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EuGH: Altersgrenze für Piloten ist Diskriminierung

13.09.2011

Jahrzehntelang mussten Lufthansa-Piloten mit 60 Jahren ihren Beruf an den Nagel hängen. Nun hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass dies eine Altersdiskriminierung ist. Wie in anderen Ländern üblich, können Piloten jetzt auch hierzulande bis zum üblichen Rentenalter weiterarbeiten. Daran ändert es auch nichts, wenn die FAZ in ihrem Bericht über das EuGH-Urteil das Wort Altersdiskriminierung mit Gänsefüßchen versieht und als Überschrift titelt: "Altersschwach ins Cockpit". Der Stern schreibt: "Das Comeback der Ü60".
Ganz andere Sorgen hat Bernhard Witthaut, der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. Er warnte die Politik: "Wenn die Regierungen dieses Urteil als Signal begreifen sollten, die Lebensarbeitszeit ihrer Polizeibeamtinnen und -beamten weiter zu verlängern, dann ignorieren sie bewusst, dass der Polizeiberuf besondere Härten und Erschwernisse vorhält, die mit anderen Berufsgruppen nicht vergleichbar sind. Ein Jahrzehnte langer Wechselschichtdienst, massiver Überstundenaufbau, zunehmende Gewaltübergriffe oder die fortschreitende Unmöglichkeit planbarer Wochenenden sind nur Beispiele für die besonderen Belastungen, denen Polizeibeamte ausgesetzt sind."

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

13. September 2011(*)
„Richtlinie 2000/78/EG – Art. 2 Abs. 5, 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 – Verbot der Diskriminierung wegen des Alters – Verkehrsflugzeugführer – Tarifvertrag – Klausel zur automatischen Beendigung der Arbeitsverträge bei Vollendung des 60. Lebensjahres“

In der Rechtssache C‑447/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Bundesarbeitsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 17. Juni 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 18. November 2009, in dem Verfahren

Reinhard Prigge,
Michael Fromm,
Volker Lambach

gegen

Deutsche Lufthansa AG

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.‑C. Bonichot, K. Schiemann und D. Šváby, der Richterin R. Silva de Lapuerta, des Richters E. Juhász, der Richterinnen P. Lindh (Berichterstatterin), M. Berger und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. März 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– von R. Prigge, M. Fromm und V. Lambach, vertreten durch die Rechtsanwälte E. Helmig und J. Rodríguez Nieto,

– der Deutschen Lufthansa AG, vertreten durch die Rechtsanwältinnen K. Streichardt und C. Kremser-Wolf,

– der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und C. Blaschke als Bevollmächtigte,

– von Irland, vertreten durch D. O’Hagan als Bevollmächtigten im Beistand von D. Keane, SC,

– der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 19. Mai 2011

folgendes

Urteil

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2 Abs. 5, 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits von Herrn Prigge, Herrn Fromm und Herrn Lambach gegen ihre Arbeitgeberin Deutsche Lufthansa AG (im Folgenden: Deutsche Lufthansa) wegen der nach einer tarifvertraglichen Klausel bei Vollendung des 60. Lebensjahres automatisch eintretenden Beendigung ihrer Arbeitsverträge.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3 Der Zweck der Richtlinie 2000/78 ist nach ihrem Art. 1 die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten.

4 In den Erwägungsgründen 23, 25 und 36 dieser Richtlinie heißt es:

„(23) Unter sehr begrenzten Bedingungen kann eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt sein, wenn ein Merkmal, das mit der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, dem Alter oder der sexuellen Ausrichtung zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt. …



(25) Das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters stellt ein wesentliches Element zur Erreichung der Ziele der beschäftigungspolitischen Leitlinien [aus dem Jahr 2000, die der Europäische Rat von Helsinki am 10. und 11. Dezember 1999 genehmigt hat] und zur Förderung der Vielfalt im Bereich der Beschäftigung dar. Ungleichbehandlungen wegen des Alters können unter bestimmten Umständen jedoch gerechtfertigt sein und erfordern daher besondere Bestimmungen, die je nach der Situation der Mitgliedstaaten unterschiedlich sein können. Es ist daher unbedingt zu unterscheiden zwischen einer Ungleichbehandlung, die insbesondere durch rechtmäßige Ziele im Bereich der Beschäftigungspolitik, des Arbeitsmarktes und der beruflichen Bildung gerechtfertigt ist, und einer Diskriminierung, die zu verbieten ist.



(36) Die Mitgliedstaaten können den Sozialpartnern auf deren gemeinsamen Antrag die Durchführung der Bestimmungen dieser Richtlinie übertragen, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, sofern sie alle erforderlichen Maßnahmen treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden.“

5 Art. 2 („Der Begriff ‚Diskriminierung‘“) der genannten Richtlinie bestimmt:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2) Im Sinne des Absatzes 1

a) liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;



(5) Diese Richtlinie berührt nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind.“

6 Nach ihrem Art. 3 („Geltungsbereich“) Abs. 1 Buchst. c gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, u. a. in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen.

7 Art. 4 („Berufliche Anforderungen“) Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 sieht vor:

„Ungeachtet des Artikels 2 Absätze 1 und 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen eines Merkmals, das im Zusammenhang mit einem der in Artikel 1 genannten Diskriminierungsgründe steht, keine Diskriminierung darstellt, wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt.“

8 Art. 6 („Gerechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters“) Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

a) die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen;

b) die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile;

c) die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der spezifischen Ausbildungsanforderungen eines bestimmten Arbeitsplatzes oder aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand.“

9 Art. 16 dieser Richtlinie sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass



b) die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden Bestimmungen in Arbeits- und Tarifverträgen … für nichtig erklärt werden oder erklärt werden können oder geändert werden.“

10 Art. 18 der Richtlinie 2000/78 bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten … können den Sozialpartnern auf deren gemeinsamen Antrag die Durchführung der Bestimmungen dieser Richtlinie übertragen, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen. In diesem Fall gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Sozialpartner spätestens zum 2. Dezember 2003 im Weg einer Vereinbarung die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben; dabei haben die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, dass die durch diese Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. …

Um besonderen Bedingungen Rechnung zu tragen, können die Mitgliedstaaten erforderlichenfalls eine Zusatzfrist von drei Jahren ab dem 2. Dezember 2003, d. h. insgesamt sechs Jahre, in Anspruch nehmen, um die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Diskriminierung wegen des Alters und einer Behinderung umzusetzen. In diesem Fall setzen sie die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Ein Mitgliedstaat, der die Inanspruchnahme dieser Zusatzfrist beschließt, erstattet der Kommission jährlich Bericht über die von ihm ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen des Alters und einer Behinderung und über die Fortschritte, die bei der Umsetzung der Richtlinie erzielt werden konnten. Die Kommission erstattet dem Rat jährlich Bericht.

…“

11 Die Bundesrepublik Deutschland hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, so dass die Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie über die Diskriminierung wegen des Alters und einer Behinderung in diesem Mitgliedstaat spätestens am 2. Dezember 2006 erfolgt sein musste.

Regelung des Berufs des Piloten

Internationale Regelung

12 Das internationale Regelungswerk für Privatflugzeugführer, Berufsflugzeugführer und Verkehrsflugzeugführer wurde von einer internationalen Institution, den Joint Aviation Authorities, unter Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland erarbeitet. Eine Regelung dieses Regelungswerks, die Joint Aviation Requirements – Flight Crew Licensing 1 (im Folgenden: JAR-FCL 1), wurde am 15. April 2003 erlassen.

13 Die JAR‑FCL 1 wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Bau‑ und Wohnungswesen im Bundesanzeiger Nr. 80a vom 29. April 2003 bekannt gemacht.

14 Die JAR‑FCL 1.060 bestimmt:

„Beschränkungen für Lizenzinhaber nach Vollendung des 60. Lebensjahres …

(a) 60–64 Jahre:

Der Inhaber einer Lizenz darf nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht mehr als Pilot von Flugzeugen bei der gewerbsmäßigen Beförderung eingesetzt werden, es sei denn:

(1) er ist Mitglied einer Flugbesatzung, die aus mehreren Piloten besteht und

(2) die anderen Piloten haben das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet.

(b) 65 Jahre:

Der Inhaber einer Lizenz darf nach Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr als Pilot von Flugzeugen bei der gewerbsmäßigen Beförderung eingesetzt werden.“

Nationales Recht

15 § 20 Abs. 2 der Luftverkehrs-Zulassungs‑Ordnung in der Fassung der Verordnung zur Änderung luftrechtlicher Vorschriften über Anforderungen an Flugbesatzungen vom 10. Februar 2003 (BGBl. 2003 I S. 182) sieht vor:

„Die fachlichen Voraussetzungen und Prüfungen für den Erwerb von Lizenzen, deren Umfang einschließlich Berechtigungen, Gültigkeitsdauer, Verlängerung und Erneuerung sowie sonstige Bedingungen für die Ausbildung der mit einer Lizenz oder Berechtigung verbundenen Rechte richten sich nach der Verordnung über Luftfahrtpersonal …“

16 § 4 der Ersten Durchführungsverordnung zur Verordnung über Luftfahrtpersonal vom 15. April 2003 (Bundesanzeiger Nr. 82b vom 3. Mai 2003) lautet:

„Der Inhaber einer in der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Berufs‑ oder Verkehrspilotenlizenz oder der Inhaber einer Lizenz gemäß § 46 Abs. 5 LuftPersV darf nach Vollendung des 60. Lebensjahres bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die Rechte seiner Lizenz auch in Luftfahrzeugen mit einer Mindestbesatzung von einem Piloten bei der gewerbsmäßigen Beförderung von Fluggästen, Post und/oder Fracht, beschränkt auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, ausüben.

Der Inhaber einer Pilotenlizenz darf nach Vollendung des 65. Lebensjahres nicht mehr als Luftfahrzeugführer bei der gewerbsmäßigen Beförderung von Fluggästen, Post und/oder Fracht eingesetzt werden.“

Manteltarifvertrag Nr. 5a

17 Auf die zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens bestehenden Arbeitsverhältnisse findet der Manteltarifvertrag Nr. 5a für das Cockpitpersonal der Deutschen Lufthansa in seiner ab dem 14. Januar 2005 geltenden Fassung (im Folgenden: MTV Nr. 5a) Anwendung.

18 § 19 Abs. 1 MTV Nr. 5a lautet:

„Das Arbeitsverhältnis endet – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird. …“

Nationales Recht über Arbeit und Gleichbehandlung

19 § 14 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge und zur Änderung und Aufhebung arbeitsrechtlicher Bestimmungen vom 21. Dezember 2000 (BGBl. 2000 I S. 1966, im Folgenden: TzBfG) bestimmt:

„(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. …“

20 Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. 2006 I S. 1897, im Folgenden: AGG) setzt die Richtlinie 2000/78 um.

21 Die §§ 1, 2, 3, 7, 8 und 10 AGG bestimmen:

㤠1 Ziel des Gesetzes

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

§ 2 Anwendungsbereich

(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:



2. die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,



§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. …



§ 7 Benachteiligungsverbot

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden …

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.



§ 8 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen

(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.



§ 10 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters

(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

…“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

22 Herr Prigge, Herr Fromm und Herr Lambach waren langjährig als Flugzeugführer, zuletzt als Flugkapitäne, bei der Deutschen Lufthansa beschäftigt.

23 Ihre Arbeitsverträge endeten nach § 19 Abs. 1 MTV Nr. 5a mit Vollendung ihres 60. Lebensjahres im Jahr 2006 bzw. im Jahr 2007.

24 Die Kläger des Ausgangsverfahrens waren der Ansicht, dass sie unter Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78 und das AGG wegen Alters diskriminiert worden seien, und erhoben vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main Klage mit dem Antrag, festzustellen, dass ihre Arbeitsverhältnisse mit der Deutschen Lufthansa nicht zum Ende des Monats, in dem sie das 60. Lebensjahr vollendet haben, endeten, und mit dem weiteren Antrag, die Fortsetzung ihrer Arbeitsverträge anzuordnen.

25 Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies ihre Klage ab, und das Landesarbeitsgericht Hessen wies ihre Berufung zurück. Die Kläger legten hiergegen Revision zum Bundesarbeitsgericht ein.

26 Dieses war bis zum Inkrafttreten des AGG der Meinung, dass Bestimmungen wie die des § 19 Abs. 1 MTV Nr. 5a wirksam seien. Da § 14 Abs. 1 TzBfG eine Befristung des Arbeitsvertrags erlaube, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sei, könne eine tarifvertraglich vorgesehene Altersgrenze ebenfalls durch einen sachlichen Grund im Sinne dieses § 14 Abs. 1 gerechtfertigt sein.

27 Nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts können die Tarifvertragsparteien in Anwendung des Grundsatzes der Tarifautonomie und der Freiheit, über die sie bei ihrer Normsetzung verfügten, Regelungen zur Befristung von Arbeitsverträgen durch Festlegung einer Altersgrenze vereinbaren. Dieses Normsetzungsrecht müssten sie jedoch mit dem Staat teilen; dieser habe festgelegt, dass die Befristung von Arbeitsverhältnissen eines rechtfertigenden Sachgrundes bedürfe. Die Tarifvertragsparteien verfügten aber über einen Beurteilungs‑ und Ermessensspielraum bei der Definition dieses rechtfertigenden Sachgrundes. Aus diesen Grundsätzen ergebe sich, dass eine Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten der Deutschen Lufthansa von der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien gedeckt sei.

28 Außer im Fall, dass die Altersgrenze an die Möglichkeit des Arbeitnehmers, eine Rente wegen Alters zu beziehen, anknüpfe, sei die Befristung des Arbeitsvertrags aufgrund des Alters des Arbeitnehmers nur gerechtfertigt, wenn das Erreichen eines bestimmten Lebensalters wegen der durch ihn ausgeübten Tätigkeit zu einer Gefährdung führen könne. Diese Bedingung sei bei Piloten erfüllt. Die Altersgrenze für Piloten sichere nicht nur die ordnungsgemäße Ausübung der Berufstätigkeit, sondern diene darüber hinaus dem Schutz von Leben und Gesundheit der Besatzungsmitglieder, der Passagiere und der Bewohner der überflogenen Gebiete. Das Alter sei objektiv mit einer Minderung der physischen Leistungsfähigkeit verbunden.

29 Die Tatsache, dass die internationale und die nationale Regelung sowie andere Tarifverträge die Berufsausübung von Piloten ab dem 60. Lebensjahr nicht vollständig untersagten, sondern lediglich einschränkten, bestätige die Einschätzung, dass die Ausübung dieses Berufs nach Vollendung des 60. Lebensjahres zu einer Gefährdung führen könne. Durch die Festlegung der Altersgrenze bei 60 Jahren seien die Tarifvertragsparteien in den Grenzen ihrer Normsetzungsbefugnis geblieben.

30 Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts verletzt die Tatsache, dass in anderen Tarifverträgen für Piloten anderer Gesellschaften des Konzerns, zu dem Deutsche Lufthansa gehöre, keine Altersgrenze von 60 Jahren vorgesehen sei, nicht den Gleichheitsgrundsatz. Denn diese anderen Tarifverträge seien von anderen Sozialpartnern für andere Unternehmen ausgehandelt worden.

31 Nach dem Inkrafttreten der Richtlinie 2000/78 und des AGG fragt sich das Bundesarbeitsgericht, ob eine mit dem Unionsrecht vereinbare Auslegung des § 14 Abs. 1 TzBfG nicht zur Folge hätte, dass die Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten der Deutschen Lufthansa unwirksam sei.

32 § 19 Abs. 1 MTV Nr. 5a enthalte eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung. Das mit der Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten verfolgte Ziel sei die Gewährleistung der Flugsicherheit. Es sei somit fraglich, ob diese Ungleichbehandlung gegen die Richtlinie und/oder die allgemeinen Grundsätze des Rechts der Union verstoße.

33 Erstens sei fraglich, ob die in § 19 Abs. 1 MTV Nr. 5a bestimmte Altersgrenze vom Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 erfasst werde. Da mit dieser Maßnahme das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit des Flugverkehrs verfolgt werde, sei sie eine für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit im Sinne des Art. 2 Abs. 5 dieser Richtlinie notwendige Maßnahme. Es sei jedoch fraglich, ob Tarifverträge „im einzelstaatlichen Recht vorgesehene Maßnahmen“ im Sinne dieser Bestimmung sein könnten.

34 Falls die Altersgrenze in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 falle, sei zweitens fraglich, ob das Ziel der Gewährleistung der Flugsicherheit als Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie in Betracht kommen könnte. Der Gerichtshof habe sich bei der Auslegung dieser Vorschrift bisher nur zu Maßnahmen geäußert, die Ziele sozialpolitischer Art verfolgten, ohne dass er sich ausdrücklich zu Maßnahmen, die andere Ziele verfolgten, geäußert habe. Wenn das Ziel der Gewährleistung der Sicherheit des Flugverkehrs ein Ziel im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie sei, sei zu prüfen, ob die Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sei.

35 Schließlich fragt sich das Bundesarbeitsgericht drittens, ob die Altersgrenze von 60 Jahren für Piloten nicht nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 gerechtfertigt sein könnte. Denn die Gewährleistung der Flugsicherheit könnte ein rechtmäßiger Zweck für die Festlegung einer auf das Alter abstellenden beruflichen Anforderung sein. In diesem Fall sei fraglich, ob die Altersgrenze von den Sozialpartnern im Rahmen eines Tarifvertrags festgelegt werden könne oder ob sie der staatlichen Normsetzung vorbehalten sei. Hierzu stellt das vorlegende Gericht fest, dass die nationale Regelung die Ausübung des Pilotenberufs zwischen 60 und 65 Jahren nur einschränke, aber nicht verbiete.

36 Aufgrund dieser Erwägungen hat das Bundesarbeitsgericht das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Sind Art. 2 Abs. 5, Art. 4 Abs. 1 und/oder Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78 und/oder der allgemeine Grundsatz des Gemeinschaftsrechts über das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters so auszulegen, dass sie Regelungen des nationalen Rechts entgegenstehen, die eine auf Gründen der Gewährleistung der Flugsicherheit beruhende tarifliche Altersgrenzenregelung von 60 Jahren für Piloten anerkennen?

Zur Vorlagefrage

Vorbemerkungen


37 Bei der Beantwortung der Vorlagefrage ist vorab zum einen zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren fragliche tarifvertragliche Klausel in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 fällt und eine Ungleichbehandlung wegen des Alters enthält, und zum anderen, ob diese Richtlinie dahin auszulegen ist, dass sie Ungleichbehandlungen wegen des Alters in tarifvertraglichen Klauseln wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht.

38 Hinsichtlich der Anwendung der Richtlinie 2000/78 ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof die Existenz eines Verbots der Diskriminierung wegen des Alters anerkannt hat, das als ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts anzusehen ist und durch die Richtlinie 2000/78 für den Bereich Beschäftigung und Beruf konkretisiert worden ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Januar 2010, Kücükdeveci, C‑555/07, Slg. 2010, I‑365, Randnr. 21). Das Verbot jeder Diskriminierung u. a. wegen des Alters ist in Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union enthalten, die seit dem 1. Dezember 2009 den gleichen rechtlichen Rang hat wie die Verträge.

39 Außerdem ergibt sich sowohl aus dem Titel und den Erwägungsgründen als auch aus dem Inhalt und der Zielsetzung dieser Richtlinie, dass sie einen allgemeinen Rahmen schaffen soll, der gewährleistet, dass jeder „in Beschäftigung und Beruf“ gleichbehandelt wird, indem sie dem Betroffenen einen wirksamen Schutz vor Diskriminierungen aus einem der in ihrem Art. 1 genannten Gründe – darunter auch das Alter – bietet (vgl. Urteil vom 12. Oktober 2010, Ingeniørforeningen i Danmark, C‑499/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 19).

40 Aus Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78 ergibt sich, dass diese für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, u. a. in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen, gilt.

41 Indem § 19 Abs. 1 MTV Nr. 5a vorsieht, dass das Arbeitsverhältnis der Piloten – ohne dass es einer Kündigung bedarf – mit Ablauf des Monats endet, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird, betrifft diese Bestimmung die Beschäftigungsbedingungen dieser Arbeitnehmer im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/78. Diese Richtlinie gilt daher für Konstellationen wie diejenige, die Anlass zu dem Rechtsstreit gegeben hat, der bei dem vorlegenden Gericht anhängig ist.

42 Hinsichtlich der Frage, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Maßnahme eine Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 enthält, ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser Bestimmung „‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘ [bedeutet], dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 [dieser Richtlinie] genannten Gründe geben darf“. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie stellt klar, dass eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne des Abs. 1 vorliegt, wenn eine Person wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere.

43 Im vorliegenden Fall sieht § 19 Abs. 1 MTV Nr. 5a vor, dass das dem genannten Tarifvertrag unterliegende Arbeitsverhältnis eines Piloten der Deutschen Lufthansa automatisch endet, wenn er das 60. Lebensjahr vollendet.

44 Ein solcher Pilot befindet sich in einer Situation, die derjenigen eines Piloten vergleichbar ist, der jünger ist als er und für dieselbe Luftfahrtgesellschaft die gleiche Tätigkeit ausübt und/oder demselben Tarifvertrag unterliegt. Der erstgenannte Pilot, dessen Arbeitsvertrag automatisch endet, wenn er das 60. Lebensjahr vollendet, erfährt wegen seines Alters eine weniger günstige Behandlung als der zweitgenannte.

45 Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Maßnahme begründet folglich eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78.

46 Dabei ist zu beachten, dass der Umstand, dass die nationale Regelung – im vorliegenden Fall nach den Angaben des vorlegenden Gerichts § 14 Abs. 1 TzBfG – aus einem sachlichen Grund zulassen kann, dass ein Tarifvertrag bei Erreichen eines bestimmten Alters die automatische Beendigung von Arbeitsverträgen vorsieht, nichts daran ändert, dass der betreffende Tarifvertrag dem Recht der Union und insbesondere der Richtlinie 2000/78 zu entsprechen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Oktober 2010, Rosenbladt, C‑45/09, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 53).

47 Denn das in Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union proklamierte Recht auf Kollektivverhandlungen muss im Geltungsbereich des Unionsrechts im Einklang mit diesem ausgeübt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 11. Dezember 2007, International Transport Workers’ Federation und Finnish Seamen’s Union, „Viking Line“, C‑438/05, Slg. 2007, I‑10779, Randnr. 44, und vom 18. Dezember 2007, Laval un Partneri, C‑341/05, Slg. 2007, I‑11767, Randnr. 91).

48 Wenn die Sozialpartner Maßnahmen treffen, die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 fallen, die für Beschäftigung und Beruf das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert, müssen sie daher unter Beachtung dieser Richtlinie vorgehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Oktober 1993, Enderby, C‑127/92, Slg. 1993, I‑5535, Randnr. 22).

49 Aus Art. 16 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2000/78 geht klar hervor, dass Tarifverträge ebenso wie Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften den mit dieser Richtlinie durchgeführten Grundsatz zu beachten haben.

50 Da das vorlegende Gericht den Gerichtshof um eine Auslegung der Art. 2 Abs. 5, 4 Abs. 1 und 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 ersucht hat, ist die tarifvertragliche Klausel, die im Ausgangsverfahren in Rede steht, nacheinander im Hinblick auf jede dieser Bestimmungen sowie im Hinblick auf das oder die mit dieser Maßnahme verfolgten Ziele zu untersuchen.

51 Aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts geht hervor, dass die Sozialpartner die automatische Beendigung der Arbeitsverträge der Piloten im Alter von 60 Jahren mit dem Ziel vorgesehen hätten, die Flugsicherheit zu gewährleisten. In ihren Erklärungen vertritt die deutsche Regierung die Ansicht, dass die Altersgrenze, über die die Sozialpartner sich geeinigt hätten, zum Schutz der Gesundheit erforderlich sei. Der Ausschluss der über 60‑jährigen Piloten vom Flugverkehr ermögliche nämlich, das Risiko von Unfällen zu vermeiden und die Gesundheit der Piloten, der Passagiere und der Bewohner der überflogenen Gebiete zu schützen. Im Licht dieser Erwägungen ist die Richtlinie 2000/78 auszulegen.

Zur Auslegung von Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78

52 Art. 2 („Der Begriff ‚Diskriminierung‘“) der Richtlinie 2000/78 dient der Bestimmung des Begriffs des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Sinne dieser Richtlinie. Nach Art. 2 Abs. 1 kennzeichnet diesen Grundsatz das Fehlen jeder unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe.

53 Art. 2 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 2000/78 definiert die Verhaltensweisen, die als Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 dieser Richtlinie anzusehen sind.

54 Nach Art. 2 Abs. 5 der genannten Richtlinie „berührt [diese] nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maßnahmen, die in einer demokratischen Gesellschaft für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit, die Verteidigung der Ordnung und die Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind“.

55 Mit dem Erlass dieser Bestimmung wollte der Unionsgesetzgeber auf dem Gebiet von Beschäftigung und Beruf dem Entstehen eines Spannungsfeldes zwischen dem Grundsatz der Gleichbehandlung zum einen und der notwendigen Gewährleistung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit, der Verhütung von Rechtsverstößen sowie dem Schutz der individuellen Rechte und Freiheiten, die für das Funktionieren einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich sind, zum anderen vorbeugen und vermittelnd eingreifen. Der Unionsgesetzgeber hat beschlossen, dass in bestimmten, in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 aufgeführten Fällen die in dieser Richtlinie aufgestellten Grundsätze für solche Maßnahmen nicht gelten, die Ungleichbehandlungen wegen eines der in Art. 1 der Richtlinie genannten Gründe enthalten, vorausgesetzt allerdings, dass diese Maßnahmen zum Erreichen der oben genannten Ziele „notwendig“ sind.

56 Der genannte Art. 2 Abs. 5 ist außerdem, da er eine Abweichung vom Grundsatz des Verbots der Diskriminierungen begründet, eng auszulegen. Auch der Wortlaut dieser Bestimmung führt zu einem solchen Ansatz (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Januar 2010, Petersen, C‑341/08, Slg. 2010, I‑47, Randnr. 60).

57 Somit ist zum einen zu prüfen, ob die Flugsicherheit zu den in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 aufgeführten Zielen gehört, und zum anderen, ob Art. 19 Abs. 1 MTV Nr. 5a eine im einzelstaatlichen Recht vorgesehene Maßnahme im Sinne dieser Bestimmung ist.

58 In Bezug auf die Flugsicherheit stellen Maßnahmen, die auf die Vermeidung von Flugzeugunglücken durch Kontrolle der Eignung und physischen Fähigkeiten der Piloten abzielen, damit menschliche Schwächen nicht zur Ursache derartiger Unfälle werden, unbestreitbar Maßnahmen dar, die geeignet sind, die öffentliche Sicherheit im Sinne von Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 zu gewährleisten.

59 Was die Frage betrifft, ob eine tarifvertraglich getroffene Maßnahme eine im einzelstaatlichen Recht vorgesehene Maßnahme sein kann, ist darauf hinzuweisen, wie dies der Generalanwalt in Nr. 51 seiner Schlussanträge getan hat, dass der Unionsgesetzgeber in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 auf Maßnahmen, die zum „einzelstaatlichen Recht“ gehören, abstellt, während sowohl Art. 4 Abs. 1 als auch Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie keinen Hinweis auf das konkrete rechtliche Instrumentarium enthalten.

60 Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass die Sozialpartner keine öffentlich-rechtlich verfassten Einrichtungen sind (vgl. im Zusammenhang von Art. 3 Abs. 10 der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen [ABl. 1997, L 18, S. 1] Urteil Laval un Partneri, Randnr. 84).

61 Diese Erwägung hindert jedoch die Mitgliedstaaten nicht daran, über Ermächtigungsvorschriften es den Sozialpartnern zu gestatten, Maßnahmen im Sinne von Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 auf den in dieser Bestimmung genannten Gebieten, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, zu treffen. Diese Ermächtigungsvorschriften müssen hinreichend genau sein, damit gewährleistet wird, dass die genannten Maßnahmen die in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie genannten Anforderungen beachten.

62 Hinsichtlich der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahme sollen die Sozialpartner der Ansicht gewesen sein, dass für die Möglichkeit der Piloten, ihre Tätigkeiten auszuüben, aus Gründen der Sicherheit der Passagiere und der Bewohner der überflogenen Gebiete, aber auch aus Gründen, die die Gesundheit und die Sicherheit der Piloten selbst beträfen, eine Altersgrenze von 60 Jahren vorzusehen sei. Diese Maßnahme verfolgt Ziele, die mit der öffentlichen Sicherheit und dem Schutz der Gesundheit in Zusammenhang stehen, und fällt in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen.

63 Wie in den Randnrn. 14 und 16 des vorliegenden Urteils ausgeführt, war es nach der nationalen und der internationalen Regelung jedoch nicht erforderlich, den Piloten die Ausübung ihrer Tätigkeiten nach Vollendung des 60. Lebensjahres zu untersagen, sondern lediglich, diese Ausübung zu beschränken. Somit war das in der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahme enthaltene Verbot, nach Erreichen dieses Alters ein Flugzeug zu führen, für die Erreichung des verfolgten Ziels nicht notwendig.

64 Aus diesen Erwägungen geht hervor, dass Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass die Mitgliedstaaten über Ermächtigungsvorschriften den Sozialpartnern gestatten können, Maßnahmen im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 auf den in dieser Bestimmung genannten Gebieten, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, zu treffen, vorausgesetzt, diese Ermächtigungsvorschriften sind hinreichend genau, damit gewährleistet wird, dass die genannten Maßnahmen die in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie genannten Anforderungen beachten. Eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die Altersgrenze, ab der Piloten ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen dürfen, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen, ist keine Maßnahme, die für die öffentliche Sicherheit und den Schutz der Gesundheit im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 notwendig ist.

Zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78

65 Nach dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 „können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine Ungleichbehandlung wegen eines Merkmals, das im Zusammenhang mit einem der in Artikel 1 [dieser Richtlinie] genannten Diskriminierungsgründe steht, keine Diskriminierung darstellt, wenn das betreffende Merkmal aufgrund der Art einer bestimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt“.

66 Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung geht hervor, dass die Ungleichbehandlung nur dann keine Diskriminierung darstellt, wenn sie auf ein Merkmal gestützt ist, das im Zusammenhang mit einem der in Art. 1 der Richtlinie 2000/78 genannten Diskriminierungsgründe steht, und dieses Merkmal eine „wesentliche und entscheidende“ berufliche Anforderung darstellt. Der Gerichtshof hat entschieden, dass nicht der Grund, auf den die Ungleichbehandlung gestützt ist, sondern ein mit diesem Grund im Zusammenhang stehendes Merkmal eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellen muss (vgl. Urteil vom 12. Januar 2010, Wolf, C‑229/08, Slg. 2010, I‑1, Randnr. 35).

67 Im Fall der Verkehrspiloten ist es wesentlich, dass sie insbesondere über besondere körperliche Fähigkeiten verfügen, da körperliche Schwächen in diesem Beruf beträchtliche Konsequenzen haben können. Unbestreitbar nehmen diese Fähigkeiten auch mit zunehmendem Alter ab (vgl. in diesem Sinne für den Beruf des Feuerwehrmanns Urteil Wolf, Randnr. 41). Daraus folgt, dass für die Ausübung des Berufs des Verkehrspiloten das Vorhandensein besonderer körperlicher Fähigkeiten als eine „wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung“ im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 angesehen werden kann und dass diese Fähigkeiten altersabhängig sind.

68 Hinsichtlich des mit der Maßnahme verfolgten Zwecks hat das vorlegende Gericht, wie in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils ausgeführt, darauf hingewiesen, dass die Sozialpartner die automatische Beendigung der Arbeitsverträge der Piloten bei Vollendung des 60. Lebensjahres mit dem Ziel vorgesehen hätten, die Sicherheit des Flugverkehrs zu gewährleisten.

69 Ein solches Ziel stellt einen rechtmäßigen Zweck im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 dar.

70 Zu prüfen ist außerdem, ob die Sozialpartner, indem sie beschlossen haben, dass ab dem Alter von 60 Jahren die Verkehrspiloten nicht mehr über die körperlichen Fähigkeiten zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit verfügen, eine angemessene Anforderung aufgestellt haben.

71 Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass es im 23. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78 heißt, dass unter „sehr begrenzten Bedingungen“ eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt sein kann, wenn ein Merkmal, das insbesondere mit dem Alter zusammenhängt, eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt.

72 Darüber hinaus ist Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78, soweit er es ermöglicht, vom Diskriminierungsverbot abzuweichen, eng auszulegen (vgl. entsprechend in Bezug auf die Diskriminierung wegen des Geschlechts die Urteile vom 15. Mai 1986, Johnston, 222/84, Slg. 1986, 1651, Randnr. 36, und vom 26. Oktober 1999, Sirdar, C‑273/97, Slg. 1999, I‑7403, Randnr. 23, sowie hinsichtlich Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 in diesem Sinne Urteil Petersen, Randnr. 60).

73 Wie in den Randnrn. 14 und 16 des vorliegenden Urteils dargelegt, haben die Piloten sowohl nach der nationalen als auch nach der internationalen Regelung die Möglichkeit, zwischen dem vollendeten 60. und 65. Lebensjahr ihren Tätigkeiten unter bestimmten Beschränkungen weiter nachzugehen. Folglich sind die nationalen und internationalen Stellen der Ansicht, dass Piloten bis zum vollendeten 65. Lebensjahr die körperlichen Fähigkeiten haben, ein Flugzeug zu führen, auch wenn sie dies zwischen dem vollendeten 60. und dem vollendeten 65. Lebensjahr nur als Mitglied einer Besatzung, deren andere Piloten das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, tun können.

74 Die Sozialpartner sollen ihrerseits die Ansicht vertreten haben, dass die unter den MTV Nr. 5a fallenden Piloten nach Vollendung des 60. Lebensjahres selbst unter bestimmten Beschränkungen ihren Tätigkeiten nicht mehr nachgehen könnten. Darüber hinaus gehen die Gründe, aus denen diese Piloten schon ab dem vollendeten 60. Lebensjahr körperlich nicht mehr fähig sein sollen, ein Flugzeug zu führen, weder aus den Akten noch aus den beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen hervor.

75 Indem die Sozialpartner die Altersgrenze, ab der die unter den MTV Nr. 5a fallenden Verkehrspiloten als körperlich nicht mehr fähig zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gelten, auf 60 Jahre festgelegt haben, wohingegen die nationale und die internationale Regelung die Ausübung dieser Tätigkeit unter bestimmten Bedingungen bis zum Alter von 65 Jahren gestatten, haben sie diesen Piloten eine im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 unverhältnismäßige Anforderung auferlegt.

76 Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen ist, dass er einer tarifvertraglichen Klausel entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende die Altersgrenze, ab der Piloten als körperlich nicht mehr fähig zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gelten, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen.

Zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78

77 Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 bestimmt, dass eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung darstellt, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

78 Wie in den Randnrn. 51 und 68 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat das vorlegende Gericht darauf hingewiesen, dass die Sozialpartner die automatische Beendigung der Arbeitsverträge der Piloten bei Vollendung des 60. Lebensjahres mit dem Ziel vorgesehen hätten, die Flugsicherheit zu gewährleisten.

79 Zu prüfen ist, ob ein derartiges Ziel ein legitimes Ziel im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist.

80 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die in dieser Bestimmung aufgeführten rechtmäßigen Ziele, auch wenn die Aufzählung nicht erschöpfend ist, mit der Beschäftigungspolitik, dem Arbeitsmarkt und der beruflichen Bildung in Zusammenhang stehen.

81 Der Gerichtshof hat daher entschieden, dass die Ziele, die als „legitim“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 und damit als geeignet angesehen werden können, eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbots von Diskriminierungen aus Gründen des Alters zu rechtfertigen, sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung sind (vgl. Urteile vom 5. März 2009, Age Concern England, C‑388/07, Slg. 2009, I‑1569, Randnr. 46, und vom 18. Juni 2009, Hütter, C‑88/08, Slg. 2009, I‑5325, Randnr. 41).

82 Aus all diesen Gesichtspunkten ergibt sich, dass ein Ziel wie die Flugsicherheit nicht zu den in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 genannten Zielen gehört.

83 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage wie folgt zu antworten:

– Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten über Ermächtigungsvorschriften den Sozialpartnern gestatten können, Maßnahmen im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 auf den in dieser Bestimmung genannten Gebieten, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, zu treffen, vorausgesetzt, diese Ermächtigungsvorschriften sind hinreichend genau, damit gewährleistet wird, dass die genannten Maßnahmen die in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie genannten Anforderungen beachten. Eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die Altersgrenze, ab der Piloten ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen dürfen, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen, ist keine Maßnahme, die für die öffentliche Sicherheit und den Schutz der Gesundheit im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 notwendig ist;

– Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer tarifvertraglichen Klausel entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende die Altersgrenze, ab der Piloten als körperlich nicht mehr fähig zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gelten, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen;

– Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass die Flugsicherheit kein legitimes Ziel im Sinne dieser Vorschrift ist.

Kosten

84 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten über Ermächtigungsvorschriften den Sozialpartnern gestatten können, Maßnahmen im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 auf den in dieser Bestimmung genannten Gebieten, die in den Anwendungsbereich von Tarifverträgen fallen, zu treffen, vorausgesetzt, diese Ermächtigungsvorschriften sind hinreichend genau, damit gewährleistet wird, dass die genannten Maßnahmen die in Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie genannten Anforderungen beachten. Eine Maßnahme wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die die Altersgrenze, ab der Piloten ihrer beruflichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen dürfen, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen, ist keine Maßnahme, die für die öffentliche Sicherheit und den Schutz der Gesundheit im Sinne dieses Art. 2 Abs. 5 notwendig ist.

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer tarifvertraglichen Klausel entgegensteht, die wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende die Altersgrenze, ab der Piloten als körperlich nicht mehr fähig zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit gelten, auf 60 Jahre festlegt, während die nationale und die internationale Regelung dieses Alter auf 65 Jahre festlegen.

Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass die Flugsicherheit kein legitimes Ziel im Sinne dieser Vorschrift ist.

Unterschriften

Link: Lufthansa: Pilot hatte viermal das falsche Alter…
Quelle: http://curia.eu