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Interview mit Hans-Jürgen Papier: Warnung vor Aushöhlung der Grundrechte

Foto: H.S.

21.10.2020

Die Neue Zürcher Zeitung hat am 20.10.20 ein Interview mit dem Staatsrechtler und früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, Hans-Jürgen Papier, veröffentlicht. Dieser hat bereits Ende 2019 sein Buch «Die Warnung. Wie der Rechtsstaat ausgehöhlt wird», veröffentlicht.
Alexander Kissler hat ihm unter anderem folgende Fragen gestellt:

- Werden die Grundrechte momentan auf unverhältnismässige Weise eingeschränkt?

- Wie schätzen Sie die Lage ein? Hat die Exekutive ihre Kompetenzen überdehnt?

- In den Parteien regt sich Widerstand gegen ein Regieren per Dekret, selbst in den Reihen der CDU. Carsten Linnemann sprach bei «Bild Online» von einer «beunruhigenden Entwicklung». Das Parlament müsse seine Rolle als Gesetzgeber stärker einfordern.

- Was ist von einem Parlament zu halten, das gewissermassen zum Jagen getragen werden muss?

- In Krisenzeiten sollte also keineswegs, wie es oft heisst, die Stunde der Exekutive schlagen?

- Mit einem dritten «Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite» sollen die Befugnisse des Bundesgesundheitsministers aus dem Infektionsschutzgesetz verstetigt werden. Dann hätte die Ausnahme kein Ablaufdatum mehr. Der Minister könnte zum Beispiel auf dem Verordnungsweg Reisen beschränken oder Daten von Unternehmen anfordern.

- Fordern Sie ein Pandemiegesetz?

- Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, kann sich eine virologische Lage vorstellen, die das Abriegeln ganzer Ortschaften erforderlich machte. Wäre ein solch drakonischer Eingriff in die Freiheitsrechte vom Grundgesetz gedeckt?

- Aber stehen Politik, Medien und Öffentlichkeit nicht im Bann hoher Zustimmungswerte? Was soll falsch sein an Anti-Corona-Massnahmen mit exekutivem Überschwang, wenn diese Massnahmen vom weit überwiegenden Teil der Bevölkerung begrüsst werden?

Das Interview mit Hans-Jürgen Papier von Alexander Kissler in der NZZ unter: Link

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Peter Carstens schreibt in der FAZ, ebenfalls am 20.10.20, unter der Überschrift: "Die Gesetze macht immer noch der Gesetzgeber"
Am späten Montagnachmittag erreichte ein Brief des Bundestagspräsidenten die Vorsitzenden der Fraktionen. Der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble schrieb darin: Die öffentliche Debatte zeige, dass der Bundestag seine Rolle als Gesetzgeber und öffentliches Forum deutlich machen müsse. So könne der Eindruck vermieden werden, die „Pandemiebekämpfung sei ausschließlich Sache von Exekutive und Judikative“. Angehängt war eine zweiseitige Empfehlung des Wissenschaftlichen Dienstes des Parlaments, die eine Bewertung sowie konkrete Vorschläge enthält.
Vor allem die Bewertung ist delikat. Es wird daran erinnert, dass der Bundestag im Zuge der Pandemiebekämpfung Bundesgesundheitsminister Jens Spahn „in weitem Umfang ermächtigt“ habe, durch Rechtsverordnungen Ausnahmen von Gesetzesvorschriften zuzulassen. Dies „dürfte wohl nicht mit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Zulässigkeit von Rechtsverordnungen vereinbar sein“. ... "Weiterlesen in FAZ Print am 21.10. oder mit Bezahlschranke auf FAZ.net unter: Link

Quelle: Neue Zürcher Zeitung, 20.10.2020, FAZ, 20.10.2020