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Antidiskriminierungsgesetz: Stellungnahme des BDA

15.12.2004 - von BDA

Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung
1.Ziel des Gesetzes

Die geplante Wiedergabe des Gesetzesziels in § 1 sollte lediglich in der Gesetzesbegründung erfolgen. Die als Programmsatz ausgestaltete Norm soll zwar keine einklagbaren Rechte und Pflichten begründen. Programmsätze gewinnen jedoch vielfach ein Eigenleben, weshalb ihre Kodifizierung bedenklich ist.

2.Begriffsbestimmungen der unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligung sowie der (sexuellen)Belästigung

Die Definitionen in § 3 des Gesetzentwurfs werden weitestgehend aus den Richtlinien übernommen. Insbesondere die Definition der Belästigung allerdings ist sehr weit. Eine solche soll bereits dann gegeben sein, wenn unerwünschte Verhaltensweisen die Verletzung der Würde der betreffenden Person bewirken.

Die in der Gesetzesbegründung zu § 3 Abs.3 genannte Einschränkung des Tatbestandes, dass geringfügige Eingriffe ausscheiden, sollte unbedingt in den Gesetzestext aufgenommen werden. Zudem sollte eine Belästigung auf Tatbestandsebene ausdrücklich von wiederholtem Handeln abhängig gemacht werden. Ansonsten kommen in diesem Bereich unübersehbare Haftungsrisiken auf die Unternehmen zu.

Das arbeitsrechtliche Benachteiligungsverbot ist in § 7 ADG normiert. In § 7 Abs 2 ADG werden individual-oder kollektivrechtliche Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, für unwirksam erklärt. Diese Regelung ist überflüssig.


3.Besondere Rechtfertigungsgründe
Zulässige Unterscheidungen wegen beruflicher Anforderungen, wegen der Religion oder Weltanschauung oder wegen des Alters


Die Übernahme der besonderen Rechtfertigungsgründe aus den Richtlinien in die §§ 8 bis 10 ADG ist zu begrüßen. Darüber hinaus sollte zumindest in die Gesetzesbegründung aufgenommen werden, dass arbeits- und tarifvertragliche Klauseln, wonach mit Erreichen des Renteneintrittsalters das Arbeitsverhältnis endet, weiter zulässig sind. Die 14. Begründungserwägung der Richtlinie 2000/78/EG erlaubt die Weitergeltung einzelstaatlicher Bestimmungen über die Festsetzung der Altersgrenzen für den Eintritt in den Ruhestand.

In die Gesetzesbegründung sollte ebenfalls aufgenommen werden, dass die Sicherung einer ausgewogenen Alters- und Personalstruktur ein arbeitsmarktlich angemessenes und legitimes Ziel ist. Sie trägt zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmens und damit zum Erhalt von Arbeitsplätzen bei.

4.Pflichten des Arbeitgebers

Aus dem Beschäftigtenschutzgesetz werden § 2 Abs..1 und § 4 Abs..1 in § 12 ADG übernommen, ihr Anwendungsbereich jedoch ausgeweitet. So bezieht sich die Verpflichtung des Arbeitgebers, erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu treffen, nicht nur auf den Schutz vor vorsätzlicher sexueller Belästigung, sondern auf jegliche, auch unbewusst begangene Benachteiligungen und Belästigungen im Sinne von § 3. Dies wird von den Richtlinien nicht gefordert, § 12 Abs.1 S.1 und 2 ADG sollten gestrichen werden.

Der Arbeitgeber muss nach § 12 Abs.3 ADG auch Maßnahmen gegen Benachteiligungen durch Dritte treffen. Dritte können sowohl Leiharbeitnehmer, Werkarbeitnehmer als auch Kunden des Arbeitgebers sein. § 6 Abs.2 S.2 ADG regelt ausdrücklich, dass derjenige, der Arbeitnehmer bei einem anderen Arbeitgeber “entleiht “ auch als Arbeitgeber i.S.d. ADG anzusehen ist. Für das Verhalten von Personen, die nicht seinem unmittelbaren Verantwortungsbereich zugehören (eigene Arbeitnehmer), darf der Arbeitgeber nur unter engen Voraussetzungen haftbar gemacht werden. Das betrifft unter anderem Kunden, wie auch Personen, die bspw. auf Grund eines Werkvertrages im Betrieb des Arbeitgebers tätig sind. Im Hinblick auf eine tatsächliche oder vermeintliche Diskriminierung durch Dritte muss die Zurechnung für den Arbeitgeber möglichst eingeschränkt und sollte daher an Vorsatz gekoppelt werden. Nur so wird die Regelung den tatsächlichen Einflussmöglichkeiten gerecht.


5.Sanktionen

Die in § 15 ADG geplanten Sanktionen sind nach wie vor überzogen. Ein Kontrahierungszwang und Beförderungsanspruch bestehen nicht. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass dem Arbeitsverhältnis eine besondere Vertrauensbeziehung zu Grunde liegt, die keine zwanghafte Bindung erlaubt.

Immaterielle Schäden werden gem. § 15 Abs. 1 ADG verschuldensunabhängig als Entschädigung ersetzt. Dadurch wird eine der Systematik der zivilrechtlichen Haftungssysteme weitgehend wesensfremde Gefährdungshaftung eingeführt. Diese Regelung ist verfehlt. Vielmehr sollte die Haftung für immaterielle Schäden an Vorsatz geknüpft werden.

Auf die Festlegung einer Mindestentschädigung wurde zutreffend verzichtet. Allerdings fehlt eine Begrenzung der Entschädigung nach dem Vorbild von § 611a Abs..3 S.1 BGB auf drei Monatsgehälter für den Fall, dass der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Eine solche Begrenzung der Entschädigungshöhe ist auch mit der Rechtsprechung des EuGH vereinbar; sie ist insbesondere für immaterielle Schäden aus systematischen wie sachlichen Gründen geboten.
Gem.§ 15 Abs..2 ADG hat der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vorschriften nur dann Entschädigung zu leisten, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Diese Haftungsbeschränkung ist durch die Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen geboten.

Sie sollte jedoch auf Vorsatz beschränkt werden. Gem. § 15 Abs..4 ADG ist der Arbeitgeber bei Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs..1 ADG zum Schadensersatz verpflichtet. Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus sonstigen Rechtsvorschriften ergeben, bleiben unberührt. Es fehlt eine Regelung, nach der der Anspruch auf Schadensersatz den Entschädigungsanspruch ausschließt (vgl.611 a BGB).Zudem wäre ein Verweis auf allgemeine Schadensersatzvorschriften ausreichend.

Die Haftung des Arbeitgebers für das Verhalten von Dritten gem. § 16 Nr.2 ADG wird richtigerweise auf schuldhaftes Pflichtverletzungen begrenzt. Der Arbeitgeber haftet nur, wenn er schuldhaft seine Pflichten aus § 12 Abs..1 bis 3 ADG verletzt hat. Damit ist eine Gefährdungshaftung des Arbeitgebers für das Fehlverhalten Dritter ausgeschlossen. Die Haftung des Arbeitgebers sollte sich jedoch nur auf die schuldhafte Verletzung der Pflichten aus § 12 Abs..2 und 3 ADG beziehen. Welche Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen i.S.v. § 12 Abs..1 ADG erforderlich sind, lässt sich nur im Zusammenhang mit einer vorgekommenen Benachteiligung feststellen. Nur wenn der Arbeitgeber trotz einer ihm vom Arbeitnehmer angezeigten Benachteiligung nicht im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen tätig wird, um die behauptete Benachteiligung nachzuprüfen und bei Vorliegen einer Benachteiligung diese zu beenden, ist seine Haftung gerechtfertigt. Dies betrifft aber nur die Fälle des § 12 Abs..2 und 3 ADG. Eine Haftung in Bezug auf die Pflichten aus § 12 Abs..1 AADG ist demgegenüber in jedem Fall unverhältnismäßig.

6.Beweislast

Die Verteilung der Beweislast in § 23 ADG erfolgt nach dem Vorbild des § 611a Abs.1 S.3 BGB. Der sich benachteiligt Fühlende muss zunächst eine ungünstigere Behandlung im Vergleich zu einer anderen Person beweisen sowie Vermutungstatsachen vortragen, aus denen sich schließen lässt, dass diese unterschiedliche Behandlung auf einem unzulässigen Grund – also einem vom Gesetz erfassten Merkmal – beruht.

7.Beteiligungsrecht von Antidiskriminierungsverbänden

Die Richtlinien sehen ausdrücklich nur ein Beteiligungsrecht für Verbände an Gerichtsverfahren vor, wenn Betroffene dies wünschen. Dem entspricht der Gesetzentwurf, der in § 24 ADG eine Vertretung durch die Antidiskriminierungsverbände vorsieht. Ein Verbandsklagerecht wird nicht eingeführt. Wenn der Benachteiligte seine auf Schadensersatz oder Entschädigung in Geld gerichtete Forderung abtritt, kann der Antidiskriminierungsverband aus eigenem Recht klagen. Damit werden die Anforderungen der Richtlinien übererfüllt. Soweit eine Abtretung der Forderungen nach den allgemeinen Rechtsvorschriften möglich ist, ist damit dem Bedürfnis der geschützten Personengruppen ausreichend Genüge getan. Eine ausdrückliche Verankerung im Antidiskriminierungsgesetz ist überflüssig.

8.Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Die Errichtung einer Antidiskriminierungsstelle beim BMFSFJ nach dem Vorbild anderer Beauftragter der Bundesregierung (z.B. Behindertenbeauftragter) allein auf Bundesebene ist zu begrüßen. Es ist sinnvoll, der Bundesstelle keinen bürokratischen und kostenintensiven Unterbau zuzuweisen. Die Unabhängigkeit der Stelle ist durch deren weisungsfreies Handeln und die Ausstattung mit einem eigenen Budget gesichert.

Die Antidiskriminierungsstelle wird für alle in den drei Richtlinien erwähnten Merkmale bzw. Personengruppen zuständig sein. Dies geht über die Anforderungen der Richtlinien hinaus, die eine entsprechende Stelle nur für die Bereiche Rasse/ethnische Herkunft und Geschlecht fordern. Der europäische Gesetzgeber hat mit Bedacht nur eine Stelle in den Richtlinien vorgesehen, die gegenwärtig oder zukünftig einen breiten – über das Arbeitsrecht hinausgehenden und auf das gesamte Wirtschaftsleben bezogenen – Ansatz haben. Dem sollte der deutsche Gesetzgeber folgen und den Wirkungskreis der Antidiskriminierungsstelle entsprechend der europäischen Vorgaben abbilden.

Wenn sich die betroffene Person an die Antidiskriminierungsstelle wendet, soll sie ihn hinsichtlich seiner Ansprüche und der Möglichkeiten des rechtlichen Vorgehens beraten, Öffentlichkeitsarbeit sowie Maßnahmen zur Verhinderung von Diskriminierungen sowie wissenschaftliche Untersuchungen zu Diskriminierungen durchführen sowie alle vier Jahre dem Bundestag und der Bundesregierung vorzulegende Berichte zu Diskriminierungen veröffentlichen. Die Beschränkung der Aufgaben der Stelle auf die Anforderungen der Richtlinien ist positiv zu beurteilen. Der vorgesehene Beirat zur Beratung der Stelle sollte in rein arbeitsrechtlichen Fällen auf Vertreter der Tarifparteien beschränkt werden.

Berlin, 30.November 2004

Quelle: BDA

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