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Berlin: Journalismus zwischen Morgen und Grauen

21.11.2017

Medienpolitische Tagung und Verleihung der "Otto Brenner Preise für kritischen Journalismus".
Berlin, Hotel Pullman Schweizerhof, Budapester Str. 25, 10787 Berlin. 21. November 2017; 14:00 Uhr – 16:00 Uhr
Zahlreiche Studien attestieren dem Journalismus eine Vertrauenskrise und viele Untersuchungen diagnostizieren den Medien eine Glaubwürdigkeitskrise. Journalisten werden immer stärker als Teil der „etablierten“ Klasse wahrgenommen und als Teil des Establishments heftig kritisiert. Skeptische Distanz bis hin zu aggressiver Ablehnung des (traditionellen) Medienbetriebs werden als Ergebnis eines Entfremdungsprozesses zwischen Medien-Machern und Medien-Nutzern interpretiert.

Andererseits gibt es europäische Datenreihen, die besonders für Deutschland recht stabile und hohe Werte für Vertrauen in die Medien belegen und die journalistische Glaubwürdigkeit eher gestärkt sehen. Nicht nur empirische Analysen der OBS können in der Tendenz sogar beide Trends bestätigen.

Belegen lassen sich Sicht der OBS sowohl eine zunehmende Polarisierung in der Wahrnehmung der Medien als auch eine Radikalisierung im Umgang mit etablierten Medien, die auch die Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender nicht auslassen.

Die kritische Wahrnehmung der journalistischen Praxis ist jedenfalls ein unüberhörbarer Weckruf für eine gründliche Reflexion der journalistischen Arbeitsweise.

Neben den (kontroversen) Ergebnissen dieser Studien gibt es jedoch auch einige weitgehend übereinstimmende Grundtendenzen im Medienbetrieb. Beides, Erkenntnisse aus aktuellen Untersuchungen und konkrete Erfahrungen in der Medienlandschaft, will die OBS im Rahmen der Tagung aufgreifen und gemeinsam mit ExpertInnen nach Verbesserungen suchen; denn Öffentlichkeit ist der Sauerstoff der Demokratie:

Gibt es einen journalistischen Herdentrieb, der zu (sogenannten) Mainstream-Medien führt, konstruktiven Meinungsstreit über wichtige Zukunftsfragen verhindert und einen Trend zur „Lückenpresse“ verstärkt?

Beobachten wir eine „Umkehrung der Wichtigkeiten“ – bilden die Journalisten noch die Realität im Lande ab oder sind sie Teil einer Wahrnehmungsglocke, weit weg von der Wirklichkeit der Menschen? Lässt sich die Entfremdung zwischen Publikum und Medienmachern verifizieren? Wie könnte ein ernsthafter Austausch mit den Mediennutzern aussehen und eine Vielfalt der Perspektiven zu einem Thema gesichert werden?

Ist die „Selbstwertkrise“ im Journalismus nur Resultat des Aufschwungs (a)sozialer Medien oder auch durch interne Fehlentwicklungen geprägt (Gatekeeper-Funktion ist weitgehend abgelöst; eindeutige Rollenzuschreibungen von „content“-Lieferanten gibt es nicht mehr; Ausbildungsberuf wird von Medienproduzenten ersetzt)?

Gibt es einen Trend zu einer fragmentierten Öffentlichkeit mit isolierten Kommunikationsräumen und Empörungsinseln, die den Anschein „medialer Vollversorgung“ erwecken und deren Nutzer sich der gesamtgesellschaftlichen Debatte entziehen? Droht diese Entwicklung eine Gefahr für die Stabilität parlamentarischer Demokratie zu werden, weil es nur noch um „Neuigkeiten“, aber nicht mehr um „Nachrichten“ geht?

Sind Journalisten und Redaktionen bereit und fähig, aus Fehlentwicklungen zu lernen oder lassen sie sich von technologischen und kommerziellen Entwicklungen treiben? Welchen Mehrwert hätte ein konstruktiver Dialog mit Zuhörern, Zuschauern und Lesern oder meiden Medien-Verantwortliche diese Herausforderung aus Angst vor notwendigen Korrekturen?

Auf der Basis dieser ersten orientierenden Fragen und vor dem Hintergrund der vielfältigen Erfahrungen, die Stiftung und Autoren mit dem Diskurs über medienkritische Studien gemacht haben, diskutieren wir auf der Tagung mit erfahrenen JournalistInnen, profilierten BeobachterInnen und kritischen WissenschaftlerInnen über die „aktuelle“ Lage des Journalismus in Deutschland und unaufschiebbare Medien-Reformen, die das Fundament einer kritischen Öffentlichkeit erneuern.

Die Anmeldung zur medienpolitischen Tagung und zur Verleihung der Otto Brenner Preise 2017 ist nach dem 3. Oktober nicht mehr möglich.
Ab dem 17. Oktober besteht für Pressevertreter die Möglichkeit, sich für die Veranstaltungen zu akkreditieren (vorbehaltlich freier Platzkapazitäten).

Programm-Entwurf (Stand: 15. September 2017)

"Journalismus zwischen Morgen und Grauen!" – Aufbruch ins Neuland.
14:00 Uhr Begrüßung Jupp Legrand, OBS
14:15 Uhr Einführung
Thesen und Überlegungen von Christian Nürnberger, Publizist
(Petra Gerster/Christian Nürnberger: „Die Meinungsmaschine“; erscheint am 20. Nov. 2017)
14:30 Uhr Podiumsdiskussion, u.a. mit
Sonia Seymour Mikich, WDR-Chefredakteurin Fernsehen
Prof. Dr. Michael Haller, Medien- und Kommunikationswissenschaftler, OBS-Autor
Henriette Löwisch, Leiterin der Deutschen Journalisten Schule (DJS), München
Stefan Niggemeier, Medienjournalist, Gründer und Autor von Übermedien GmbH
Christian Nürnberger, Publizist
Moderation: Prof. Dr. Thomas Leif (SWR)
16:00 Uhr Pause und Umbau
17:00 Uhr Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus – Preisverleihung 2017 –
Moderation: Anja Höfer (SWR)
ca. 19:30 Uhr Abendessen auf Einladung der OBS