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Sterbehilfeorganisation unter Polizeibeobachtung

04.10.2005 - von Hanne Schweitzer

Aktive Sterbehilfe ist in der Bundesrepublik Deutschland ebenso wenig erlaubt, wie die Verabreichung von tödlichen Mitteln.

Trotzdem hat sich die 1998 gegründete Schweizer Sterbehilfe-Organisation Dignitas im September 05 in Hannover niedergelassen, um ihren ersten deutschen Ableger zu etablieren.

Erklärte Ziele der umstrittenen Freitod-Organsiation sind nach eigenen Angaben der Einsatz für eine Änderung der hiesigen Gesetze und beratende Tätigkeiten. Basis dieses Einsatzes ist vor allem die spitzfindige Unterscheidung zwischen "aktiver Sterbehilfe" (PatientIn wird tödliche Dosis von einer anderen Person verabreicht) und der sogenannten "assistierten Selbsttötung" (Arzt verschreibt tödliche Dosis, PatientIn nimmt sie selbst zu sich), die vom Vorsitzenden der Organisation, Ludwig Minelli, getroffen wird.

Das ist ihm wegen der seit 2003 besehenden gesetzlichen Regelungen in der Schweiz möglich. Dort ist die Tötung auf Verlangen zwar ebenso wie bei uns verboten, erlaubt ist dagegen das Verschreiben tödlicher Mittel, die vom Patienten selbst eingenommen werden müssen.

Folgt man dieser Logik, müßten auch Dealer straffrei ausgehen. Ihre Dienstleistung besteht darin, den Drogeneinnahmewilligen den "Stoff" zur Verfügung zu stellen, den diese haben wollen.

Die Arbeit der in Hannover noch nicht vereinsrechtlich registrierten Organisation soll nach Angaben des Niedersächsischen Justizministeriums "mit Hilfe der Polizei" beobachtet werden.

Aber was macht die beobachtende Polizei, wenn, wie z.B. am 27.9. im Nachmittagsprogramm des Deutschlandradios eine sogenannte Debatte zum Thema Sterbehilfe gesendet wird? Diese Debatte bestand aus einer Aneinanderreihung von ca. sechs geschnittenen Telefonanrufen, in denen sich, bis auf eine Ausnahme, Männlein wie Weiblein sehr deutlich für Sterbehilfe aussprachen. Bei der einzigen Gegenstimme, die über den Sender ging, handelte es sich um eine ältere Frau, die sich, sehr viel weniger eloquent als die anderen, auf ihren christlichen Glauben als Ablehnungsgrund berief.

Die Proteste sind zahlreich: Die Deutsche Hospizstiftung, die evangelische Landesbischöfin von Niedersachsen, Margot Käßmann, die niedersächsische Landesregierung und die Bundesärztekammer sind, ebenso wie das Büro gegen Altersdiskriminierung, keine Befürworter aktiver Sterbehilfe aus. Keiner hat das bislang unserer Meinung nach besser begründet, als der Bischof von Trier, Reinard Marx:

"Wir haben das menschliche Leben vom Anfang bis zum Ende zu respektieren. Ich war einmal ein Embryo, und ich werde vielleicht auch einmal ein dementer alter Mensch sein. Wenn wir diese Ethik aufbrechen, aus welchen Drucksituationen heraus auch immer, dann gibt es kein Halten mehr. Das ist die Grundlage unseres Zusammenlebens. Wenn wir am Anfang und am Ende selektieren und sagen: Irgendwann ist es nicht mehr finanzierbar, wir müssen einen Menschen töten, dann sind wir am Ende unserer Gesellschaft."

Seit 1998 soll die Schweizer Organisation 453 Menschen bei ihrem Selbstmord geholfen haben. 253 davon sollen eigens aus der Bundesrepbulik eingereist sein.
Die Rechtspolitischen Sprecher der FDP forderten am 30.9.05 eine gesllschafrliche Debatte über professionelle Hilfe bei einer Selbsttötung Schwerkranker. Die Formulieren verdeutlicht, dass der FDP die Schweizer Gesetze durchaus bekannt sind.

siehe auch auf dieser Webseite: > Internationales > Schweiz > 28.7.2003 und >Internationales > USA > 1.8.2002

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?ID=1047
Quelle: FAZ 28.9.05 + 4.10.05

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