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Beim Arzt + Apotheker: Vorkasse meiden

21.01.2011

Achtung Kostenfalle: Vorkasse beim Arzt und in der Apotheke sind riskant. Ab 1. Januar 2011 gelten beim Arzt, und in der Apotheke andere Regeln: Statt Sachleistung kann jetzt beim Arzt direkt auf Rechnung bezahlt und in der Apotheke kann ein wirkstoffgleiches Medikament gegen Zahlung der Mehrkosten gewählt werden. Doch Vorsicht:

Die vermeintliche Wahlfreiheit, kann schnell zur riskanten Kostenfalle werden. Über 600.- EUR kann dann der Besuch beim Radio-logen kosten. Immerhin noch rund 250.- EUR sind es dann im Schnitt beim Internisten. Und wie im Spielcasino geht’s in der Apotheke zu. Auf bis zu 90 Prozent des Arzneimittelpreises bleiben die Patient/innen sitzen. Was die Krankenkasse wirklich beim gewählten Medikament erstattet, weiß nicht einmal der Apotheker.

Vorkasse beim Arzt
Bisher gilt als Regel: Wer zum Arzt geht, wird dort untersucht und behandelt. Die Kosten dafür werden über die kassenärztliche Vereinigung der Kranken-kasse in Rechnung gestellt. Patient/in und Arzt müs-sen sich darum nicht kümmern. Doch bei Vorkasse gibt’s bei der Behandlung auch gleich die Rechnung. Wie hoch der Preis für die ärz-tliche Leistung ist und wann die Rechnung zu bezah-len ist, vereinbaren Arzt und Patient/in. Und da liegt das Problem. Denn der Arzt kann bei Vorkasse auch dem gesetzlich Versicherten den gleichen Betrag in Rechnung stellen, wie einem Privatpatienten: Mehr als das Doppelte für die gleiche Leistung. Arzt muss über Zusatzkosten informieren Als Wahlleistung war Kostenerstattung schon bisher in Ausnahmefällen möglich. Nur etwa 0,2 Prozent der Versicherten haben das genutzt.

Auch Ärzt/innen hatten nur geringes Interesse. Sie mussten ihren Patienten genau erklären, welche Kosten auf sie zu-kommen. Die Beratung wurde durch die Unterschrift des Patienten oder der Patientin bestätigt. Dieser Nachweis ist entfallen. Zusammen mit weiteren Erleichterungen wird die ungeliebte Kostenerstattung jetzt zur attraktiven Vorkasse. Für Ärztinnen und Ärzte wird es lukrativ Patient/innen mit Vorkasse bei der Terminvergabe vorzuziehen.

Vorkasse in der Apotheke
Gesetzlich Krankenversicherte können in der Apo-theke statt des eigentlich abzugebenden Arznei-mittels gegen Vorkasse ein anderes Medikament mit demselben Wirkstoff wählen. Doch Vorsicht: Diese Mittel sind regelmäßig teurer aber nicht unbedingt besser. Denn, Rabatte für die Kassen werden den Patient/innen nicht gewährt. Zudem ist das Verfahren der Kostenerstattung für Patient/innen nicht von Vorteil. Sie müssen zunächst dem Apotheker den Preis für das Medikament bezahlen, die Rechnung bei ihrer Krankenkasse ein-reichen und erhalten dann einen Teil der Kosten erstattet. Wie viel davon steht in den Sternen.

Das Vorkasse-Medikament kann teuer werden. Nicht selten müssen bis zu 90 Prozent vom Patienten selbst bezahlt werden. Der Gesetzgeber will, dass den Krankenkassen keine zusätzlichen Kosten entstehen. Sie sollen sogar weniger Geld für Arzneimit-tel ausgeben. Die angebliche Wahlfreiheit wird damit zur teuren Kostenfalle. Alle gesetzlichen Kranken-kassen sind verpflichtet, den Patienten ab 2011 die Wahlmöglichkeit gegen Vorkasse anzubieten. Von wegen. Patientinnen und Patienten zahlen Klientelpolitik der Bundesregierung.

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Risiko meiden - bei Sachleistung bleiben!
Warum wir von Vorkasse reden! Zu Beginn des Jahres 2011 sind im Gesundheitswesen zahlreiche neue Gesetzesregelungen in Kraft getreten. So sollen nach den Worten des Bundesgesundheitsministers, Patient/innen mehr Wahlfreiheit erhalten. Dazu wurden die Möglichkeiten zur „Kostenerstattung“ ausgeweitet und eine „Mehrkostenregel“ bei Medikamenten ein-geführt. Der Begriff „Kostenerstattung“ signalisiert, dass die Krankenkasse die Kosten auch erstattet. Tatsächlich ist es aber so, dass zwischen 60 und 75 Prozent der Behandlungskosten beim Arzt nicht von der Kasse erstattet wer-den, sondern vom Patienten bezahlt werden müssen. Patient/innen und nicht die Kasse sind dem Arzt gegenüber in der Pflicht. Und gezahlt werden muss selbst dann, wenn die Kasse überhaupt nichts erstattet - z.B. wenn es sich um keine Kassenleistung handelt, oder der Arzt die Leistung nicht in der geforderten Qualität erbracht hat. Das gleiche gilt in der Apotheke. Auch hier ist der Patient oder die Patientin gegenüber dem Apotheker in der Zahlungspflicht, unabhängig davon, wie viel die Kasse zahlt. Wir nennen das Vorkasse.

Gerecht geht anders !
Herausgeber: ver.di Bundesvorstand, Bereich Gesundheitspolitik. Bearbeitung Herbert Weisbrod-Frey. V.i.S.d.P.: Ellen Paschke, Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin - 01/2011
Mehr Informationen zum Thema gibt es bei der jeweiligen Krankenkasse (Service Telefon auf der Versichertenkarte) oder
auf den ver.di Gesundheitsseiten im Internet unter und www.gerecht-geht-anders.de/zweiklassenmedizin

Link: Ver.di Gesundheitspolitik