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Komm Ulla, wir müssen reden, dabei machen wir uns einen richtig Fetten

Foto: H.S.

21.01.2019 - von Hartmut Jeromin

Ich weiß einen Ort, da isst man gut, spaziert man gut und es wird Zeit, wir müssen jede Menge bereden, ohne Mikrofone und Kameras. Also reiste Ulla an, mit Mann und Maus und Pferd, ihre Oberkommandierende hatte gerufen. Sie lustwandelten auf verschlungenen Parkwegen, an Denkmalen aus Granit entlang und Angela frug auch gleich los, so dies und das, aber zunächst nach den „neuen, dynamischen Bedrohungen“, wir haben immerhin gegenwärtig 31 Kriege in der Welt. Also, was ist daran neu und dynamisch? Aber Ulla erwähnte, dass Deutschland ringumher nicht einen einzigen Feind hat, keine unverantwortliche Staatsführung in der Nachbarschaft, der man mit Militär bei der Krisenbewältigung helfen müsste, auch mit den Gelbwesten in Frankreich wird Macron selbst fertig …die westliche Welt- und Werteordnung hält. Also eigentlich keine Bedrohung aus der Nähe?

Dann wollte Angela wissen, ob und wieso Bedrohungen nur von nichtwestlichen Staaten ausgehen, sie hätte in ihrer Regierungszeit durchaus auch das Gegenteil erlebt, der Brexit sei ja direkt auch so eine Bedrohung unserer Weltordnung und die Finanzmisere in Griechenland doch auch. Ulla meint, grundsätzlich ginge eine strategische Partnerschaft auch z.B. mit China oder Indien oder auch mit Rußland, das hätte jeweils ähnliche Wirkungen, aber wir können Amerika nicht alleine Weltpolizei spielen lassen … auch wegen „unserer Werte“. Immerhin, während des kalten Kriegs zeigten die östlichen strategischen Waffen immer zuerst auf uns und die hatte im Wesentlichen im Osten nur Rußland, wenn das damals auch noch anders hieß. (Die westlichen Waffen fielen ihr nicht ein) … Wir waren Zielscheibe!

Und so wandelten sie und kamen an das „Gasthaus zum Goldenen Frieden“. Da gab es Wildschwein, das mochte Angela seit Trinwillershagen nicht gar so gerne, aber da die Köchin extra von der Burg S. runter gekommen war, wurde es ein Event. Sie hauten tüchtig rein. Und Ulla kam zur Sache: Jedes Militär braucht ein Feindbild. Möglichst etwas entfernt und ungenau. Und wer eignet sich da besser als Rußland. Das saß noch in den Köpfen, es könnte leicht aufgefrischt werden. Und sogar Stoltenberg sagte doch, dass wir „Stärke zeigen“ müssen. Nach Süden durch die Türkei, nach Norden durch Norwegen und alle zusammen nach Osten, um unsere Werte zu schützen! Ja, das verstand Angela, denn auf den größten Teil der 200 Billionen Weltvermögen stützt sich ja die westliche Weltordnung. Da lassen wir mal keine Luft ran! Also: Stärke zeigen. Mit mindestens 610 Mrd. US-$ der Vereinigten Staaten und 44 Mrd. $ bei uns. Da kann Putin mit seinen mageren 66 Mrd. $ kaum mithalten. Aber das ist eine andere Frage, die können wir hier ja gar nicht bereden.

Sie wandelten den schönen spätherbstlichen Landweg nach Scho., auf uralten Allen. Da sagte Ulla: Aber alles, was Deutschland tut, hat Auswirkungen auch auf seine Nachbarn, könnten die da was als Bedrohung empfinden und deshalb aufmucken? Haben wir dort keine Interessen? Na, meinte Angela, die größere Bedrohung für sie kommt doch aus dem Osten, das müssen die uns schon glauben oder siehst du das anders?
Sie stiegen nun auf den Rötelberg und kamen wieder zur Sache: Brauchen wir unbedingt Trump in diesem Gefüge? Er ist nicht nur Friedensgarant, er steht auch für Risiken. Helmut konnte sich 1990/ 91 von den friedenserhaltenden Maßnahmen in Kuweit noch durch viele Milliarden freikaufen aber nun sehen wir ja, was es auf Dauer gebracht hat.

Es wurde Kaffee serviert im Freien von Ullas Leuten, der Wind weht, es wurde schon kühl aber die Aussicht auf den langen Rinnensee, so 800 km entfernt von den Schweizer Bergen, erwärmte ihre Herzen. Sie kamen wieder ins Plaudern: Unsere Bündnispflichten waren in Afghanistan an den US-Einsatz dort gekoppelt, nun will Trump seine Leute nach Hause holen. Da hängen wir glatt in der Luft. Und gebracht hat es uns nichts außer Verlusten.

Gar in Syrien wird nun der Hund in der Pfanne verrückt: Trump sagt einfach: „Macht euern Dreck alleine!“ Und wir haben ja noch Anderes am Bein: Afghanistan, Mali, Somalia, das Mittelmeer, die Ukraine, die Krim, das Baltikum, die Kurden, den Jemen. Und alles ist so dynamisch bedrohlich, erkannte Angela, da wird ihr schnell schwindlig. Überall nur Risiken, Konflikte, Kriege, trotz einer Weltordnung mit UN-Charta. Wie soll man da in der Welt Verantwortung übernehmen, wenn alles so „dynamisch“ wird? Aber immerhin, wir bekommen nun bald eine Stimme im UN- Sicherheitsrat. Ulla, mach dich stark!

Als sie nun an dem berühmten Nymphenbrunnen von 1903 ankamen, wandelte sie Tanzlust an, aber es ging nicht recht, es fehlten Partnerinnen. Es mussten Julia, Svenja und AKK herbei. So gingen sie zunächst zu Bett. Am nächsten Morgen an gleicher Stelle begann der Tanz der Fünf: Angela wollte zuerst die Wahrheit wissen, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit. Und so kamen sie wieder ins Reden. Da wusste nun Svenja schwerwiegend: Für mich geht die größte Bedrohung von uns Menschen aus, ich denke da nur an die Erderwärmung und dieser letzte Sommer war nur ein Vorbote! Die Atmosphäre und die Ozeane haben sich erwärmt, die Schnee-und Eisabdeckung gingen enorm zurück, dafür stieg der Meeresspiegel und die Konzentration der Treibhausgase. Die Niederländer werden das bald zu spüren bekommen und die haben dann auch Fragen an uns.

Auch Julia konnte ihren Part spielen: der Verlust wildlebender Arten, Böden, Bodenfruchtbarkeit, Weideland, Wasser und Wälder bedrohen weltweit mindestens 3,2 Mrd Menschen. Das macht um uns keinen Bogen, wir sind Mitten drin. Das ist so! Bumms. Langsamer Walzer. Nochmal zum Mitschreiben: Das bedroht auch uns. Unser Feind sind wir selbst! Unsere Agrar-Nutzfläche verringern wir um ca. 70 ha am Tag, unser ökologische Fußabdruck … weiter kam sie nicht, der Tanz stockte, sie mussten eine Pause einlegen, zu aufregend waren diese Hinweise. Angela zu AKK: Wie siehst du das, hast ja noch gar nichts gesagt? Du sollst doch in Demmin am 06.03. 19 beim politischen Aschermittwoch meine Rede reden, da kannst du hier vorarbeiten. Annegret, was überlassen wir unseren politischen Erben? Sag, was? AKK: Wenn ich richtig im Bilde bin doch zunächst jede Menge Ungleichheit, also viel Reichtum und noch viel mehr Armut. Und viel organisierte Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Migration, Aids, Hunger, Steuerflucht, Landgrabbing, Überfischung …

Weiter kam sie nicht, Angela sperrte sich wieder. Was soll das? Nur negativ in dieser schönen Natur? Sie gingen zu Tisch in den Wappensaal. Frau Teubler persönlich servierte. AKK: Sind wir hier als Philosophen, um die Welt zu interpretieren oder als Veränderer der Welt? Für die ganze Welt aber wollte keine die Verantwortung tragen. So ein wenig im Kleinen, ja. Prost also!

Die Antwort suchten sie in der kleinen Kapelle neben der Burg. Sie hatten am Haus schon gelesen was von Ebenbild und Mensch und Tugend und ehren. Sie kamen der Sache näher. Also, edel sei der Mensch, hilfreich und gut, denn das unterscheidet ihn von …allen anderen Tieren? Angela: Ist die Wahrheit aber den Menschen bei uns im Land zumutbar? Oder sind „neue Fakten“ besser? Wen könnte man da fragen? Den Stellvertreter Gottes oder Seehofer oder Friedrich M. oder die künstliche Intelligenz? Ostern treffen wir uns wieder hier, da will ich was hören.

Wollen wir sie vorerst so entlassen, man kann ja nichts erzwingen, meint Hartmut Jeromin, aber ran müssen sie, ob sie wollen oder nicht.

Link: Theaterstück zum Nachspielen: FRAU GLÜCK UND HERR GELD
Quelle: Hartmut Jeromin