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Direktversicherung: Schreiben an Wolfgang Schäuble

Bautzen, 2008 Foto H.S.

10.05.2012 - von T.

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,
mit Genugtuung habe ich gestern Abend Ihre Aussage in der Tagesschau – also vor einem Millionenpublikum – gehört …“ wir werden die neue französische Regierung davon überzeugen, dass ein alter Satz der Grundlage der Rechtsordnung ist – pacta sunt servanda – die eingegangenen Verpflichtungen gelten…“.

Warum gilt Ihre Aussage nicht für meine 1987 auf damals gültiger Rechtslage zwischen mir und meinem Arbeitgeber abgeschlossenen Direktversicherungsverträge? Warum greift der Gesetzgeber nach 17 Jahren rückwirkend in laufende Verträge ein, die nur zwischen Vertragsparteien geändert werden können?

Warum segnet das BVerfG diesen Vertrauensbruch ab, so dass sich heute die Sozialgerichte und vor allem die Spitzenverbände der Krankenkassen hinter diesen unverständlichen Urteilen verschanzen können? Hatten die Lobbyisten der Krankenkassen unter Ulla Schmidt tatsächlich so großen Einfluss auf die Politik, und warum macht eine christlich demokratische und soziale Partei bei diesem Betrug am Bürger mit?

Wenn den Sozialkassen Einnahmen fehlen, warum beteiligt man nicht alle Versicherten an der Finanzierung, sondern holt sich das Geld nur bei den Idioten, die im Vertrauen auf gesetzliche Zusagen monatlich Einzahlungen aus ihrem Nettogehalt in eine Versicherung tätigten und mit diesem Kapital fürs Alter vorsorgten?

In der Sendung „hart aber fair“, die vor Ihrem Interview lief, hat Herr Olaf Henkel sehr deutlich erläutert, dass das Wahlvolk in Deutschland bei keinen Entscheidungen der Politik wirklich Einfluss hat. Das sehen die 40 % Nichtwähler ebenso und nur so erklärt sich der Zulauf, den die Piraten im Moment haben. Die Politikverdrossenheit wird noch größer werden und wird sich ein Ventil suchen. Dazu passt auch der Artikel aus dem „Stern“ www.stern.de/politik/deutschland/zwischenruf/zwischenruf-das-entmuendigte-volk-707783.html.

Ich bin als – bisher – treuer Wähler der CSU/CDU maßlos enttäuscht – umso mehr, da sich bei mir dadurch, dass ich Ihnen nicht mal eine Antwort wert bin, das Gefühl verstärkt, dass wir wirklich nur Stimmvieh sind und die Politik uns nur missbraucht.

Mit freundlichen Grüßen
T.

Dienstag, 3. April 2012
Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,
für Ihre Antwort und der Zusage, dass sich die Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion im Petitionsausschuss in gebührender Weise mit meiner Petition befassen werden, danke ich Ihnen vielmals.

Inzwischen bin ich über den Petitionsausschuss über den Beschluss des Deutschen Bundestages informiert worden. Das Ergebnis war ernüchternd; bitte lesen Sie hierzu meinen angefügten Widerspruch und auch mein Schreiben an das Bay. Gesundheitsministerium.

Ich habe gestern Abend im ZDF-heute-journal Ihre Aussage, sehr geehrter Herr Dr. Schäuble, mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, nämlich, dass auch in Deutschland rückwirkend keine Verträge geändert werden.

Was war dann mit dem GMG 2004?

Rückwirkend wurde in meinen Direktversicherungsvertrag, den ich 1988 im Vertrauen auf die Politik – pacta sunt servanda, oft zitiert von FJS – abgeschlossen hatte, eingegriffen. Und dieses Unrecht – wenn man Verträge bricht, könnte man auch von Betrug reden – segnet dann das BVerfG noch ab.

Warum ändert man nun die Gesetze bezüglich Steuerhinterziehung nicht einfach auch rückwirkend?

Nein, man kündigt Gesetzesänderungen an, damit die kriminellen Steuerhinterzieher genügend Zeit haben, ihre Konten in der Schweiz zu löschen. Dabei müssten sie doch nur 25 % Abgeltungssteuern bezahlten, also auf ihre Spekulationsgewinne sehr viel weniger als sie aufgrund ihres persönlichen Steuersatzes zahlen müssten. Und diesen pauschalen Steuersatz nur, weil dies eine Vereinfachung bedeutet – ein Schelm, wer etwas anderes vermutet.

Bei den rückwirkenden Eingriffen in meinen Vertrag betrügt der Staat den Bürger – bei rückwirkenden Eingriffen in die Gesetzgebung hinsichtlich des Steuerbetruges würde der den Staat betrügende Steuerhinterzieher bestraft werden. Das wäre zu verstehen, aber der Eingriff in die DV-Verträge nicht – ein unverständliches Verhalten der Regierung.
.....
Die Politik muss wieder das Vertrauen der Wähler gewinnen und die Politiker müssen wieder Vorbilder und Respektpersonen sein, auf deren Aussagen man sich verlassen kann. Ich denke dabei an die Politikergeneration von Adenauer und Erhard, Schmidt und Brand, Genscher und Hamm-Brücher und noch einige mehr.

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble, sich dafür einzusetzen wäre ein großer Dienst für Deutschland, denn ich glaube, dass aufgrund der zunehmenden sozialen Spannungen unsere Demokratie Schaden nehmen wird.
Mit freundlichen Grüßen
T.

Quelle: Mail an die Redaktion