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+++ Bauträger entdecken Seniorenmarkt

29.04.2005 - von Hanne Schweitzer

Demografischer Wandel, in den USA und Kanada ist das ein alter Hut. Immobilienhändler, Developer, Banken, Städteplaner, Architekten und Designer haben sich längst auf die Wünsche der über 55Jährigen eingestellt.

Frank Lloyd Wright dreht sich warscheinlich im Grab um, wenn er Gelegenheit hat, auf sein Haus in Taliesin West in Arizona zu schauen. Was in den 50iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, mit einigen kleinen, aber schon damals rollstuhlgerechten Seniorensiedlungen begann, hat sich wie eine Flechte über ganz Arizona ausgebreitet. Eine Seniorencommunity neben der anderen wurde in den letzten Jahrzehnten unter der gnadenlosen Sonne in den Sand gestellt.

Rund um Phoenix gibt es längst keine Wüste mehr. Das Klima hat sich verändert, wegen der unentwegten Bewässerung von Gärten und Golfplätzen, wegen der künstlichen Dauerbenebelung von Cafés, Terrassen und der Aussenbereiche der Pools.

Fünfzig Jahre später ist auch bei unseren Developern der Groschen gefallen. In Spanien oder in Portugal folgt man den amerikanischen Vorbildern: Golfplatz mit garantiert umkippendem Teich in der Mitte, drumherum Häuser im internationalen Zuckerbäckerstil.

Objekte dieser Art sind aber immer noch reizvoll genug, um die eher seßhaften begüterten bundesdeutschen SeniorInnen in andere Gegenden locken zu können.

Dort, wo es, wie z.B. in bundesdeutschen Ballungszentren, keinen Platz, kein Land zum developen gibt, und angesichts der zunehmenden Wanderbewegungen von Ost nach West, in die prosperierenden Orte, setzt die Bauträger-Branche auf die Städte. Hamburg zum Beispiel.

Da kann man zwar nicht so gut Golf spielen, auch ist es im Winter nicht Sommer, sondern kalt, aber wenigstens etwas haben die Städte zu bieten: diverse Dienstleistungsangebote und eben demnächst auch spezielle Senioren-Communitys.

Damit ist es allerdings noch immer nicht so weit her, wie in den angelsächsischen Ländern. Die geplanten oder im Bau be findlichen Angebote richten sich an die Reichen, nicht an den Mittelstand. Denn was nützt dem die lichtdurchflutete Maisonette, wenn der letzte Groschen ausgegeben werden muß, um die Miete bzw. die Nebenkosten dafür zu bezahlen, wenn keine Möglichkeiten für soziale Kontakte gegeben sind, der nächste Metzger 1/2 Stunde weit entfernt ist, die Öffentlichen Verkehrsmittel nichts taugen, und das Krankenhaus einen miserablen Ruf hat? Und wer, der nicht um seine Besitztümer bangen muss, möchte gerne in abgeschlossenen Siedlungen leben, mit Eingangskontrollen und Limousinenfahrdiensten?


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