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Rentenalter: Streik in Frankreich

Frankreich - 09.11.2010

Erhöhung des Renteneintrittsalters von 60 auf 62 Jahre, Erhöhung des Alters für den vollen Rentenbezug von 65 auf 67 Jahre, Sarkozy zeigt sich unbeeindruckt von den Streiks der Franzosen.

"Protestbewegung gegen die Renten,reform’ endgültig beerdigt" von Bernard Schmid vom 26. November 2010:
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15.11.2010: Französische Gewerkschaftsverbände haben angekündigt, dass sie ihren (im Laufe des Oktober streikenden) Mitgliedern nachträglich einen Lohnersatz bezahlen, um ihre finanziellen Verluste
auszugleichen. Eine freilich zweischneidige Ankündigung. Unterdessen flog der Mann der Renten,reform', Arbeits- und Sozialminister Eric Woerth, bei der teilweise Regierungsumbildung vom gestrigen Sonntag aus dem
Kabinett“ Artikel von Bernard Schmid vom 15.11.2010
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Am 9.11.2010 hat das französische Verfassungsgericht verlautbart, dass es keine Einwände gegen das neue Rentengesetz habe. Damit ist der Versuch der Sozialisten gescheitert, dass Gesetz doch noch zu Fall zu bringen.

Am Samstag 6.11.2010 gingen nach Regierungsangaben (!)bis zum frühen Nachmittag landesweit etwa 142.000 Menschen auf die Strasse um gegen die Rentenreform zu protestieren.

Sechs Gewerkschaften der Fluggesellschaft Air France haben ihre Mitglieder aufgefordert, am 4. November an den Flughäfen "die Arbeit ruhen zu lassen".

Für den 28.10.2010 hatten die Gewerkschaften, trotz Herbstferien und Billigung des höheren Renten(eintritts)alters durch den Senat zum siebten landesweiten Streiktag aufgerufen. Dazu muss man wissen: Die Streikenden erhalten keinen Lohnersatz von den Gewerkschaften. Organisiert wurden 270 Demonstrationen im ganzen Land. Die Fluglotsen beteiligten sich daran und in etwa der Hälfte der Raffinerien wurde ebenfalls nicht gearbeitet. Das Innenministerium sprach von 198.000 TeilnehmerInnen, die Gewerkschaften von 1,5 Millionen.
Aktueller Artikel von Bernard Schmid vom 29. Oktober 2010 "Heute ist nicht alle Tage - wir komm’n wieder, keine Frage!": Link

Am 26.10. waren die Studierenden durch ihre Gewerkschaft UNEF zu einem Aktionstag aufgerufen. Der Gesetzentwurf passierte heute den parlamentarischen Vermittlungsausschuss zwischen den beiden Parlamentskammern
(Nationalversammlung und Senat). Wie die Gewerkschaft Force Ouvriere FO mitteilte, nahmen Mitarbeiter der Strassenreinigung in Marseille nach zweiwöchigem Streik die Arbeit wieder auf.

25.10.2010: In drei von zwölf französischen Raffinerien haben die Mitarbeiter beschlossen, den Streik abzubrechen - in den anderen wird weiter gestreikt. Die französische Regierung hat die streikenden Mitarbeiter der der Raffinerie Grandpuits ein zweites Mal zur Arbeit zwangsverpflichtet, obwohl ein Gericht diesen gravierenden Angriff auf das Streikrecht für illegal erklärt hatte. Am Montag, 25.10. will die Gewerkschaft gegen die erneute Zwangsverpflichtung wieder vor Gericht gehen.
„Dienstverpflichtung in streikenden Raffinerien und jetzt auch bei der Müllabfuhr in Marseille. Im Fall der Raffinerie von Grandpuits (östlich von Paris) hob ein Verwaltungsgericht die entsprechende Anordnung als widerrechtlich auf.Um um 13 Uhr konnten die beiden Kammern sich im Ausschuss auf eine gemeinsame Fassung des Gesetzestextes einigen.“ Artikel von Bernard Schmid, Paris, vom 25.10.2010
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23.10.2010: Am Samstag gingen die Streiks weiter. Die Studenten attackieren auf Plakaten auch das Luxusleben von Sarkozys Ehefrau Bruni. So stand auf einem Transparent, das Blick.ch abbildete: "Wir sind wie du, auch wir werden vom Staatschef gefi**".

22.10.2010: In der 2. Kammer des Senats stimmten 177 für die Erhöhung der Altersgrenze und 153 dagegen. Nun wird ein Vermittlungsausschuss von Nationalversammlung und Senat die Erhöhung der Altersgrenze endgültig verabschieden.

Streikkasse Frankreich
„Liebe Genossinnen und Genossen, die dt. Tagespresse hat inzwischen den Massenstreik in Frankreich entdeckt. Aus Sicht der Streikenden geht es nun darum, der autoritären Rechtsregierung um Sarkozy, die jede Verhandlung ablehnt, eine Niederlage zuzufügen, ähnlich wie 1995 oder 2006. Die europäischen Auswirkungen wären beachtlich. Wenn Sarkozys politische Linie fällt, entsteht eine völlig neue Perspektive für gesellschaftliche Gegenmächte in ganz Europa und darüber hinaus. Die Proteste in Griechenland, Spanien, Portugal, sowie die kritischen Strömungen in der
Bundesrepublik und Großbritannien bekämen starken Aufwind. (…) Inzwischen gibt es einen übergewerkschaftlichen Website mit Infos und sogar der Möglichkeit per Creditkarte etwas beizusteuern….“ Mail an die Redaktion
des LabourNet Germany vom 22.10.2010
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19.10.2010: In der Print-Ausgabe des österreichischen STANDARD begann András Szigetvari seinen Artikel vom 19.10.2010 mit den Worten: Die Streiks in Griechenland und Frankreich, die Proteste in Spanien und Rumänien sind Ausdruck eines tiefen Unbehagens: Für die Wirtschaftskrise haben die Falschen bezahlt. Gegen diesen Befund lässt sich wenig sagen. Denn nach den milliardenschweren Rettungspaketen für Banken wurden Massensteuern erhöht, Beamtengehälter und Pensionen gestrichen. Zur Beiteiligung am heutigen landesweiten Streik- und Protesttag sind auch die Studierenden aufgerufen.
Ebenfalls am Dienstagmorgen, noch vor Beginn der Demonstrationen in vielen Städten, spitzte sich der Konflikt um die geplanten Renten„reform“ in Frankreich weiter zu. Laut Zahlen, die am Dienstag früh in der Presse zirkulierten (sofern sie überhaupt erscheinen konnte: mit Ausnahme einer Gratistageszeitung fielen alle Zeitungen streikbedingt aus), lagen 2.500 Tankstellen „trocken“. Von insgesamt 12.500 Tankstellen, die in Frankreich existieren…“ Artikel von Bernard Schmid, Paris,
LinkDem Aufruf der Gewerkschaften sollen 1,1 Millionen Protestierende (nach Angaben des französischen Innenministeriums), bzw. 3,5 Millionen Menschen (Angaben der Gewerkschaften), gefolgt sein.

Als Folge des Streiks gegen die Renten"reform" sah sich die französische Zivilluftfahrtbehörde gezwungen, den Flugverkehr erst einmal bis Mittwoch einzuschränken. In Toulouse und Marseille beteiligen sich auch die Müllfahrer am Streik. In mehreren Städten gab es sogenannte Jugend- Krawalle. Die Polizei setzte Tränengas ein. Es kam zu 300 Festnahmen. Der Zugreiseverkehr wird durch den Streik belgischer Eisenbahner weiter eingeschränkt. »In der Wallonie und in Brüssel rollte keine einzige Lok. Nur in Flandern gibt es ein paar wenige Züge, die fahren«, sagte ein Sprecher des Bahnbetreibers Infrabel. Ab Donnerstag wollen auch die Eisenbahner in Italien streiken.

Die französischen LKW-Fahrer beteiligten sich seit Montag, 18.10.2010 an den Blockaden mehrerer Treibstoffdepots. Durch das Fahren im Schneckentempo behinderten sie den Verkehr auf verschiedenen Autobahnen. (Wie das wohl möglich ist? Laut Berichterstattung in den bundesdeutschen Medien gibt es ja schon seit Tagen in ganz Frankreich keinen Tropfen Sprit mehr.) Der Streik der belgischen Bahnangestellten führte dazu, dass noch mehr internationale Zugverbindungen nicht funktionierten.

Sonntag, 17.10.2010: Die wichtigste Lkw-Fahrer-Gewerkschaft hatte ihre Mitglieder für Sonntagabend aufgerufen, sich den Protesten anzuschließen und wichtige Zufahrtstraßen und Lagerhäuser zu blockieren. Nach Angaben von Ölimporteuren fehlt mittlerweile an über 1.000 Tankstellen der Treibstoff. Lastwagenfahrer blockierten die Auffahrt zu mehreren Treibstoffdepots. In Toulouse versperrten Demonstranten den Zugang zu einem Busdepot. Die größte Gewerkschaft bei Air France rief die Angestellten auf, sich am Mittwoch 20.10.2010, also an dem Tag, an dem die Renten"reform" verabschiedet werden soll, zu Demonstrationen auf den Flughäfen im ganzen Land einzufinden. Bei der Staatsbahn SNCF wurde noch immer gestreikt.

Am Samstag, 16.10.2010 protestierten erneut Hunderttausende Menschen in vielen Städten des Landes gegen die geplante Renten"reform". Nach Schätzungen der Gewerkschaften waren es drei Millionen, das französische Innenministerium sprach von rund 825.000 Menschen. Allein in Marseille waren es laut Polizei 16.400, nach Gewerkschaftangaben 180.000, die durch die Straßen der Stadt zogen. Auch hier beteiligten sich an den Protesten gegen die Erhöhung des Rentenmindestalters von 60 auf 62 Jahre und von 65 auf 67 um die volle Rente ausgezahlt zu bekommen, immer mehr junge Leute. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt in Frankreich bei 23 Prozent. Wegen der Streiks in den Raffinerien war die Benzinversorgung nach Paris per Pipeline unterbrochen worden. Nach Aussagen der Gewerkschaftsangaben werden mittlerweile alle zwölf französischen Raffinerien bestreikt.

15.10.2010: Die landesweiten Streiks in Frankreich zeigen jetzt erste Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Vorprodukten für die Kunststofferzeugung. Für die Produktion von Ethylenoxid und verschiedenen Ethylen- und Propylen-Derivativen in der Anlage Lavera hat Ineos (Lyndhurst / Großbritannien) am 15. Oktober 2010 Force Majeure gemeldet.

Am Donnerstag, 14.10.2010 gingen die Proteste und Streiks gegen die geplante Renten"reform" weiter. Betroffen waren der Schienenverkehr und die Treibstoffproduktion. Elf der zwölf Raffinerien Frankreichs werden bestreikt. Die Versorgung mit Rohöl war in neun Anlagen unterbrochen. Wegen Streiks der Ölarbeiter im Hafen von Le Havre konnte die Anlage von Exxon Mobil bei Port Jerome den normalen Betrieb nicht mehr aufrecht erhalten. Bei einem Polizeieinsatz gegen die Blockade einer Schule in Montreuil in der Nähe von Paris wurde ein 16Jähriger durch ein Gummigeschoss so schwer verletzt, dass er womöglich ein Auge verlieren könnte. In Caen erlitte ein Student bei einer Demonstration schwere Schädelverletzungen. Die Pariser Polizeidirektion hat nach dem Unglück in Montreuil den Einsatz von Gummigeschoßen untersagt.

Am Mittwoch, 13.10.2010 wurde nach Aussagen des Unternehmens die Produktion in sechs Raffinerien des Energiekonzerns Total gestoppt. Damit standen sechs der insgesamt zwölf Raffinerien des Landes still.

Der französische Senat stimmte am 12.10.2010 mit 174 zu 159 Stimmen dafür, dass die volle Rente erst mit 67 Jahren statt wie bisher mit 65 Jahren ausgezahlt wird. Wenige Tage zuvor hatte er der Anhebng des Rentenalters von 60 auf 62 zugestimmt. Nach Polizeiangaben waren an diesem Tag landesweit rund 1,23 Millionen Menschen gegen die geplante Renten"reform" auf der Straße, die Gewerkschaften gingen von 3,5 Millionen Teilnehmern aus. 300 Oberstufen und 400 Sekundarschulen wurden ebenfalls bestreikt. In Rouen war der Block der SchülerInnen in der Demonstration viermal so groß wie am 2. Oktober. „Sarko, du bist gefickt, die Jugend geht auf die Straße“ riefen SchülerInnen in Toulouse.

Nachdem am Wochenende des 9./10.2010 nach Gewerkschaftsangaben drei Millionen Teilnehmer/innen und laut französischem Innenministerium knapp 900.000 Französinnen und Franzosen demonstriert und/oder gestreikt hatten, um ihrem Mißfallen über die Renten"reform" Ausdruck zu geben, beharrte die Regierung darauf, dass ein Einknicken bei der zu 85 bis 92 % durch die Lohnabhängigen finanzierten Renten„reform“ nicht in Frage komme. Artikel von Bernard Schmid, Paris, 06.10.2010 Link

Um gegen die von der Regierung geplante Erhöhung des Renteneintrittsalters zu protestieren, gingen in Frankreichs Städten am 2. Oktober 2010 zum dritten Mal in vier Wochen (!) Millionen DemonstrantInnen auf die Straße gegangen. Die Gewerkschaft CFDT sprach von 2,9 Millionen TeilnehmerInnen. Allein in Paris beteiligten sich 310.000 Menschen an der Demonstration. Am 15. September hatte die französische Nationalversammlung der Erhöhung des Rentenalters von 60 auf 62 Jahre in erster Lesung zugestimmt.

1995 war es den Franzosen gelungen, eine geplante Rentenreform unter Jacques Chirac zu verhindern. Die Streiks und Demonstrationen hielten damals 24 Tage an.

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=3883
Quelle: diverse