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Handeln statt mißhandeln: Keine Zuschüsse mehr

Stromberg, 2015 Foto: H.S.

28.04.2016

Die Bonner Initiative gegen Gewalt im Alter - Handeln statt Mißhandeln e.V. (HsM) ist eine gemeinnützige und unabhängige Krisen- und Notrufberatungsstelle für alte Menschen und deren Angehörige. Der Verein gilt als das Beste, was es zu diesem Thema hierzulande gibt. Sie wurde 1997 mit Unterstützung der Stadt Bonn eingerichtet. Sie ist Mitglied der 1999 gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft der Krisentelefone, Beratungs- und Beschwerdestellen für alte Menschen. Diese besteht derzeit aus 17 Einrichtungen in unterschiedlicher Trägerschaft.

Grundlegende Anliegen von HsM sind „Altersdiskriminierung zu bekämpfen, die gewaltfördernden Mängel der strukturellen Rahmenbedingungen in der Altenpflege, Gerontopsychiatrie und Geriatrie zu thematisieren und zu analysieren - nicht zu skandalisieren, sondern zu sensibilisieren -, die Charta der Rechte für hilfe- und pflegebedürftige Menschen zu verbreiten und ihr zur Geltung zu verhelfen und präventiv tätig zu werden“.

Sie ist seit 18 Jahren in Bonn tätig. In dieser Zeit wurde sie in vielfältigen, z.T. sehr schwierigen Situationen im häuslichen und stationären Bereich in Anspruch genommen. Sie gilt als eine der ersten Ansprechpartnerinnen bundesweit und hat Vorreiterfunktion.
Gewalthandlungen und Straftaten gegen alte Menschen und in der Altenpflege Tätige sind keine Seltenheit. Etwa 25 % der älteren Bürger (ohne Pflegebedürftigkeit) haben innerhalb eines Jahres
Gewalterfahrungen machen müssen. Pflegebedürftige alte Menschen erfahren erheblich häufiger Gewaltanwendungen! Aber nur wenige Gewaltsituationen werden „aktenkundig“. Auch Gewalthandlungen
gegen in der Altenhilfe/-pflege Tätige sind nicht selten! Seit 1998 sind ca. 37.500 Anrufe beim Notruftelefon eingegangen, davon über 13.700 Notrufe. Etwa 23.700 Anrufe kamen zu weiteren Fragestellungen, wie z.B. Vorsorgevollmacht, Betreuung,Vermittlung der Altenhilfe, Heimaufsicht, Therapeuten, ambulante Pflegedienste und Haushaltshilfen hinzu. 3.700 Krisen-Beratungsgespräche wurden durchgeführt, davon 25% in der Beratungsstelle und die anderen zuhause oder in Kliniken und Heimen.

Menschen in krisenhaften Situationen Unterstützung, Beratung und Hilfe anzubieten, ist wichtig. Deshalb fordert die Bonner Initiative seit Jahren:
1.
Keine Toleranz von Gewalt gegen alte Menschen in keiner Situation und zu keiner Zeit!
2.
Schaffung von Krisen- und Notrufberatungsstellen für alte Menschen, Angehörige und Pflegekräfte mit entsprechender Ausstattung für jede Kommune!
3.
Einbeziehung von Deeskalationstraining und Wissensvermittlung über die Gewalt gegen alte Menschen in die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Pflegekräften und Ärzten!
4.
Einrichtung von rechtlichen Betreuungen nur nach dem Erforderlichkeitsprinzip und unter Achtung des Willens des/r Betreuten!
5.
Beachtung der UN-Konvention für Rechte von Menschen mit Behinderungen!
6.
Verbreitung und Einhaltung der Charta der Rechte für hilfe- und pflegebedürftige Menschen!

Es ist schon erstaunlich, dass im Hinblick auf die demographische Entwicklung eine diesbezügliche Krisen- und Notrufberatungsstelle für alte Menschen nicht erforderlich erscheint. Auch Bonn hat hierfür kein Geld! Ein freiwillig gewährter Zuschuss zum Betrieb der Beratungsstelle, der seit einigen Jahren eher unregelmäßig zur Verfügung stand, war zwar hilfreich, doch für eine effektive Arbeit ist es nicht mehr als ein Almosen“. Es gab mal einen ausreichenden Zuschuss. Das hat sich aber verändert. Ehrenamtliche
Mitarbeiter können allerdings eine derartige kommunale Aufgabe auf Dauer nicht leisten. Für alle anderen Bereiche (Kinder und Jugendliche, Frauen,Migranten u.a.) ist dies für eine Kommune selbstverständlich.

Diese Kritik bezieht sich nicht nur auf Bonn. Dort gründete sich im Februar 2016 eine neue Privatinitiative. Weitere Informationen unter:
Handeln statt Misshandeln - Forum Altern ohne Gewalt, Tel.: 0228-180 889 95, E-mail: hsm-forumaltern@web.de, Ansprechpartner: Prof. Dr. Hirsch / B. Markowsky-Rohe, Ermekeilstr. 36 – 53113 Bonn (Quelle: Presseerklärung der HsM Bonn, Februar 2016)

Die Bremer Seniorenvertretung schließt sich der Ansicht der Initiative Handeln statt Misshandeln - Forum Altern ohne Gewalt an, dass für alte Menschen, die in einer Lebenskrise sind oder Schwierigkeiten in der Familie haben, unabhängige Krisen- und Notrufberatungsstellen, soweit sie in Kommunen schon bestehen, erhalten bleiben müssen, ansonsten aber eingerichtet und unterstützt werden sollten. In der Regel gibt es nämlich erst dann vermehrt Hilfen, wenn Pflegebedürftigkeit besteht. Nicht nur sozial schwache, sondern auch alte Menschen sollten nicht die Verlierer unserer Leistungs- und geldorientierten Wertegesellschaft sein.

Mögliche Anlaufstellen in Bremen:
Bürgertelefon, Tel.: 115
Senatorin für Soziales, Referat Ältere Menschen
Ambulante Versorgungsbrücken e. V. Humboldtstraße 126, 28203 Bremen

Quelle: Durchblick, April 2016