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Anzeigenkampagne der PKV: Protest

19.07.2005 - von Schweitzer + Hess

Vorstand Verband der privaten Krankenversicherung e.V.
z. Hd. der Geschäftsführung
Bayenthalgürtel 26
50968 Köln. Betrifft: Ihre Anzeigenserie in bundesdeutschen Tageszeitungen “ Deutschland braucht die Privaten“, Juni und Juli 2005

Sehr geehrte Damen und Herren,
in Ihrer o.g. Kampagne behaupten Sie, dass im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung “immer weniger Junge die steigenden Gesundheitskosten von immer mehr Älteren“ zahlen müssen. Damit erwecken Sie gezielt den Eindruck, als ob die alte Menschen auf Kosten der jungen Menschen krankenversichert seien. Dies ist eine Diskriminierung älterer Menschen und es ist, wie sie zweifellos wissen, falsch.

Richtig ist, dass:

  • a) ca. nur 10 % der Menschen, die ein Altersruhegeld in irgendeiner Art beziehen, bei einem Ihrer Mitgliedsunternehmen versichert sind, also nach Ihren eigenen Aussagen niemand belasten.

  • b) alte Menschen, die in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, wie jeder andere Versicherte auch, eigene Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen und damit einen Beitrag zur Deckung ihrer Krankheitskosten leisten.
    Dieser Beitrag ist für den Personenkreis, der Eigenvorsorge über Betriebsrenten oder private Rentenversicherungen getroffen hat, sogar höher als der von jungen Menschen. Schließlich müssen von den RentnerInnen auch die Arbeitgeberanteile gezahlt werden.

  • Außerdem ist es eine Diskriminierung der meisten älteren Menschen, wenn Sie behaupten, nur ca. 8 Millionen Privatversicherte sorgten selbst für ihre Gesundheit im Alter. Das tut jeder gesetzlich Versicherte ebenfalls, incl. seiner Beitragszahlung lebenslang bis zu seinem Tod.

    Eine weitere Anmaßung ist Ihre Behauptung, dass durch den Finanzierungsbeitrag von 8,5 Mrd. € eine hochwertige Medizin sichergestellt werde, und davon die gesetzlich Versicherten profitieren würden. Wedelt hier nicht kräftig der Schwanz mit dem Hund?
    Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Die gesetzlich Versicherten tragen mit ihren Beiträgen mit ca. 90% den Hauptanteil der Gesamtkosten der Krankenhäuser und des Systems der niedergelassenen Ärzte einschließlich der Arzneimittelkosten. Somit tragen sie auch 90% der Kosten für medizinische Forschung und Entwicklung. Der 10%ige Anteil der Privatversicherten dürfte wohl eher dazu verwandt werden, den neuesten Mercedes, BMW oder Porsche des Chefarztes/niedergelassenen Arztes zu finanzieren.

    In einem geben wir Ihnen Recht: Krankenkassen- und Gesundheitswesen bedürfen des Wettbewerbs. Wettbewerb heißt aber auch: Gleiche Voraussetzungen für alle Beteiligten: Ohne die Möglichkeit der privaten Krankenversicherungen, schlechte Risiken auszuschließen oder Tarife vergreisen zu lassen. Wettbewerb heißt auch: Belastungen durch versicherungsfremde Leistungen, die den gesetzlichen Krankenkassen immer wieder von verantwortungslosen Politikern aufgebürdet werden, müssen die Privaten ebenso betreffen!

    Das Büro gegen Altersdiskriminierung e.V. fordert Sie auf, diese falsch informierende Anzeige nicht mehr zu schalten, und weitere Gelder für Ihre Werbung so zu verwenden, dass Falschinformationen und jedwede Diskriminierung älterer Menschen unterbleibt.

    Mit freundlichen Grüßen
    Büro gegen Altersdiskriminierung e.V.
    Hanne Schweitzer + Wilfried Hess

    P.S. Eine weitere Information über Ihre Anzeigen-Kampagne finden Sie auf unserer Webseite.
    http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=911&search=PKV&searchin=all

    Quelle: Protestschreiben des Büros gegen Altersdiskriminierung e. V. an den Vorstand der PKV

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    19.07.2005: Musterprozess wegen Sterbegeld-Streichung
    18.07.2005: AnzeigenKampagne: Private Krankenversicherungen
    07.06.2005: Cohn-Bendit fordert Politik des Schmerzes

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