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Hessen: 15Jährige werden vom Schulunterricht ausgeschlossen

Foto: H.S.

08.03.2021 - von J.F.

Derzeit erleben hessische Schüler*innen ab der 7. Klasse (Ausnahme Abschlussklassen) eine Diskriminierung, da sie von jeglichem Schulunterricht vor Ort kategorisch ausgeschlossen sind und im Distanzunterricht verharren müssen. Bis zu einem Alter von 14 Jahren zählen die Kinder und Teens nicht mit bei den Kontaktbeschränkungen. Ebenso dürfen sich bis 14 Jährige in unbegrenzter Anzahl auf Sportanlagen treffen.

Mein 15jähriger Sohn spürt diese Altersdiskriminierung sehr stark und diese Ungleichbehandlung hat massive seelische und körperliche Folgen. Die Jugendlichen sitzen alleine zuhause, die Eltern arbeiten, Kinderkrankentage und Sonderurlaub gibt es für die Betreuung und Unterstützung von über 12-jährigen nicht mehr. Soziale Kontakte sind für die Jugendlichen nicht möglich, ebenso die Ablösung vom Elternhaus, die als Entwicklungsaufgabe zu bewältigen ist. Durch diese Altersdiskriminierung bleiben viele Jugendliche auf der Strecke.

In der WELT vom 8.März 21 auf S.8 der Printausgabe, antwortet der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts auf die Anmerkung von Thorsten Jungholt:
In der Pandemie schränkt der Staat selbst das Recht auf Bildung ein. Darf er das? Ich möchte darauf hinweisen, dass wir jedenfalls durch völkerrechtliche Abkommen ein verbindliches soziales Menschenrecht auf Bildung haben, insbesondere der Kinder und Jugendlichen. Das ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern ein anerkanntes, rechtlich verbindliches Gebot, das etwa bei der Prüfung von Schulschließungen im Rahmen von Verhältnismäßigkeitsabwägungen zu beachten ist. Meines Erachtens ist das in der Realität bislang zu wenig gewürdigt worden.

Hans-Jürgen Papier:
Ich halte das, was mit der Einführung einer Kinderrechtsklausel in das Grundgesetz geplant ist, bestenfalls für schlichte Symbolpolitik – oder aber für eine problematische Stärkung der behördlichen Einflussnahme auf die Erziehung der Kinder zulasten der Eltern. Von Verfassung wegen sind die Rechte der Kinder hinreichend gesichert. Sie sind selbstverständlich Träger aller Freiheitsrechte, ohne dass dies ausdrücklich normiert ist. Außerdem ist im Artikel 6, Absatz 2 nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts immer das Kindeswohl in den Vordergrund gestellt worden. Das elterliche Sorge- und Erziehungsrecht ist danach immer ein treuhänderisches Recht im Interesse und zum Wohle der Kinder. Der Staat hat nur die Wächterfunktion. Soweit das Kindeswohl tatsächlich verletzt oder missachtet wird, liegt das mit Sicherheit nicht an der Verfassung. In der Praxis auftretende Mängel basieren vorrangig auf Vollzugsdefiziten im Hinblick auf das geltende Recht. Dies kann sicherlich nicht mit einer programmatischen Änderung der Verfassung behoben werden.

Quelle: Mail an die Redaktion, WELT, 8.3.2021