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Digitalisierung und die Seniorenvertretungen - kritisch bleiben oder werden!

Foto: H.S.

14.10.2020 - von Gerd Feller, Bremen

Gerade die Seniorenvertretungen sollten nicht nur euphorisch auf die Vorteile der
Digitalisierung reagieren, sondern auch sehr sorgsam die Nachteile diskutieren und nachdrücklich den Schutz der Älteren einfordern. Ebenso ist es dringend Zeit, dass sich die Humanwissenschaften und die Politik in diesen Problemkreis intensiver und nachhaltiger einbringen, sonst gewinnen die künstliche Intelligenz und die Gauner, die sie missbrauchen, die Oberhand. Was mich beruhigt, das ist die Tatsache, dass ich aus Altersgründen das digitale Zeitalter wohl nicht mehr bis zur vollen Blüte miterleben muss.

Kürzlich erschien im Bremer Weser-Kurier ein Bericht, dass sich wohl die bargeldlose
Zahlung allgemein im Geschäftsverkehr durchsetzen wird. In einem Kommentar dazu wird als
Ursache auf die Bequemlichkeit der Bürger/-innen im Zahlungsverkehr hingewiesen, die erheblich zur Entwicklung des gläsernen Menschen beitragen könnte. Dieser Warnung stimme ich zu, aber es geht nicht nur darum, dass unsere Geschäftspartner besser über unsere Geldgeschäfte informiert sind als wir selbst. Das Problem ist viel größer. Wir werden nicht nur gläserne Menschen sein, sondern die Bequemlichkeit könnte auch dazu beitragen, dass wir einer elitären kleinen Gruppe das Denken und Handeln überlassen, die sich besser als alle anderen in der digitalen Welt auskennt.

Neben der Entwicklung totaler Transparenz des Menschen könnte somit auch der Verlust
von Freiheit und Sicherheit eintreten, denn diese beiden Werte lassen sich digitaltechnisch jetzt schon durch Häcker ausschalten. Da bedarf es nicht einmal geheimdienstlicher Fähigkeiten. Dann geht es nicht mehr nur um die Frage, inwieweit man noch selbst über die Art des Zahlungsverkehrs entscheiden darf, sondern es könnten diejenigen, die z.B. die Informations- und Kommunikationstechnik aus rein ökonomischen oder politischen Gründen für ihre Zwecke nutzen, vorschreiben, was wir gegen unsere Interessen zu tun oder zu lassen haben. Wir erleben ja auch jetzt schon, wie skrupellos teilweise die Digitalisierung für Fake News, Mobbing, Betrügereien, hemmungslose Werbung und sogar zur Lahmlegung von existenziell wichtigen digitalen Systemen missbraucht wird.

Digitalisierung ersetzt keine persönlichen Kontakte

Der Digitalisierungsprozess wird unser demokratisches Zusammenleben mit Gleichberechtigung,
Freiheit, Sicherheit und menschlicher Vielfältigkeit gefährden. Vor allem sozial
schwache und insbesondere ältere Menschen werden mit diskriminierenden Ereignissen rechnen
müssen. Wir alle können kaum für die Bewältigung der Digitalisierung eine gleich qualifizierte handwerkliche oder akademische Ausbildung und technische Ausstattung erreichen. Es gibt auch Unterschiede in der Begabung und in den Interessenslagen, und ebenso muss auch an altersbedingte Schwierigkeiten beim Umgang mit den digitalisierten Systemen gedacht werden.

Naja, es sei denn, allen Menschen werden in Zukunft Chips ins Gehirn implantiert, die das Denken und Handeln gleichschalten.

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Mit dem Thema Gewalt durch Digitalisierung beschäftigt sich folgende Webseite: „Stärker als Gewalt“ unter Link

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"Ältere Menschen und Digitalisierung" ist der Titel des achten Altenberichts der Bundesregierung. Eine Kurzfassung des Berichts (die Langfassung ist noch nicht veröffentlicht) finden Sie unter: Link

Quelle: Gerd Feller, Bremen