Diskriminierung melden
Suchen:

AOK: Widerspruch nutzt

04.10.2011 - von G.W.

Es geht hierbei um meinen neunzigjährigen, stark geh- seh- und hörbehinderten Vater und seine dreiundachtzigjährige Frau, die nun kaum noch die nötige Kraft aufbringen kann, meinen Vater in einem einfachen von der AOK Plus bereitgestellen Rollstuhl zu seinen Verrichtungen wie Frisör, Mittagessen in der Gaststätte und ähnlichem zu schieben.

Der Antrag auf eine elektrische Schiebe- und Bremshilfe wurde durch o.g. Versicherungsunternehmen mit folgender Begündung abgelehnt:

"Versicherte haben grundsätzlich Anspruch auf Hilfsmittel, die den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern, einer drohenden Behinderung vorbeugen oder eine Behinderung ausgleichen. Dazu berücksichtigen wir selbstverständlich die individuellen Gegebenheiten.
Die Versorgung erfolgt hierbei im medizinisch notwendigen, ausreichenden und wirtschaftlichen Umfang.
Nach Prüfung Ihres Antrages durch unsere Hilfsmittelberaterin konnte keine Hinweise auf die Notwendigkeit der Versorgung mit einer Brems- und Schiebehilfe festgestellt werden. Zum Ausgleich Ihrer Behinderung sind Sie mit einem Rollstuhl ausreichend und zweckmäßig versorgt."

Na prima!

Wenn die mal älter werden und Hilfe brauchen, sollten sie lieber eine Versicherung wählen, bei der auch eine Sicherheit für´s Alter drin ist.

Eben habe ich in Jena-Lobeda zwei Rollstuhlfahrer mit elektrischen Rollstühlen über Radnarbenantrieb getroffen. Diese Hilfsmittel können eigentlich alles, was die Nutzer weiterhin erfolgreich am öffentlichen Leben und mit Vergnügen teilnehmen lässt.

Der eine Rollifahrer war nicht seh- und hörbehindert und konnte dieses Wunderwerk alleine bedienen, der andere war mit seiner Frau, die ihn damit steuerte, unterwegs. Beide gönnten sich gerade eine Rostbratwurst vom Stand und waren so mittendrin im täglichen Leben unserer Gesellschaft und regelrecht davon begeistert, dass ihnen ihre Krankenkasse diesen "Luxus" im Wert von etwa viertausend Euro ohne Zuzahlung ermöglicht.

Einfach schön, so etwas zu erleben!
Die Krankenkasse der Beiden hieß nicht etwa Testsieger "AOK Plus" sondern einfach "Barmer"!

Konkurrenz belebt ja den Wettbewerb und wer sollte sich nicht für einen Kassenwechsel entscheiden, wenn ihm damit die Angst vor den Gebrechen des Alters genommen wird!

Mit freundlichen Grüßen,
26.9.2011, G. W.
-------

Herzlichen Dank für Ihr Antwortschreiben!
Ja, ich habe Widerspruch eingelegt im Namen meiner Eltern und wurde im Antwortschreiben einer Frau P. freundlich aufgefordert, für eine weitere Bearbeitung der Angelegenheit eine Vollmacht bzw. einen von meinem Vater unterschriebenen Widerspruch zu übersenden.

So viel ich weiß, verlischt aus juristischer Sicht bei Nichtbeachtung solcher Forderung der Widerspruch innerhalb der gegebenen Frist. Und man war durch mich darüber informiert, dass mein über neunzig jähriger Vater sich aus Angst vor weiteren Absagen für eventuell noch notwendige Hilfeersuchen keinen Streit mit seiner Versicherung leisten wolle. Er hatte, wie vielleicht gewünscht, schon resigniert und sich mit der Allmacht des Unternehmens abgefunden.

Daraufhin habe ich dieses Versicherungsunternehmen auf mitarbeiterlicher Ebene auf den Widerspruch zwischen Werbeversprechen und praktischer Umsetzung nicht nur aufmerksam gemacht, sondern in meinem Befremden darüber angekündigt, auch Öffentlichkeit suchen zu wollen.

Nun endlich kam per Telefon eine hoffentlich kompetente Antwort von einem Herrn W., die mich erwarten lässt, dass auch die AOK PLUS eine soziale Kranken- und Sozialversicherung sein kann. Der mir dieses "versicherte" war ein sehr angenehmer und, wie ich glaube, mitfühlender Gesprächspartner.

Wir einigten uns, bis 06.10.2011, einen nun hoffentlich positiven Bescheid abzuwarten.

In der Hoffnung, der AOK, die ja auch meine Versicherung ist, wieder vertrauen zu können, werde ich sie nach Ablauf der Frist über Erfolg oder Misserfolg meiner Bemühungen (nein: meines nervenaufreibenden Kampfes als "David") informieren.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr
G.W.

Quelle: Mail an die Redaktion

Weitere Artikel, nach dem Datum ihres Erscheinens geordnet, zum Thema Pflege:
04.10.2011: Altersheim oder JVA?
21.09.2011: Pflegeverträge: Telefonische Beratung
20.09.2011: Petition: Bedarfsgerechte Versorgung mit Hospizplätzen

Alle Artikel zum Thema Pflege