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Bausparer + Rentner wissen: Die Bananenrepublik droht nicht, sie ist längst da

München, Foto: H.S.

13.03.2017 - von Dr. Arnd Rüter

In der Süddeutschen Zeitung vom 22.02.2017 gab Heribert Prantl einen Kommentar ab zum Urteil des Bundesgerichtshofes, nach welchem Bausparverträge einfach gekündigt werden können, wenn den Kassen die Rendite nicht mehr zusagt. Er schrieb in diesem Zusammenhang: „Der Bundesgerichtshof hat mit einem Kernsatz des Rechts gebrochen. Dieser Satz heißt: Pacta sunt servanda/Verträge muss an halten.“ Darauf Bezug nehmend hat Dr. Rüter, Mitglied in der Interessengemeinschaft der Gesundheitsmodernisierungsgesetz-Geschädigte einen Leserbrief an die Süddeutsche geschrieben, der am 02.03.2017 veröffentlicht wurde:

"Keine Frage: Der BGH hat ein für Bausparer,die aus Altverträgen hohe Guthabenzinsen beziehen und jetzt mit einer Kündigung ihrer Verträge rechnen müssen, unerfreuliches Urteil gesprochen. Es mag richtig sein, was Herbert Prantl dem BGH vorwirft: „mit juristischen Raffinessen das Recht derVerbraucher ausgehebelt“ zu haben.

Aber es ist doch so, dass heute kaum mehr einVertrag so hieb-und stichfest formuliert ist, dass man sich auf den rechtlichen
Elementarsatz „pacta sunt servanda“ glasklar verlassen kann. Das muss nicht immer zum Nachteil von Verbrauchern sein. Ich erinnere nur an wohl zehntausend Darlehensnehmer, die in den letzten Jahren aus laufenden oder sogar schon getilgten privaten Immobiliendarlehen rückwirkend (!) ausgestiegen sind und daraus zum Teil erhebliche finanzielle Vorteile gezogen haben.

Rechtliche Grundlage für die vorzeitige Beendigung eines meist hochverzinsten Immobiliendarlehens ohne die üblichen Vorfälligkeitskosten waren in vielen Fällen freilich fehlerhafte Widerrufsbelehrungen der Banken. Der BGH hatte eine von vielen Sparkassen verwendete Widerrufsbelehrung für ungültig erklärt (Az. XIZR 564/15), mit der Folge, dass die geschlossenen
Immobiliendarlehensverträge auch nach Jahren oder sogar nach der
vollständigen Tilgung rückabgewickelt werden konnten. Medien lobten die damalige Entscheidung des BGH als verbraucherfreundliches Urteil und sprachen vom „Widerrufsjoker“.

Heribert Prantl irrt, wenn er meint, „der Bundesgerichtshof hat mit einem Kernsatz des Rechts [pacta sunt servanda] gebrochen“.
Auf dem Siegerpodest steht längst das Bundessozialgericht. Mit dem
seit 1.1.2004 geltenden Gesundheitsmodernisierungsgesetz
(GMG) verfolgten die Lobbyisten der Gesetzlichen Krankenkassen und die Politik (allen voran die damalige Ministerin Ulla Schmidt) von vornherein das Ziel, sich am Privateigentum der Rentner zu bedienen. Dadurch sollten die durch die politischen Fehlleistungen der rot-grünen Bundesregierung in desolate Finanzlage gebrachten Sozialsysteme wieder mit Milliarden gefüllt werden.

Der 12. Senat des Bundessozialgerichts übernahm die Schmutzarbeit, die „Wischiwaschi-Formulierung“ des Gesetzes in verwertbares Unrecht umzusetzen. Dazu produzierte dieser Senat im Wesentlichen im Jahr 2006 mehrere Urteile. In diesen wurden Kapitallebensversicherungen, die mit bereits versteuertem
und verbeitragtem Gehalt (also Privateigentum) angespart worden waren, rechtsbeugend umdefiniert in verkappte Betriebsrenten.

Dabei bestätigte sich das Bundessozialgericht auch amtsanmaßend permanent die Verfassungskonformität des eigenen Handelns. Und da man nun wirklich schnell an ordentlich viel Geld wollte, galt das Gesetz selbstverständlich auch rückwirkend; die verfassungsfeindliche Rückwirkung wurde einfach als „unechte Rückwirkung“ bezeichnet. Zu allem Überfluss hat auch noch der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts 2008 alle rechtsbeugenden Aussagen des Bundessozialgerichts abgeschrieben und unter Verfassungsbruch bestätigt. Sechs Millionen geschädigte Rentner wissen: Die Bananenrepublik droht nicht, sie ist längst da.
Dr. Arnd Rüter"