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Erwerbsgeminderte Bestandsrentner und die SPD

Foto:H.S:

08.12.2017 - von E.D.

Bei der Spd habe ich diese Anfrage wegen meiner Erwerbsminderungsrente vom Jahr 2001 gemacht.

Sehr geehrte Damen und Herren, Sie fragen sich, warum die Spd bei der Wahl soviele Wähler verloren haben. Dann erklären Sie uns Erwerbsgeminderten vom Jahr 2001, warum wir schlechter gestellt werden als diejenigen Erwerbsgeminderten vom Jahr 2013 und 2018. War unsere Arbeitskraft nicht soviel Wert wie die Heutige? Werden wir bei Ihnen weiter Bürger 2. Klasse bleiben? Wenn diese Ungerechtigkeit weiter bleibt, wird die SPD bei den nächsten Wahlen noch mehr Wähler verlieren!!

Wir hoffen,daß wir die soziale Gerechtigkeit, von der Ihre Partei immer spricht, auch für uns gilt. Was auch gerecht wäre, wenn die Abschläge bei den Erwerbsgeminderten und Witwenrenten abgeschafft wird. Ich hoffe,daß Herr Schulz diese Mail auch zu lesen bekommt!!!
Bitte um Antwort (nicht wieder per Brief, sondern durch E-Mail)
Danke schön im voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Barbara D.

Heute kam diese Antwort von der Spd

Gesetzliche Rentenversicherung , Bestandsrentner
Ihre Mail vom 26. November 2017 an die SPD-Bundestagsfraktion
Sehr geehrte Frau D.,
vielen Dank für Ihre o.g. Mail, welche an die Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales weitergeleitet worden ist. Sie wenden sich dagegen, dass Änderungen im Rentenrecht sich nicht auf die Rentner auswirken, die bereits eine Rente beziehen. In der Regel ist es so, dass Neuregelungen bei der Rente jeweils nur für Neuzugänge gelten. Auch die Verlängerung der Zurechnungszeiten gilt dem entsprechend leider nur für Neufälle. Das heißt aber auch, falls es zu Einschränkungen käme, so würde dies ebenfalls nur die Rentenneuzugänge betreffen und nicht diejenigen, die bereits eine Erwerbsminderungsrente bzw. eine andere Rente beziehen.

Ich stimme Ihnen darin zu, dass dieser quasi Bestandsschutz für Bestandsrentner/innen für Versicherte, die kurz vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Regelungen oder generell früher in Rente gingen und nicht in den Genuss von Verbesserungen kommen, persönlich sehr ärgerlich ist. Würde man die Regelungen auch auf den Bestand übertragen, so müsste eine komplette Neuberechnung auf Grundlage des jetzt geltenden Rechts vorgenommen werden; dies wäre nicht nur mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden, sondern könnte – je nach Ausgangslage – nicht nur zu Verbesserungen, sondern auch zu Verschlechterungen führen, da dann selbstverständlich alle in der Zwischenzeit erfolgten Rechtsänderungen einbezogen werden müssten. Um zu vermeiden, dass wenige Tage den Ausschlag geben über eine Zurechnungszeit bis 62 oder aber bis 65 Jahre, hat sich der Gesetzgeber in der aktuellsten Reform dazu entschlossen, die Anhebung schrittweise einzuführen – folglich eine Reihe vieler kleiner Stichtage zu schaffen.

Diese Problematik, die unter dem Problem „Stichtage in der Rentenversicherung“ gefasst werden kann, war schon häufig Gegenstand gerichtlicher Überprüfungen, bis zum Bundesverfassungsgericht.

Stichtage sind im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung notwendig, gerade um „willkürlichen“ Entscheidungen zu begegnen. Ohne sie wären die Möglichkeiten zu Gesetzesänderungen mit dem Ziel der Weiterentwicklung des Sozialversicherungsrechts und seiner Anpassung an geänderte Verhältnisse sehr begrenzt. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung bekräftigt, dass der Gesetzgeber Stichtage setzen kann, sofern diese nicht als völlig willkürlich erscheinen. Rechtfertigungen für Stichtage können in versicherungs- und rentensystematischen Gründen liegen, aber auch in finanziellen Erwägungen oder in Erfordernissen der verwaltungsmäßigen Durchführbarkeit. Es liegt auf der Hand, dass auch diejenigen, die die Voraussetzungen eingeführter Vertrauensschutzregelungen nicht erfüllen, hierüber enttäuscht sind. Dies ist für Vertrauensschutzregelungen jedoch nie zu vermeiden. Jede andere Abgrenzung würde von anderen Personengruppen, die dann nicht in den Vertrauensschutz einbezogen sind, wiederum als Härte empfunden. Insofern ist jede Regelung, die aus sozialpolitischen Gründen einen bestimmten Personenkreis begünstigt, für diejenigen „nachteilig“, die nicht zu diesem Personenkreis gehören.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet die geltenden Gesetze auch den Entwicklungen in der Gesellschaft anzupassen. Hierbei muss er die Verhältnismäßigkeit der Regelungen wahren und ggf. Übergangsvorschriften finden. Dies bedeutet, der Gesetzgeber muss verfassungsmäßige Grundsätze wahren und darf nicht in bereits laufende Ansprüche verschlechternd eingreifen.

Darauf, dass Gesetze uneingeschränkt und in vorhandener Form auf Dauer Bestand haben, hat niemand einen Anspruch. Sonst hätten wir ein starres System von Regelungen und auch Verbesserungen wären nicht möglich. Würde das Gesetz solche Stichtagsregelungen nicht kennen, wären auch Verschlechterungen durch neue Gesetzgebung möglich. Stichtage sind insofern auch ein Schutz für bereits laufende Renten. Auch wenn die Möglichkeit bestünde die Rentenabschläge bei Renten wegen Erwerbsminderung wieder abzuschaffen, würde diese Abschaffung demnach bislang nur für Neurenten gelten. Eine entsprechende Absichtserklärung im letzten Wahlprogramm der SPD war jedoch in der Koalition mit der CDU nicht konsensfähig.

Im Rahmen des sogenannten Flexirentengesetzes in der 18. Legislaturperiode haben wir jedoch für alle Bezieher von vorgezogenen Renten, also auch für Erwerbsminderungsrentner/innen den Hinzuverdienst neu geregelt und damit Verbesserungen erreicht.

Gleichwohl ist Ihre Erwartung, mehr für die Menschen zu tun, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen, sehr nachvollziehbar. Wir als SPD Fraktion finden es unbefriedigend, dass rund ein Sechstel der Bezieherinnen und Bezieher einer Erwerbsminderungsrente auf ergänzende Grundsicherungsleistungen angewiesen sind. Zum Vergleich: Grundsicherungsbezug spielt in der Bevölkerung im Erwerbsalter (unter 10%) und erst Recht bei Rentnerinnen und Rentner (um die 3%) eine deutlich kleinere Rolle. Deshalb war es uns wichtig etwas für Menschen in Erwerbsminderung zu tun, wie wir es mit der zweimaligen Verlängerung der Zurechnungszeiten getan haben. Künftig kommt es darauf an, Lösungen zu finden, wie wir auch Menschen im Bestand eine Verbesserung ihrer Situation ermöglichen können. Bei der jüngsten Gesetzesänderung für Erwerbsminderungsrenter/innen war das leider noch nicht möglich.

Wir werden Ihre Anfrage in unsere weitere Arbeit einbeziehen.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Timm
SPD Bundestagsfraktion
AG Arbeit und Soziales
Postanschrift:
SPD-Bundestagsfraktion
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Fax: 030-22770101

Quelle: Mail an die Redaktion