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Ergebnis der Sondierungen zwischen SPD, Grünen und FDP

Foto: H.S.

15.10.2021 - von Sondierungsausschuss SPD, Grüne, FDP

"Die nächsten Jahre sind entscheidend, um Deutschland und Europa zu stärken - für die großen Herausforderungen wie den Klimawandel, die Digitalisierung, die Sicherung unseres
Wohlstands, den sozialen Zusammenhalt und den demografischen Wandel. Die Grundlage
dafür ist eine umfassende Erneuerung unseres Landes.
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FREIE DEMOKRATEN sehen, dass Deutschland einen Aufbruch braucht. Wir fühlen uns gemeinsam dem Fortschritt verpflichtet. Uns eint, dass wir Chancen in der Veränderung sehen.

Wir sind eine Konstellation, die drei Parteien mit unterschiedlichen Traditionen und
unterschiedlichen Sichtweisen zu einem innovativen Bündnis zusammenbringen kann. Wir
können einen Beitrag leisten, politische Frontstellungen aufzuweichen und neue politische
Kreativität zu entfachen. So schaffen wir einen neuen gesellschaftlichen Aufbruch auf Höhe
der Zeit.

Als Fortschrittskoalition können wir die Weichen für ein Jahrzehnt der sozialen,
ökologischen, wirtschaftlichen, digitalen und gesellschaftlichen Erneuerung stellen.
Deutschland braucht eine stabile und verlässliche Regierung, die die Herausforderungen
unseres Landes angeht. Unsere Gespräche haben gezeigt, dass uns dies gelingen kann. Wir
sind uns einig über die drängenden Aufgaben und haben uns Gemeinsamkeiten in Hinblick
auf ihre Lösung erarbeitet.

Wir wollen eine Regierung auch für diejenigen sein, die uns bei dieser Bundestagswahl ihre
Stimme nicht gegeben haben. Es geht um unser Land, nicht um die Profilierung einzelner
Akteure. Wir sehen keine kleinen und großen Parteien, sondern gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe. Wir überwinden inhaltliche Differenzen in einem respektvollen Austausch, der sich neugierig und offen für das Argument der anderen zeigt.
Die Sondierungsgespräche waren von Vertrauen, Respekt und gegenseitiger Rücksichtnahme
geprägt. Das wollen wir fortsetzen. Wir sind davon überzeugt, dass wir einen ambitionierten und tragfähigen Koalitionsvertrag schließen können.

Ausgehend von den Ergebnissen der Sondierung wollen wir darüber verhandeln, wie wir unser
Land nachhaltig modernisieren können. Dieses Papier zeichnet die Ergebnisse der
Sondierungen nach. Es umfasst nur die Themen, über die die Verhandlungspartner vor Eintritt in Koalitionsverhandlungen eine Vorfestlegung erreichen wollten. Nicht alle Themen wurden besprochen, nicht jedes Thema bis in die Einzelheiten diskutiert. Dazu bieten die folgenden Verhandlungen Gelegenheit.

Folgende Ergebnisse halten wir fest:
1. Moderner Staat und digitaler Aufbruch


Wir wollen einen grundlegenden Wandel hin zu einem ermöglichenden, lernenden und
digitalen Staat, der vorausschauend für die Bürgerinnen und Bürger arbeitet. Es geht darum, das Leben einfacher zu machen. Staatliches Handeln soll schneller und effektiver werden und wirtschaftliche wie gesellschaftliche Innovationsprozesse befördern. Wir wollen eine neue Kultur der Zusammenarbeit etablieren, die auch aus der Kraft der Zivilgesellschaft heraus gespeist wird.
Um Deutschland zügig zu modernisieren sind schnelle Verwaltungs-, Planungs- und
Genehmigungsverfahren zentrale Voraussetzung. Daher sollen im ersten Jahr der Regierung
alle notwendigen Entscheidungen getroffen und durchgesetzt werden, um private wie
staatliche Investitionen schnell, effizient und zielsicher umsetzen zu können. Unser Ziel ist es, die Verfahrensdauer mindestens zu halbieren.
Die Verwaltung soll agiler und digitaler werden. Wir werden sie konsequent von der Bürgerin und dem Bürger her denken. Digitale Anwendungen werden jeweils mitgedacht und realisiert.

Dazu wollen wir Gesetze einem Digitalisierungscheck unterziehen. Die digitalpolitische
Strategie der Bundesregierung wird neu aufgesetzt (u.a. KI-Strategie, Datenstrategie,
Blockchain-Strategie). Kompetenzen in der Bundesregierung werden neu geordnet und
gebündelt. Den Gigabit-Ausbau treiben wir engagiert voran.
Der Föderalismus ist die Grundsäule der Bundesrepublik. Um die Leistungsfähigkeit zu
erhöhen, braucht es Klarheit bei den Aufgaben und der Finanzierung. Wir streben eine engere, zielgenauere und verbindliche Kooperation zwischen Bund, Ländern und Kommunen an.
Wir wollen für gute Lebensbedingungen in Stadt und Land sorgen. Gerade in den ländlichen
Räumen gilt es, die Daseinsvorsorge zu stärken. Bürgerinnen und Bürger sollen ihren Alltag
in ihrer Region gut leben können – von der Arbeit übers schnelle Internet bis hin zu guten
Verkehrsanbindungen, vom Einkaufen über den Arztbesuch bis hin zum Sport. Wir wollen
dafür sorgen, dass notwendige Investitionen (zum Beispiel in schnelles Internet oder Mobilität)
insbesondere dort angepackt werden, wo der Nachholbedarf am größten ist.
Auch mehr als 30 Jahre nach der friedlichen Revolution bleibt es unverändert Aufgabe, die
innere Einheit sozial und wirtschaftlich zu vollenden. Viele Bürgerinnen und Bürger in
Ostdeutschland haben im Wandel Erfahrungen gesammelt, die auch mit Brüchen und
Enttäuschungen verbunden waren. Daraus wollen wir für die anstehenden großen
Transformationsprozesse in ganz Deutschland lernen.
Demokratie lebt von Vertrauen in alle staatlichen Institutionen und Verfassungsorgane. Wir
werden daher das Parlament als Ort der Debatte und der Gesetzgebung stärken. Wir wollen
die Entscheidungsfindung verbessern, indem wir neue Formen des Bürgerdialogs, wie etwa
Bürgerräte nutzen, ohne das Prinzip der Repräsentation aufzugeben.

2. Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft

Der menschengemachte Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit.
Wir müssen die Klimakrise gemeinsam bewältigen. Darin liegen auch große Chancen für unser
Land und den Industriestandort Deutschland: Neue Geschäftsmodelle und Technologien
2können klimaneutralen Wohlstand und gute Arbeit schaffen. Wir sehen es als unsere zentrale gemeinsame Aufgabe, Deutschland auf den 1,5 Grad Pfad zu bringen, so wie es der Pariser Klimavertrag und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorgeben.
Wir werden das Klimaschutzgesetz noch im Jahr 2022 konsequent weiterentwickeln und ein
Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und
Maßnahmen auf den Weg bringen. Alle Sektoren werden einen Beitrag leisten müssen:
Verkehr, Bauen und Wohnen, Stromerzeugung, Industrie und Landwirtschaft. Die Einhaltung
der Klimaziele werden wir anhand einer sektorübergreifenden und analog zum Pariser
Klimaabkommen mehrjährigen Gesamtrechnung überprüfen.

Wir machen es zu unserer gemeinsamen Mission, den Ausbau der Erneuerbaren Energien
drastisch zu beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen. Dazu
werden wir Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigen. Den
dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien wollen wir stärken.
Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei
gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel
werden. Bürokratische Hürden werden wir abbauen und Wege eröffnen, um private Bauherren
finanziell nicht zu überfordern. Wir sehen darin auch ein Konjunkturprogramm für Mittelstand und Handwerk.
Für die Windkraft an Land sollen zwei Prozent der Landesflächen ausgewiesen werden. Wir
wollen dafür sorgen, dass die Kommunen von Windenergieanlagen und größeren Freiflächen-
Solaranlagen auf ihrem Gebiet finanziell angemessen profitieren. Die Kapazitäten für
Windenergie auf See werden wir erheblich steigern.

Zur Einhaltung der Klimaschutzziele ist auch ein beschleunigter Ausstieg aus der
Kohleverstromung nötig. Idealerweise gelingt das schon bis 2030. Das verlangt den von uns
angestrebten massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Errichtung moderner
Gaskraftwerke, um den im Laufe der nächsten Jahre steigenden Strom- und Energiebedarf zu
wettbewerbsfähigen Preisen zu decken. Dafür werden wir den ersten der im
Kohleausstiegsgesetz vorgesehenen Überprüfungsschritte bereits in der 20. Legislaturperiode vornehmen. Die bis zur Versorgungssicherheit durch Erneuerbare Energien notwendigen Gaskraftwerke müssen so gebaut werden, dass sie auf klimaneutrale Gase (H 2 -ready) umgestellt werden können.

Die betroffenen Regionen können weiterhin auf solidarische Unterstützung zählen.
Maßnahmen des Strukturstärkungsgesetzes werden vorgezogen bzw. beschleunigt. Die
flankierenden arbeitspolitischen Maßnahmen wie das Anpassungsgeld werden entsprechend
angepasst. Niemand wird ins Bergfreie fallen. Geprüft wird die Errichtung einer Stiftung oder Gesellschaft, die den Rückbau der Kohleverstromung und die Renaturierung organisiert.
Wir wollen das Brennstoffemissionshandelsgesetz und den europäischen Emissionshandel im
Sinne des EU-Programms „Fit for 55“ überarbeiten. Im Laufe der Legislaturperiode werden wir die Finanzierung der EEG-Umlage über den Strompreis so schnell wie möglich beenden.
Damit senken wir die Stromkosten für private Haushalte und Betriebe. Im Zuge des Ausbaus
der Erneuerbaren Energien werden wir ein neues Strommarkt-Design erarbeiten.
In den Verhandlungen über das EU-Programm „Fit for 55“ unterstützen wir die Vorschläge der EU-Kommission und wollen in den einzelnen Sektoren die Instrumente möglichst
technologieneutral ausgestalten.

Gemäß den Vorschlägen der EU-Kommission hieße das im Verkehrsbereich, dass in Europa
2035 nur noch CO 2 -neutrale Fahrzeuge zugelassen werden - entsprechend früher wirkt sich
dies in Deutschland aus. Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen
wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen
werden können. Wir wollen Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität machen und dafür
den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur massiv beschleunigen. Ein generelles Tempolimit
wird es nicht geben. Im Rahmen klimafreundlicher Mobilität werden wir die Entwicklung
intelligenter Systemlösungen für den Individualverkehr und den ÖPNV unterstützen.
Das Artensterben, der Verlust der Biodiversität ist eine weitere ökologische Krise. Wir wollen wirksame Maßnahmen zum Schutz der Artenvielfalt und der Natur ergreifen. Dazu
unterstützen wir die Landwirtschaft, einen nachhaltigen, umwelt- und naturverträglichen Pfad einzuschlagen; Ziel ist gleichzeitig, ein langfristig auskömmliches Einkommen für die
Landwirtinnen und Landwirte zu sichern. Wir wollen die Bäuerinnen und Bauern darin
unterstützen, die Nutztierhaltung tiergerecht umzubauen. Für Transparenz beim Einkaufen soll eine Haltungskennzeichnung sorgen. Wir wollen den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß beschränken. Pflanzen sollen so geschützt werden, dass
Nebenwirkungen für Umwelt, Gesundheit und Biodiversität vermieden werden.

3. Respekt und Chancen in der modernen Arbeitswelt

Die beste Grundlage für die Gestaltung guter Arbeit ist eine Arbeitswelt, die Sicherheit und Flexibilität bietet. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind ebenso wie
Unternehmerinnen und Unternehmer bereit, in der Zeit des Umbruchs neue Wege zu gehen –
aber sie erwarten auch Sicherheit, um sich auf Lernprozesse einlassen zu können. Flexibilität ermöglicht, dass sich ein kreatives Klima für Innovationen entfalten kann. Eine historisch gewachsene Sozialpartnerschaft und die darauf gründende Fähigkeit zum Kompromiss sind zentrale Voraussetzungen dafür, dass dieser Veränderungsprozess gelingen kann.
Um auf die Veränderungen in der Arbeitswelt zu reagieren und die Wünsche von
Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmern und Unternehmen nach einer flexibleren
Arbeitszeitgestaltung aufzugreifen, wollen wir Gewerkschaften und Arbeitgeber dabei
unterstützen, flexible Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen. Im Rahmen einer befristeten
Regelung mit Evaluationsklausel werden wir es ermöglichen, dass im Rahmen von
Tarifverträgen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen und
in einzuhaltenden Fristen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten können. Außerdem wollen wir eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des
Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit schaffen, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen dies vorsehen (Experimentierräume).


Wir werden den gesetzlichen Mindestlohn im ersten Jahr in einer einmaligen Anpassung auf zwölf Euro pro Stunde erhöhen. Im Anschluss daran wird die Mindestlohnkommission über die etwaigen weiteren Erhöhungsschritte befinden. Bei den Mini- und Midi-Jobs werden wir
Verbesserungen vornehmen: Hürden, die eine Aufnahme versicherungspflichtiger
Beschäftigung erschweren, wollen wir abbauen. Wir erhöhen die Midijob-Grenze auf 1.600
Euro. Künftig orientiert sich die Minijob-Grenze an einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden zu Mindestlohnbedingungen. Sie wird dementsprechend mit Anhebung des Mindestlohns auf 520 Euro erhöht. Gleichzeitig werden wir verhindern, dass Minijobs als Ersatz für reguläre Arbeitsverhältnisse missbraucht oder zur Teilzeitfalle insbesondere für Frauen werden. Wir wollen, dass Leistung anerkannt wird. Das heißt: Wer gut arbeitet, muss auch gut bezahlt werden und gute Arbeitsbedingungen haben. Wir wollen die Tarifautonomie, die Tarifpartner und die Tarifbindung stärken, damit faire Löhne in Deutschland bezahlt werden – dies befördert auch die nötige Lohnangleichung zwischen Ost und West. Die Mitbestimmung werden wir weiterentwickeln.

Wir wollen Selbständigkeit durch bessere Gründungsförderungen sowie einen Abbau
unnötiger Bürokratie fördern. Gleichzeitig wollen wir die Absicherung für (Solo-)Selbständige verbessern.
Wir wollen Weiterbildung und berufliche Qualifizierungsmöglichkeiten stärken.

4. Soziale Sicherheit bürgerfreundlich gestalten

Wir wollen Sicherheit im Wandel schaffen, damit alle Bürgerinnen und Bürger in der
Transformation ein selbstbestimmtes Leben führen können. Gegenseitiger Respekt erwächst
nur, wenn niemand sich zurückgelassen fühlt. Wir wollen neue Wege gehen, so dass alle auch
konkrete Chancen auf Teilhabe und berufliche Perspektiven haben und Lebensleistung
anerkannt wird. Wir stehen für einen verlässlichen und aktivierenden Sozialstaat, der die
Bürgerinnen und Bürger in den Stationen ihres Lebens unterstützt, Teilhabe ermöglicht, vor
Armut schützt und Lebensrisiken absichert. Diese Zusage ist eine wichtige Basis dafür,
Bürgerinnen und Bürger zu ermutigen, auch Neues zu wagen.

Neben der gesetzlichen Rente bleiben die betriebliche wie private Altersvorsorge wichtig für ein gutes Leben im Alter. Eine gute und verlässliche Rente nach vielen Jahren Arbeit ist für die Beschäftigten wichtig. Es geht darum, sich mit eigener Arbeit eine gute eigenständige Absicherung im Alter zu schaffen. Wir werden daher die gesetzliche Rente stärken und das Mindestrentenniveau von 48 Prozent sichern. Es wird keine Rentenkürzungen und keine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben.

Um diese Zusage generationengerecht abzusichern, werden wir zur langfristigen
Stabilisierung von Rentenniveau und Rentenbeitragssatz in eine teilweise Kapitaldeckung der Gesetzlichen Rentenversicherung einsteigen. Dazu werden wir in einem ersten Schritt der Deutschen Rentenversicherung im Jahr 2022 aus Haushaltsmitteln einen Kapitalstock von 10 Milliarden Euro zuführen. Wir werden der Deutschen Rentenversicherung auch ermöglichen, ihre Reserven am Kapitalmarkt reguliert anzulegen.

Die umlagefinanzierte Rente wollen wir durch die Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie die erwerbsbezogene und qualifizierte
Einwanderung stärken.

Wir werden das bisherige System der privaten Altersvorsorge grundlegend reformieren. Wir
werden dazu das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und
kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen. Daneben werden wir die gesetzliche
Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester prüfen. Eine
Förderung soll Anreize für untere Einkommensgruppen bieten, diese Produkte in Anspruch zu
nehmen. Es gilt ein Bestandschutz für laufende Riester-Verträge. Den Sparerpauschbetrag
wollen wir auf 1.000 Euro erhöhen.

Anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) werden wir ein Bürgergeld einführen. Das
Bürgergeld soll die Würde des und der Einzelnen achten, zur gesellschaftlichen Teilhabe
befähigen sowie digital und unkompliziert zugänglich sein. Es soll Hilfen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt stellen. Während der Corona-Krise galten großzügige
Regelungen zu Schonvermögen und zur Überprüfung der Wohnungsgröße. Wir prüfen,
welche dieser Regeln wir fortsetzen wollen. An Mitwirkungspflichten halten wir fest und prüfen, wie wir hier entbürokratisieren können. Die Zuverdienstmöglichkeiten wollen wir verbessern, mit dem Ziel, Anreize für Erwerbstätigkeit zu erhöhen.

In der Gesundheitspolitik wollen wir Vorsorge und Prävention zum Leitprinzip machen. Wir
wollen unser Gesundheitswesen stark machen, damit es für kommende Krisen, etwa eine
neue Pandemie, gut vorbereitet ist. Dafür werden wir aus den Erkenntnisse der Pandemie
lernen und den Öffentlichen Gesundheitsdienst digitalisieren und stärken.

Der Zugang zu guter und verlässlicher gesundheitlicher Versorgung muss überall in
Deutschland, ob in der Stadt oder auf dem Land, gewährleistet sein. Das System der
Fallpauschalen zur Krankenhausfinanzierung wollen wir weiterentwickeln
und in Hinblick auf Sektoren wie Geburtshilfe und Notfallversorgung sowie Kinder- und Jugendmedizin anpassen.
Es bedarf mehr sektorenübergreifender Kooperation und Vernetzung zwischen den
verschiedenen Gesundheitseinrichtungen und -berufen.

Wir wollen eine Offensive für mehr Pflegepersonal. Hochwertige Pflege gibt es nur mit gut
ausgebildeten Pflegekräften, guten Arbeitsbedingungen und angemessenen Löhnen in der
Pflege. Wir wollen mehr qualifizierte ausländische Pflegekräfte gewinnen und die nötigen
Voraussetzungen dafür schaffen.

Pflegerinnen und Pfleger sollen mehr Zeit für ihre eigentliche Tätigkeit mit den Patientinnen und Patienten haben. Das wollen wir durch Entbürokratisierung, die Nutzung digitaler Potentiale und klare bundeseinheitliche Vorgaben bei der Personalbemessung gewährleisten.Die gesetzliche und die private Kranken- und Pflegeversicherung bleiben erhalten.

5. Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang

Wir wollen Kindern und Jugendlichen bessere Chancen unabhängig von der sozialen Lage
ihrer Eltern ermöglichen. Wir konzentrieren uns auf die Kinder, die am meisten Unterstützung brauchen. Wir wollen mehr Kinder aus Armut holen. In einem Neustart der Familienförderung sollen bisherige Leistungen in einem eigenen Kindergrundsicherungsmodell gebündelt und automatisiert ausgezahlt werden, so dass sie ohne bürokratische Hürden bei den Kindern ankommen.

Gleichzeitig wollen wir Kitas und (Ganztags-)Schulen weiter fördern und Angebote der Bildung und Teilhabe stärken. Bund, Länder und Kommunen sollen gemeinsam darauf hinwirken, dass jedes Kind die gleiche Chance auf Entwicklung und Verwirklichung hat (Kooperationsgebot).
Schulen in benachteiligten Regionen und Quartieren werden wir gezielt und dauerhaft
unterstützen.
Wir wollen Länder und Kommunen dauerhaft bei der Digitalisierung des Bildungswesens
unterstützen (Digitalpakt 2.0).
Wir wollen starke Kinderrechte im Grundgesetz verankern.

Unser duales Ausbildungssystem ist ein weltweit beachtetes Erfolgsmodell. Nur wenn
genügend ausgebildet wird, können wir künftig den wachsenden Bedarf an Fachkräften
decken. Den Übergang von der Schule in die berufliche Bildung werden wir verbessern. Wir
wollen die Jugendberufsagenturen optimieren und ausbauen und eine Exzellenzinitiative
Berufliche Bildung auf den Weg bringen.

Wir wollen die Weiterbildung verbessern, so dass zum Beispiel jederzeit ein Berufsabschluss nachgeholt werden kann. Zur Unterstützung der lebenslangen Aus- und Weiterbildung wollen wir neue Instrumente einführen (z.B. Lebenschancen-BAföG). Das BAföG wollen wir reformieren und dabei elternunabhängiger gestalten.

6. Innovation fördern und neue Wettbewerbsfähigkeit erreichen

Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland als Grundlage für nachhaltiges Wachstum, Wohlstand und hohe Beschäftigung in einer sozial-ökologischen
Marktwirtschaft erhöhen. Wir werden Unternehmen und Beschäftigte bestmöglich
unterstützen, Innovation fördern und neues Zutrauen in Gründergeist, Innovation und
Unternehmertum schaffen. Dazu stärken wir die StartUp- und Gründerförderung und
entbürokratisieren die Innovationsförderung und -Finanzierung.

Wir wollen mittelständische Unternehmen und Handwerksbetriebe bei der Bewältigung
anstehender Herausforderungen unterstützen. Unsere Wirtschaftspolitik soll auf
zukunftsorientierte Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigen Mittelstand setzen.
Auch dazu brauchen wir eine qualifizierte Fachkräftestrategie.

Wir bemühen uns weiter um fairen Wettbewerb zwischen Geschäftsmodellen digitaler
Großunternehmen und dem lokal verwurzelten Unternehmen. Wir wollen die digital gestützte
Wertschöpfung in Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleistung unterstützen und dafür ein
Level Playing Field herstellen.

Die Industrie steht vor einer weitreichenden Transformation, dabei werden wir sie unterstützen.
Wir fördern regionale Transformationscluster und werden strukturschwache Regionen
unterstützen.

Wesentlich ist eine gute Forschungslandschaft, die Innovationen hervorbringt. Wir wollen den Anteil der gesamtstaatlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 3,5 Prozent des BIP erhöhen. Wir brauchen mehr Ausgründungen aus Forschungsinstituten.
Die Beteiligung der Beschäftigten am Unternehmen ist ein wichtiges Element des
Vermögensaufbaus aber auch der Finanzierung von Start-Ups. Wir werden die
Mitarbeiterkapitalbeteiligung attraktiver machen, u.a. durch eine weitere Anhebung des
Steuerfreibetrags.

Wir wollen mehr privates Kapital für Transformationsprojekte aktivieren. Dazu prüfen wir auch, welche Beiträge öffentliche Förderbanken zur Risikoabsicherung leisten können. Die
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) soll stärker als Innovations- und Investitionsagentur
wirken. Der Zukunftsfonds für Startups ist ein gutes Beispiel dafür. Projekte wie die
Bundesagentur für Sprunginnovation wollen wir weiter ausbauen.
Zu einer modernen Unternehmenskultur gehören auch neue Formen wie Sozialunternehmen,
oder Gesellschaften mit gebundenem Vermögen. Steuersparkonstruktionen werden wir
jedoch vermeiden.

Wir streben einen besseren Zugang zu Daten an, insbesondere um StartUps sowie kleinen
und mittelständischen Unternehmen neue innovative Geschäftsmodelle in der Digitalisierung
zu ermöglichen.

Wir wollen den regelbasierten Freihandel auf Grundlage von fairen sozialen, ökologischen und menschenrechtlichen Standards stärken und sprechen uns für eine deutsche und europäische Handelspolitik gegen Protektionismus und unfaire Handelspraktiken aus. Wir nutzen das europäische Wettbewerbsrecht und die Stärke des europäischen Binnenmarktes gerade mit Blick auf unfaire Wettbewerbspraktiken autoritärer Regime.

7. Offensive für bezahlbares und nachhaltiges Bauen und Wohnen

Wir wollen mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dazu ist es vordringlich, deutlich mehr
Wohnungen zu bauen. Unser Ziel ist der Bau von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon
100.000 öffentlich geförderte Wohnungen. Hierzu werden wir zu einem „Bündnis bezahlbarer
Wohnraum“ mit allen wichtigen Akteuren einladen. In diesem Rahmen gewährleisten wir
Planungssicherheit für die Bauindustrie zum Aufbau von Baukapazitäten.

Wir werden durch serielles Bauen, Digitalisierung, Entbürokratisierung und Standardisierung die Kosten für den Wohnungsbau senken. Wir werden den Klimaschutz beim Neubau stärken und die energetische Sanierung im Bestand beschleunigen, um die Klimaziele auch im Gebäudebereich zu erreichen.

Solange nicht genug bezahlbare Wohnungen gebaut werden, verhindert die
Wohnraumknappheit vor allem in Ballungsgebieten, dass sich angemessene Mieten am
Wohnungsmarkt bilden können. Daher werden wir die geltenden Mieterschutzregelungen
evaluieren und verlängern.


Die finanzielle Unterstützung des Bundes für den sozialen Wohnungsbau werden wir
fortführen. Wir werden der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mehr Freiheiten
verschaffen, so dass sie schneller selber bauen kann.
Mit einer neuen Wohngemeinnützigkeit bringen wir eine neue Dynamik in den Bau
bezahlbaren Wohnraums.

Wir wollen die illegale Finanzierung von Immobilien durch geeignete Maßnahmen bekämpfen.
Dazu gehört der Versteuerungsnachweis für gewerbliche Immobilienkäufer aus dem Ausland
sowie ein Verbot des Erwerbs von Immobilien mit Bargeld. Wir wollen den Ländern eine
flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglichen, um den Erwerb selbst genutzten
Wohneigentums zu erleichtern. Zur Gegenfinanzierung nutzen wir das Schließen von
steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen (Share Deals).

8. Freiheit und Sicherheit, Gleichstellung und Vielfalt in der modernen Demokratie

Deutschland ist ein modernes Land, mit großer Vielfalt der Gesellschaft, in der
unterschiedliche Lebensentwürfe, Lebensumstände und Herkunftsgeschichten
zusammenkommen. Wir begreifen diese Vielfalt als Chance und wollen gerechte Teilhabe in
allen Bereichen organisieren und Diskriminierung klar entgegentreten.

Wir wollen unsere Rechtsordnung der gesellschaftlichen Realität anpassen. Dazu werden wir
u.a. das Staatsangehörigkeitsrecht, das Familienrecht, das Abstammungsrecht und das
Transsexuellengesetz ebenso wie die Regelungen zur Reproduktionsmedizin anpassen und
beispielsweise Verantwortungsgemeinschaften bzw. einen Pakt für Zusammenleben möglich
machen.

Deutschland ist ein modernes Einwanderungsland. Frauen und Männer aus vielen Staaten
haben hier ihre Heimat gefunden, Familien gegründet und verdienen ihren Lebensunterhalt.
Daher wollen wir ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht schaffen. Wir wollen das
Fachkräfteeinwanderungsgesetz praktikabler ausgestalten. Wir wollen außerdem ein
Punktesystem als zweite Säule zur Gewinnung von qualifizierten Fachkräften einführen.
Diejenigen, die gut in Deutschland integriert sind und für ihren eigenen Lebensunterhalt
sorgen, sollen schneller einen rechtssicheren Aufenthaltsstatus erhalten können. Wir wollen einen Spurwechsel ermöglichen und die Integrationsmöglichkeiten verbessern.

Wir wollen unser sicheres Land noch sicherer machen. Jede und jeder in Deutschland soll sich sicher fühlen – ob auf der Straße, zu Hause oder im Netz. Dafür kommt es vor allem auf mehr präventive Sicherheit an. Dazu brauchen wir motivierte, gut ausgebildete und ausgestattete Polizistinnen und Polizisten. Ihre Präsenz und Bürgernähe macht sie für uns zu einem unerlässlichen Partner. Rechtsstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit sind die Maßstäbe, nach denen sie ihren Dienst für alle tun. Wir wollen dafür sorgen, dass sie die verdiente Anerkennung und den Respekt für ihre wichtige Arbeit erfahren.

Wir wollen Freiheit und Sicherheit gewährleisten und die Bürgerrechte stärken. Gemeinsam
mit den Ländern werden wir die auch vom Bundesverfassungsgericht geforderte
gesamtheitliche Betrachtung der Eingriffsbefugnisse des Staates vornehmen und eine
Generalrevision der Sicherheitsarchitektur durchführen. Wir werden die Fähigkeiten und
Strukturen für die Abwehr von Cyberrisiken verbessern und auf eine gesetzliche Grundlage
stellen.

Wir werden in allen Bereichen entschlossen gegen Antisemitismus, Rassismus,
Rechtsextremismus, Islamismus, Linksextremismus, Queer-Feindlichkeit und jede andere
Form der Menschenfeindlichkeit vorgehen, damit Vielfalt auch in gleicher Sicherheit für jede und jeden möglich ist. Die öffentliche Hand sowie ihre Institutionen müssen hier Vorbild sein.
Dazu dient auch ein Demokratiefördergesetz.

Wir werden das Selbstbestimmungsrecht von Frauen stärken und die eigenständige
Existenzsicherung fördern. Wir wollen, dass Frauen und Männer gleichberechtigt an
gesellschaftlichen Entscheidungen sowie am Erwerbsleben teilhaben können und in gleicher
Weise in der Lage sind, eigenständig ihren Lebensunterhalt zu sichern und für ausreichende
Alterssicherung zu sorgen. Der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsmarkt wollen wir
entgegenwirken und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. Wir wollen die
Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern wirksam verringern. Wir werden uns für mehr
Vielfalt in der Arbeitswelt einsetzen und dafür Sorge tragen, dass mehr Frauen in
Führungspositionen kommen.

Wir wollen, dass das tägliche Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen
selbstverständlich wird und werden daher die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern mit
Behinderungen weiter ausbauen - auf dem Arbeitsmarkt und durch die Förderung von
Barrierefreiheit im Alltag, beim Wohnen und im digitalen Raum.

Wir wollen den Gleichbehandlungsartikel des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 GG) um ein Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität ergänzen und den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz ersetzen. (ALTER???)

Wir wollen die Vielfalt und die Freiheit des Kulturlebens sichern. Wir setzen uns für eine starke Kulturszene und Kreativwirtschaft ein, die von der Corona-Krise besonders hart getroffen wurden.

Wir wollen das Wahlrecht überarbeiten, um nachhaltig das Anwachsen des Deutschen
Bundestages zu verhindern. Das Wahlalter für die Wahlen zum Deutschen Bundestag und
Europäischen Parlament wollen wir auf 16 Jahre senken.

9. Zukunftsinvestitionen und nachhaltige Staatsfinanzen

Die 2020er Jahre wollen wir zu einem Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen machen. Wir
verfolgen dazu eine Politik, die die Investitionen – privat, wie öffentlich – deutlich erhöht.
Wir werden im Rahmen der grundgesetzlichen Schuldenbremse die nötigen
Zukunftsinvestitionen gewährleisten, insbesondere in Klimaschutz, Digitalisierung, Bildung
und Forschung sowie die Infrastruktur. Damit die bereitgestellten Mittel auch eingesetzt
werden, müssen Planungsprozesse und Genehmigungen deutlich beschleunigt werden;
Investitionssicherheit muss herrschen. Kapitalsammelstellen sollen besser
in Zukunftstechnologien investieren können.
Den Kampf gegen Steuerhinterziehung, Geldwäsche und Steuervermeidung werden wir
intensivieren. Wir werden uns weiter aktiv für die Einführung der globalen Mindestbesteuerung einsetzen.

Wir werden keine neuen Substanzsteuern einführen und Steuern wie zum Beispiel die
Einkommen-, Unternehmens- oder Mehrwertsteuer nicht erhöhen
. Der Konjunktur wollen wir
einen Schub durch Superabschreibungen geben für Investitionen in Klimaschutz und
Digitalisierung.
Wir wollen Steuerbürokratie spürbar verringern, beispielsweise durch höhere Schwellenwerte und volldigitalisierte Verfahren.
Wir wollen zusätzliche Haushaltsspielräume dadurch gewinnen, dass wir den Haushalt auf
überflüssige, unwirksame und umwelt- und klimaschädliche Subventionen und Ausgaben
überprüfen.

Angesichts des hohen Investitionsbedarfs auf kommunaler Ebene prüfen wir die Entlastung
der Kommunen von strukturwandelbedingten Altschulden in gemeinsamer Verantwortung mit
den Ländern.

10. Deutschlands Verantwortung für Europa und die Welt

Deutschland stellt sich seiner globalen Verantwortung. Keine der großen Aufgaben unserer
Zeit können wir als Land alleine bewältigen.

Wir werden die Europäische Union (EU) stärken, um unserer Verantwortung zu entsprechen.
Unsere Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik werden wir wertebasiert und
europäischer aufstellen. Die strategische Souveränität Europas wollen wir erhöhen.

Die EU ist kein fernes Zukunftsprojekt, sondern längst tagtägliche Realität und Heimat, nicht zuletzt für die Jugend Europas, die ohne Grenzen aufgewachsen ist. Wir wollen die
Europäische Union stärken, um Deutschland zu stärken. Wir werden deshalb deutsche
Interessen im Lichte der europäischen Interessen definieren. Wir wollen eine aktive
Europapolitik betreiben – auch entlang einer starken deutsch-französischen Partnerschaft und in einer engen Zusammenarbeit im Weimarer Dreieck.

Wir sind entschlossen, die EU handlungsfähiger und demokratischer zu machen und setzen
uns ein für eine EU, die ihre Werte und ihre Rechtsstaatlichkeit nach innen wie außen schützt und ihre Handlungsfähigkeit stärkt. Wir treten für eine verstärkte Zusammenarbeit der nationalen europäischen Armeen ein.

Wir befähigen die liberalen Demokratien Europas dazu, Desinformation, Fake-News-
Kampagnen, Propaganda sowie Manipulationen aus dem In- und Ausland besser abwehren
zu können.
Wir wollen dafür Sorge tragen, dass Europa auf der Grundlage solider und nachhaltiger
Staatsfinanzen gemeinsam wirtschaftlich stark aus der Pandemie herauskommt, das Ziel der
Klimaneutralität erreicht und den Green Deal konsequent umsetzt. Wir wollen Maßnahmen zur
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in allen EU-Mitgliedsstaaten unterstützen.
Der Stabilitäts- und Wachstumspakt hat seine Flexibilität bewiesen. Auf seiner Grundlage
wollen wir Wachstum sicherstellen, die Schuldentragfähigkeit erhalten und für nachhaltige und klimafreundliche Investitionen sorgen.
Eine europäische digitale Infrastruktur, ein gemeinsames Eisenbahnnetz, eine
Energieinfrastruktur für erneuerbaren Strom und Wasserstoff sowie Forschung und
Entwicklung auf dem Niveau der Weltspitze sind Voraussetzungen für die europäische
11Handlungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit im 21. Jahrhundert. Dafür werden wir die
Initiative ergreifen.

Unsere Sicherheit und der Schutz unserer Lebensgrundlagen erfordern globale
Zusammenarbeit, eine Stärkung der Vereinten Nationen sowie eine regelbasierte
internationale Ordnung. Wir unterstützen und stärken Initiativen wie die Allianz der
Demokratien. Das transatlantische Bündnis ist dabei zentraler Pfeiler und die NATO
unverzichtbarerer Teil unserer Sicherheit. Die Sicherheit Israels ist für uns Staatsräson.
Unsere Soldatinnen und Soldaten leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Internationalen
Sicherheit. Wir verbessern ihre Ausrüstung wie auch die der Bundeswehr. Das Prinzip der
Inneren Führung wollen wir stärken. Wir wollen die Evakuierungsmission des Afghanistan-
Einsatzes in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufarbeiten. Zudem wollen
wir den Gesamteinsatz in einer Enquete mit wissenschaftlicher Expertise evaluieren. Die
gewonnenen Erkenntnisse müssen praxisnah und zukunftsgerichtet aufbereitet werden, so
dass sie in die Gestaltung zukünftiger deutscher Auslandseinsätze einfließen.
Aus unterschiedlichen Perspektiven schauend, wollen wir ein gemeinsames Verständnis von
Deutschlands Rolle in der Welt erarbeiten. Die deutsche Außenpolitik soll künftig aus einem Guss agieren und ressortübergreifend gemeinsame Strategien erarbeiten. Ziel ist eine
multilaterale Kooperation in der Welt, insbesondere in enger Verbindung mit denjenigen
Staaten, die unsere demokratischen Werte teilen. Dabei geht es auch um den
Systemwettbewerb mit autoritären Staaten und Diktaturen. Wir wollen eine Nationale
Sicherheitsstrategie vorlegen.

Wir richten unser internationales Handeln an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDG) aus. Wir wollen sicherstellen, dass Deutschland seine internationalen Verpflichtungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit und Internationalen Klimafinanzierung erfüllt.
Wir bekennen uns zur humanitären Verantwortung, die sich aus dem Grundgesetz, aus der
Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention ergibt.
Daraus leiten wir die Aufgabe ab, mit den europäischen Partnern Anstrengungen zu
unternehmen, das Sterben auf dem Mittelmeer genauso wie das Leid an den europäischen
Außengrenzen zu beenden. Wir wollen die Verfahren zur Flucht-Migration ordnen und die
ausbeuterischen Verhältnisse auf den Fluchtwegen bekämpfen. Die Asylverfahren, die
Verfahren zur Familienzusammenführung und die Rückführungen wollen wir beschleunigen
und legale Wege schaffen. Abkommen mit Drittstaaten über Migration sollen dabei helfen.
Wir brauchen eine abrüstungspolitische Offensive und wollen eine führende Rolle bei der
Stärkung internationaler Abrüstungsinitiativen und Nichtverbreitungsregimes einnehmen. Für
eine restriktive Rüstungsexportpolitik brauchen wir verbindlichere Regeln und wollen daher mit unseren europäischen Partnern eine entsprechende EU-Rüstungsexportverordnung
abstimmen.

Wir wollen die Energieversorgung für Deutschland und Europa diversifizieren. Für
energiepolitische Projekte auch in Deutschland gilt das europäische Energierecht."

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Die Hervorhebungen im Text sind von mir. Nach dem ersten Lesen kommt es mir vor, als haben die FDPler die Verhandlungen dominiert. Bei der Versicherungs- und Digital-Industrie werden die Korken knallen, hoch soll er leben, der Digitalkapitalismus. Hanne Schweitzer.
Kommentar der Sondierungsgespräche von Luca Zeise in der Jungen Welt vom 18.10.2021: Selbst eingemauert Das Regierungskurzprogramm der »Ampel« lässt sich kurz zusammenfassen: keine Steuererhöhung, aber ein Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde binnen eines Jahres.Link Hanne Schweitzer 18.10.2021
Presseschau Deutschlandfunk vom 18.10.2021:
Die Zeitung DIE WELT blickt auf die Sondierungsergebnisse und lobt den Beitrag der FDP:
„Als einzige Partei der Mitte in dieser Koalition hat die FDP schlimme Sachen verhindert und gute Sachen reinverhandelt. Das Wichtigste für die hart arbeitende Mittelschicht und auch für die Verantwortungseliten: Es gibt keine Steuererhöhungen. Diese leistungsfeindliche Demotivation kommt nicht, obwohl SPD und Grüne sehr dafür geworben haben. Zudem werden unsinnige Subventionen gestrichen. Diese Sondierung hat ein überraschend gutes Ergebnis hervorgebracht“, findet die WELT.
2Bei aller Euphorie, meint die RHEINISCHE POST: „Ein zweiter Blick in das Sondierungspapier wirft Zweifel auf. Vor allem bei Rente und Klimaschutz bleibt die Frage der Finanzierbarkeit völlig ungeklärt. Das Sondierungspapier ist hinsichtlich der elementaren Zukunftsfragen ein enttäuschendes ‚Wünsch dir was‘-Papier geblieben. Wenn schon die Sozialkassen steigende Haushaltsmittel verschlingen, wie soll dann noch ausreichend Geld für Klimaschutz in der Kasse sein?“, fragt die RHEINISCHE POST aus Düsseldorf.
„Über allem hängt die Frage der Finanzierung“, betont auch das HANDELSBLATT und notiert
mit Blick auf die Rentenvorhaben: „Die CDU mahnte bereits, man werde genau hinsehen,welche Auswirkungen diese Beschlüsse auf die finanzielle Nachhaltigkeit nachfolgender
Generationen haben. Die Finanzierung auch von Projekten wie der Kindergrundsicherung
und all den anderen Vorhaben bleibt eine zentrale Herausforderung. Ein erster guter Ansatz
ist der Plan einer umfassenden Ausgabenrevision. An die Ausgabenseite gehen
normalerweise nur die Mutigen. Doch der Mut zur Wahrheit ist nötig“, unterstreicht das HANDELSBLATT.
Die AUGSBURGER ALLGEMEINE blickt generell skeptisch auf die mögliche Ampel-Koalition: „Der erfolgreiche Sondierungsabschluss basiert – die Beteiligten wurden nicht müde, es zu
betonen – vor allem auf Vertrauen und Sympathie. Für einen Abend am Lagerfeuer mag das
reichen, da dürfen dann alle mal – Stichwort Cannabis-Legalisierung – am Joint ziehen und
sich lieb haben. Doch für vier Jahre am Kabinettstisch ist Kuscheln keine Option. Da sind
harte Arbeit und Disziplin gefragt.“
WELT: Vor dem Grünen-Länderrat zur Aufnahme formeller Koalitionsverhandlungen über eine Ampel-Koalition hat sich die „Fridays-for-Future“-Bewegung unzufrieden mit dem Sondierungspapier gezeigt. Der Klima-Aktivist Jakob Blasel sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND), die bisherigen Vereinbarungen der Ampel-Parteien
seien zwar „in vielen Punkten tragbar und teils sogar gut“. Er glaube aber, es werde noch „harte Koalitionsverhandlungen brauchen, damit das 1,5 Grad Ziel nicht völlig außer
Reichweite gerät“. Junge Welt, 19.10.2021: Die Bundesrepublik, erläutert der Soziologe Stefan Lessenich am Sonntag, dem »Welttag zur Beseitigung der Armut«, im Deutschlandfunk, sei »vermögenstechnisch das ungleichste Land Europas«: Zehn Prozent der Bevölkerung verfügen hierzulande über 67 Prozent des Nettogesamtvermögens. Konkret bedeutet das: Eine wachsende Zahl von Menschen weiß nicht, wie Heizung, Strom und Essen bei rasant steigenden Mieten bezahlt werden sollen. ... Kommentar von Arnold Schölzel unter: Link Junge Welt 19.10.2021: Beim Paritätischen Gesamtverband blickt man mit »großer Sorge« auf das, was SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP am vergangenen Freitag als Ergebnis ihrer Sondierungsgespräche präsentiert haben. »Punkte, die wir ganz sicher auf der Tagesordnung einer neuen Bundesregierung sahen, finden sich in dem Papier überhaupt nicht wieder«, befand Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider in einer Stellungnahme. Ralf Wurzbacher unter: Link

Quelle: Digi, 15.9.2021