Diskriminierung melden
Suchen:

Ehrenamt + Justiz: Zypries weiss nix von Altersgrenzen

05.12.2008 - von Hanne Schweitzer

Bundesjustizministerin Zypries hat den internationalen Tag des Ehrenamts zum Anlass genommen, die freiwillige Arbeit von Bürgerinnen und Bürgern in der Justiz als tragende Säule des demokratischen Rechtsstaats zu würdigen. Über die Altersgrenzen in diesem Bereich der unbezahlten Arbeit sagt Ministerin Zypries nichts. Das kann als Zeichen ihres Einverständnisses interpretiert werden. Immerhin wurde die Altersgrenze von 70 Jahren bei Schöffinnen und Schöffen von der Bundesregierung noch am 29.2.2008 als "sachlich begründete und gerechtfertigte" Altersdifferenzierung für gut befunden.

Bevor Sie nun die ausführliche Presseinformation aus dem Haus der Justizministerin lesen, legen Sie sich einen Stift und ein Blatt Papier zurecht oder eine Rechenmaschine.
Ihre Aufgabe: Addieren Sie die Zahlen der im Justizbereich ehrenamtlich tätigen Menschen. Multiplizieren sie die Summe mit 10 Arbeitsstunden pro Person im Monat. Multiplizieren Sie die monatliche Gesamtstundenzahl mit einem Stundenlohn von 10 Euro. Das Ergebnis gibt Ihnen eine Vorstellung davon, was die tragenden Säulen des demokratischen Rechtsstaats, die Ehrenamtlichen in der Justiz, jeden Monat zum Bruttosozialprodukt des Landes beitragen. Sie können ruhig noch ein paar Euro draufpacken, weil für die ehrenamtlich Betreuungen nur die Zahlen für das Jahr 2007 angegeben sind, die tatsächliche Zahl ist höher.

Hier nun O-Ton Justizministerium:
"Die Justiz und der Justizvollzug könnten ohne freiwilliges Bürgerengagement nicht in dieser Form bestehen. Ohne die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter, die Vollzugshelferinnen und Vollzugshelfer und die Betreuerinnen und Betreuer wäre die Justiz schlechter. Ehrenamtliche Richterinnen und Richter sind ein Bindeglied zwischen Staat und Bevölkerung. Ihre Mitwirkung im gerichtlichen Verfahren erhöht das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Justiz und fördert die Akzeptanz richterlicher Entscheidungen.

Auch die Behandlung Strafgefangener und deren Wiedereingliederung in die Gesellschaft erfordert das Engagement vieler ehrenamtlicher Vollzugshelfer und -helferinnen. Für die Vollzugsbehörden ist die Unterstützung durch diese ehrenamtlichen Kräfte unbezahlbar. Ihre Arbeit beschränkt sich nicht nur auf die Betreuung einzelner Gefangener und Gruppenarbeit in der Justizvollzugsanstalt. Sie bilden auch eine wichtige Brücke zwischen 'Drinnen' und 'Draußen' Sie leisten wertvolle Hilfe für die Familien Inhaftierter, die Begleitung entlassener Gefangener und die Aufklärung der Öffentlichkeit über Strafvollzugsprobleme.

Eine besondere Verantwortung für unsere Solidargemeinschaft übernehmen auch die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer. Ohne ihren Einsatz könnte der Staat die Betreuung der vielen hilfsbedürftigen Menschen in Deutschland nicht leisten. Ich freue mich, dass ich im kommenden Jahr 2009 beim Tag der Betreuung in Berlin zahlreiche ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer aus ganz Deutschland persönlich empfangen kann. Ich danke allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich freiwillig in der Justiz - in welchem Bereich auch immer - engagieren", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

In der Rechtspflege sind derzeit etwa 98.000 Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich tätig, davon allein fast 36.000 als Schöffen in der Strafgerichtsbarkeit. In diesem Jahr fanden die Schöf-fenwahlen für die Amtsperiode 2009 bis 2013 statt.

Nach unserem Grundgesetz geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Die Mitwirkung ehrenamtlicher Richterinnen und Richter ist daher nicht nur in der Strafgerichtsbarkeit, sondern auch an Handels-, Arbeits-, Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichten vorgesehen. Sie wirken gleichberechtigt neben Berufsrichterinnen und Berufsrichtern an der Rechtsprechung mit, sie sind - genauso wie Berufsrichter - an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen. Als Vertreter des Volkes üben sie das Richteramt in vollem Umfang und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter aus. Ihre besondere Sachkunde, ihr Rechtsempfinden sowie ihre persönliche Berufs- und Lebenserfahrung tragen dazu bei, dass richterliche Entscheidungen auch auf dem Prüfstand des gesunden Menschenverstandes bestehen.

Die ehrenamtliche Arbeit im Strafvollzug umfasst Besuche und Gespräche in der Vollzugsanstalt sowie Hilfsangebote für die Freizeitgestaltung Gefangener wie beispielsweise Sprach- oder Sportkurse. Daneben besteht die Tätigkeit darin, sich beispielsweise um die Angehörigen von Strafgefangenen kümmern, jugendliche Straffällige in schulischen oder berufsvorbereitenden Fragen zu beraten oder ausländischen Straffälligen ohne soziale Kontakte Hilfe zu leisten. Für die Zeit nach der Haftentlassung stehen ehrenamtliche Bewährungshelfer den ehemals Gefangenen zur Seite und begleiten sie bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft.

Ehrenamtliche Tätigkeit ist auch ein wichtiger Grundpfeiler des Betreuungsrechts. In Deutschland werden rund 1,2 Millionen Menschen, die ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst regeln können, rechtlich betreut. Im Jahr 2007 wurden für rund 225.000 erstmals Betreute 156.000 ehrenamtliche Betreuer bestellt. Demnach führten 67 Prozent der Betreuer das Amt ehrenamtlich und 33 Prozent beruflich. Zumeist sind die Betreuer Familienangehörige, rund 5 Prozent der ehrenamtlich tätigen Betreuer haben diese wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe aber auch außerhalb der Familie übernommen.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2530
Quelle: Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz