Inanspruchnahme bieten die meisten Kassen den Versicherten eine Prämie an.

Wahltarife, die die Kassen anbieten "dürfen"
Ebenfalls seit 01.04.2007 dürfen die Kassen Wahltarife für ihre Versicherten anbieten, die einen Selbstbehalt,die Kostenerstattung oder eine Beitragsrückzahlung vorsehen. Hierzu besteht allerdings keine gesetzliche Verpflichtung. Die Kassen können also darauf verzichten oder auch nur bestimmte Tarifoptionen anbieten. Eine nahezu unkalkulierbare Gefahr bei der Wahl dieser Tarife ist die gesetzlich vorgeschriebene "Mindestbindungsfrist" von drei Jahren.

Tarife mit Selbstbehalt
Dem Versicherten wird eine jährliche Prämie gutgeschrieben. Von dieser werden Kosten etwa für Medikamente und Klinikaufenthalte - nach verschiedenen Systemen abgezogen. Einmal jährlich erfolgt der Kassensturz: Überschüsse werden erneut gutgeschrieben. Hat der Versicherte aber mehr Leistungen in Anspruch genommen, als sein Guthaben zulässt, muss er die Kosten bis zu einer vorher festgelegten Höchstgrenze (Selbstbehaltgrenze) selbsttragen.

Tarife mit Kostenerstattung
Der Versicherte zahlt beim Arzt selbst und rechnet danach mit seiner Krankenkasse ab. Dafür werden höhere Summen erstattet. Allerdings können die Restkosten trotzdem erheblich sein und das "Feeling des Privatpatienten"
unkalkulierbar teuer machen. Tipp: Fragen Sie Ihre Kasse nach einem Berechnungsbeispiel für das Vorjahr.

Tarife mit Beitragsrückerstattung
Wenn das Mitglied + seine volljährigen Mitversicherten ein Jahr lang keine Leistungen in Anspruch nehmen, gewährt die Kasse eine Prämie in Höhe von bis zu einem Zwölftel des gesamten Jahresbeitrags (inkl. des Arbeitgeberanteils, entspricht also meist dem doppelten Monatsbeitrag des Mitglieds). Nicht als Leistung gelten dabei etwa Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen.

4 Medizinische Versorgung,
Leistungserbringer

Innerhalb der Organisationen der Krankenkassen, Krankenhäusern, Ärzten und Pharmaindustrie usw. gibt es diverse Erneuerungen, deren Erläuterung hier zu weit führt. Die wichtigsten Themen in Stichpunkten:

• Ärztliche Behandlung – neues Vertragsarztrecht • Ambulante Behandlung - Einzelverträge mit Kassen • Arzneimittel - neue "Kosten- Nutzen-Bewertung" • Arzneimittel - teure Mittel nur gegen Zweitmeinung • Arzneimittel – Einzeltabletten in der Apotheke
• Arzneimittel - Weitergabe in Hospizen und Heimen • Krankenhaus - verbesserter ambulanter Zugang
• Krankenhaus – Sonderbeitrag zur Sanierung • Heil- und Hilfsmittel - nur noch vom "Vertragspartner"
• Krankenversicherungskarte - mehr Kontrollen durch Kassen • Patientenquittung – wichtig bei Wahltarifen • Apotheken – Zwangshaftung für Einsparvolumen • Kassenärztliche Vereinigungen - Anpassung der Aufgaben • Pharmaindustrie - weniger Marketinginstrumente • Vorsorge- und Rehaeinrichtungen – Qualitätssicherung

5 Private Krankenversicherung
5.1 Basistarif - der neue Tarif mit Aufnahmezwang. Die PKV wird ab 01.01.2009 dazu verpflichtet, einen "Basistarif" anzubieten, dessen Leistungsbedingungen und –umfang mit denen der GKV vergleichbar sind. Sonst in der PKV mögliche Wartezeiten und Risikozuschläge sind für den Basistarif ausgeschlossen. Er kann von allen gewählt werden, die in der PKV versichert sind oder dort versichert sein können (z.B. freiwillige Mitglieder der GKV). Gilt auch für Personen, die aktuell nicht versichert sind oder aus dem Ausland zurückkehren. Voraussetzung hierbei ist, dass sie dem System der PKV grundsätzlich zuzuordnen sind (z. B. als Selbstständige/r). Die Aufnahme in den Basistarif kann durch den privaten Versicherer nicht abgelehnt werden (Kontrahierungszwang). Die Prämien für den Basistarif dürfen sich aufgrund des Alters und des Geschlechts unterscheiden.
Ab dem 01.01.2009 können alle freiwillig in der GKV Versicherten innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten nach Beendigung der Versicherungspflicht in den Basistarif wechseln.

6 Krankenkassen, Kassenverbände
Für die Krankenkassen und Kassenverbände, gibt es diverse
Erneuerungen, deren Erläuterung hier zu weit führt. In Stichpunkten die wichtigsten Themen:

• Kontrahierungszwang - auch für "Nichtversicherte" • Entschuldung der Krankenkassen bis 2008 • Fusionen der Kassen – Wahlrecht beim Verband • Insolvenzfähigkeit der Krankenkassen • Spitzenverbände - Ablösung der Bundesverbände • Spitzenverband Bund - der neue Dachverband • Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA)

Bemerkung:
Auch mit der Gesundheitsreform 2007 hat sich am Zwei-Klassen-System in der Krankenversicherung nichts geändert. Die Bevölkerung bleibt willkürlich aufgeteilt in: Normalverdiener, Geringverdiener, Sozialhilfeempfänger und Familienangehörige (ca. 72 Mill.) sind in der GKV versichert.
Hier sind Grundrechte auf Leistungen außer Kraft gesetzt und werden durch politische Gestaltungsfreiheit ersetzt. Die Versicherten zahlen hohe Beiträge in ein Solidarsystem von dem alle Kinder und Jugendliche und beitragsfrei Versicherte profitieren. Im Krankheitsfall erhalten die Patienten (Kassenpatient) nur die notwendigste Versorgung. Gutverdiener, Besserverdiener, Selbständige und Beamte (ca. 9 Mill.) sind in der PKV versichert.
Die Leistungen für Beamte sind durch Grundrechte bzw. GG, Art. 33, Abs. 5 abgesichert. Die Versicherten zahlen keine Beiträge in ein Solidarsystem für Kinder und Jugendliche und beitragsfrei Versicherte. Die Beamten zahlen geringere Beiträge, da im Krankheitsfall die Leistungen durch eine steuerfinanzierte Beihilfe von 50-70 % gedeckt werden. Im Krankheitsfall erhalten sie als Privatpatienten eine angemessene Versorgung.


Solidarprinzip in der Krankenversicherung
Der Gesetzgeber schreibt den gesetzlichen Krankenversicherungen die Einführung von Wahltarifen für besondere Versorgungsformen vor. Dies widerspricht dem Solidargedanken einer sozialen Krankenversicherung. Es werden Wahltarife angeboten, die einen Selbstbehalt sowie eine variable Kostenerstattung vorsehen. Von diesen Tarifen profitieren nur die Gesunden und Einkommensstarken. Der allgemeinen Krankenversicherung gehen damit wesentliche Beitragseinnahmen verloren.

Die Privaten Krankenversicherungen müssen ab 01 01.2009 einen Basistarif anbieten. Dieser entspricht in seinem Leistungsumfang dem der gesetzlichen Krankenversicherung.
Der Beitrag zu diesem Basistarif darf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht überschreiten. Dieser vorgeschriebene Basistarif wird die Abwanderung von gut Verdienenden gesetzlich Versicherten zur PKV fördern. In allen Einrichtungen des Gesundheitssystems in D. gilt weiterhin das Zwei-Klassen-System, dort werden die Mitglieder der PKV bevorzugt und besser behandelt.
Link

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2757
Quelle: ADG - Forum, Ausgabe September 2008