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Antidiskriminierungsgesetz in Baden Württemberg: Schwere, EUwidrige Geburt

Foto: H.S.

21.02.2022 - von Hanne Schweitzer

"Das Gesetz ist ein weiteres Beispiel für die Unterwerfung der CDU in der Koalition." Solche Töne sind üblich, seit Beginn der 2000er Jahre, wenn es um ein Antidiskriminierungsgesetz geht. Dabei ist es ganz egals, ob es um ein bundesweit gültiges um um eine Landes-Antidiskriminierungsgesetz geht. Das Berliner zum Beispiel oder aktuell das in Baden Württemberg, wo FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke mit seiner These von der Unterwerfung der CDU den laut Wetternden gab. Dabei steht der Plan, ein Antidisgesetz in Wiesbaden zu verabschieden im grün-schwarzen Koalitionsvertrag von 2021 in Baden Württemberg.

Grob gesagt: Die Grünen sind dafür, die Schwarzen dagegen. Die Grünen wollen ein Gesetz mit einem größeren Schutzschirm. Das Landesgesetz soll im Berufs- und Alltagsleben gelten, aber anders als es im Bundesgesetz steht, auch vor Diskriminierung durch staatliche Stellen und die Polizei schützen.

Das Lebensalter als schutzbedürftige Eigenschaft kommt in der Berichterstattung über die Debatte im Landtag nicht vor. Dabei ist der Abschluss von Versicherungen, das Treiben von Sport im Verein, das Finden eines Jobs oder die ärztliche Versorgung vom Alter abhängig. Aus Altersgründen werden Verträge gekündigt oder sie sind sehr viel teurer, oder werden wegen des Alters sogar gekündigt. Altersgrenzen haben sich im Betreuten Wohnen etabliert,
Seniorenermäßigungen sind fast gänzlich verschwunden, es bräuchte dringend einen Diskriminierungsschutz in den Sozialversicherungs- und Sozialschutzsystemen. Darüber wird aber nicht gesprochen. Stattdessen: 2020, als es in Berlin das Landesdiskriminierungsgesetz fast gab, hatte CDU Innenminister Thomas Strobl aus Wiesbaden in Richtung Berlin gedroht: Er wolle keine Polizisten mehr nach Berlin schicken.Begründung: im Antidiskriminierungsgesetz des Landes Berlin sei die Beweislastumkehr festgeschrieben worden. Dadurch würden Polizisten an den Pranger gestellt. Beweislastumkehr bedeutet aber keinen Pranger, sondern: Nicht die Diskriminierten müssen beweisen, dass sie diskriminiert wurden. Es ist umgekehrt: Die Diskriminierenden müssen beweisen, dass sie nicht diskriminiert haben.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft läuft Sturm gegen das geplante Gesetz. Die Grünen sind durchaus verhandlungsbereit. Es werde kein Gesetz nach Berliner Vorbild werden, versichern sie der CDU, und eine Beweislastumkehr soll es auch nicht geben.

Das wäre aber, wenn es denn so verabschiedet werden sollte, ein Verstoß gegen die Richtlinie des Europäischen Rats vom 27. November 2000. Darin heißt es unter (31)
"Eine Änderung der Regeln für die Beweislast ist geboten, wenn ein glaubhafter Anschein einer Diskriminierung besteht. Zur wirksamen Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist eine Verlagerung der Beweislast auf die beklagte Partei erforderlich, wenn eine solche Beweislast nachgewiesen ist. Allerdings, es folgt die Einschränkung, allerdings obliegt es dem Beklagten nicht, nachzuweisen, dass der Kläger einer bestimmten Religion angehört, eine bestimmte Weltanschauung hat, eine bestimmte Behinderung aufweist, ein bestimmtes Alter hat oder eine bestimmte sexuelle Ausrichtung hat."

Zur Zeit soll eine fleißige baden-württembergische Arbeitsgruppe an den Eckpunkten des entschärften Gesetzes arbeiten. Einen Namen für das verschlankte juristische Produkt gibt es auch schon: "Gesetz zur Stärkung des Vertrauens zwischen Bürger und Staat".

Jetzt wird alles gut!

Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung