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Dem ARBEITER ein sorgenfreies, heiteres ALTER oder: Arbeitslohn=Wurzel aus a mal p

Arizona. Foto: H.S.

31.07.2017 - von Hartmut Jeromin

Da lebte ich vor 45 Jahren einige Zeit inmitten der baulichen Zeugnisse bedeutsamer Agrargeschichte – ohne es zur Kenntnis zu nehmen. Etwas nördlich von meinem damaligen Wohn- und Arbeitsort gab es ein Dorf Tellow und rundherum noch mehr so ehemalige Gutsdörfer mit Geschichte, z.B. Roggow. Ich kannte damals aber kaum den Unterschied zwischen bürgerlichen und adligen Landwirten, für mich waren es alles nur „Großgrundbesitzer“, Bauern und ähnliches gab es erst in der Neuzeit. Es war für mich seinerzeit nicht einfach, die entsprechenden Kenntnisse zu erwerben. Obwohl ich sogar in Landwirtschaft und Agrarökonomie ausgebildet wurde!

Erst der Kontakt zur „Heinrich v. Thünengesellschaft“ ab 1990 änderte das. H. v. Thünen stammte von ostfriesischen Bauern ab und und Carl Pogge war auch Bauernjunge, aber eben kein adliger. Sie lebten und wirkten in einer Zeit der gesellschaftlichen Umwälzungen, besonders gekennzeichnet durch die napoleonischen Kriege, durch die Entwicklung des Kapitalismus in England und durch die Entwicklung der Wissenschaften. Ihr Streben wurde von den Getreide-, Pferde-, oder Wollpreisen bestimmt! Und von Kapital und Zinsen! Lohn kam dann auch vor.

H. v. Thünen benutzte die Mathematik und berechnete alles, was in einer ländlichen Wirtschaft bedeutsam war, auch den Arbeitslohn, aber auch Landrente, Steuern, Preise und Produktionskosten. Und auch die Ausgaben und Einnahmen einer Tagelöhnerfamilie auf seinem Gut!

Und er verfügte mit dem 15.04.1848: jeder Dorfbewohner erhält ein Sparkassenbuch mit seinem jährlichen Anteil an den Gutseinnahmen nebst Zinsen,…, damit vor allem dem Arbeiter ein sorgenfreies, heiteres Alter gesichert werde,…, er im Alter nicht darben, nicht von der Gnade anderer leben, nicht seinen Kindern zur Last fallen,…, sondern seinen Kindern noch etwas hinterlassen kann. Dazu musste er u.a. den Erbteil einer Tochter um 2.000 Taler (Gold) vermindern. Der Herr v. Thünen wurde 1948 in die Reichsversammlung in der Frankfurter Paulskirche gewählt und von der Volksversammlung von Teterow wurde ihm das Ehrenbürgerrecht verliehen!

Und C. Pogge? Er verbesserte den Boden, er probierte Maschinen aus, er züchtete Rinder, Pferde und auch Schafe, z.B. mit Feinwoll-Merinos aus Sachsen. Er konnte so manche Absatzkrisen in den kriegerischen Zeiten ausgleichen! Und seinen Söhnen sechs hochrentable Güter hinterlassen sowie sie mit einer guten Ausbildung für das Leben rüsten. Und er hielt gute Nachbarschaft mit H. v. Thünen! Das war aber noch nicht alles:

Er versuchte, im Versicherungsrecht den bürgerlichen Gutsbesitzern die gleichen Rechte zu erkämpfen, wie sie der Adel in Anspruch nahm. Er berief erstmalig Bauernversammlungen ein und leitete sie. Und er focht für Tagelöhnerfamilien in Erbschaftsverfahren.

Auf seinem Gedenkstein steht daher also: „Arbeit führt zum Paradiese“.
Und auf v. Thünens Grabstein ist seine Lohnformel "Arbeitslohn = Wurzel aus a mal p" eingemeisselt!

Das Thünenmuseum ist inzwischen eine anerkannte museale Stätte und mit den Thünengesellschaften aus aller Welt verbunden. Das alles wurde möglich durch den Lehrer Rolf-Peter Bartz, der mit seinen Schülern ab 1969 begann, das Dorf Tellow wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rücken.
Mein Lebensweg hatte sich da schon wieder geändert, aber ich konnte ab 1990 gerade noch den Anschluss an so schöne Erkenntnisse aus unserer deutschen Geschichte herstellen, erinnerte sich Hartmut Jeromin im September 2013

Quelle: Hartmut Jeromin