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HEUTE IN DER POST - GASPREISERHÖHUNG

Foto: H.S.

11.05.2022 - von Hanne Schweitzer

Vor der Verabschiedung des Energieversorgungsgesetzes aber am gleichen Tag, als die Ukraine die bundesdeutsche Erdgasversorgung unterbrochen hatte (11.5.2022), wurde von Yello die Erhöhung des Gaspreises ab Juli 2022 mitgeteilt. Und einen Tag später gab der größte Stromkonzern des Landes, RWE, bekannt, seinen Gewinn mit 735 Millionen Euro im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 65 Prozent erhöht zu haben. Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen lag bei 1,46 Milliarden Euro.

Aus diesen Höhen in die Niederungen des Endverbrauchers:
"Hallo X,
auf dem Energiemarkt geht es seit Herbst letzten Jahres sehr turbulent zu. Leider steigen die Beschaffungskosten für Gas europaweit immer weiter. Wir bei Yello können die hohen Kosten durch unseren vorausschauenden Gaseinkauf etwas abfedern, aber eben nicht ganz. Deshalb sind auch für deinen Vertrag die Beschaffungskosten gestiegen. Das führt zu einer Erhöhung deines Preises.

Dein aktueller Preis im Tarif Gas, Verbrauchspreis pro kWh:
5,93 Cent inkl. 0,95 Cent Umsatzsteuer.

Dein neuer Preis ab 1. Juli 2022 Verbrauchspreis pro kWh:
8,59 Cent inkl. 1,37 Cent Umsatzsteuer.
Das bedeutet: Ab 1. Juli 2022 erhöht sich dein Verbrauchspreis um 2,67 Cent/kWh brutto.
Der Grundpreis pro Monat bleibt bei: 15,99 € inkl. 2,55 € Umsatzsteuer.

Um dir eine mögliche Nachzahlung zu ersparen, haben wir deinen monatlichen
Abschlag schon auf 103,00 € angepasst.

Abschlagszahlung ab Januar 2021: 43,00 €, ab Oktober 2021: 67,00 Euro, ab Mai 2022: 76,00 €, ab Juli 2022: 103,00 €!
Die Juli-Erhöhung macht 27,00 € mehr im Monat aus, das sind 342,00 € mehr im Jahr.


Wir buchen den neuen Abschlag erstmalig zum 1. Juli 2022 und danach immer zum 1. eines Monats von deinem Konto ab.
Die Preisanpassung basiert auf Grundlage der mit dir in den AGB vereinbarten
Preisänderungsklausel. Natürlich hast du ein Sonderkündigungsrecht und kannst deinen Vertrag ohne Einhaltung der Kündigungsfrist bis zum 30. Juni 2022 in Textform kündigen....
Viele Grüße
dein Yello Team

Der aktuelle Istzustand im Portemonnaie der Berufstätigen, ermittelt vom wissenschaftlich durch die Böckler-Stiftung betreuten Lohnspiegel.de zwischen 23.März und 3. Mai 2022

Die stark gestiegenen Energiepreise bringen insbesondere Geringverdienende in Bedrängnis – rund zwei Drittel der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit einem Monatseinkommen unter 2.300 Euro brutto (Geringverdienende) sehen sich davon betroffen. In dieser Gruppe berichtet etwa ein Fünftel über „große finanzielle Schwierigkeiten“ in Folge der höheren Kosten für Heizenergie, Motorkraftstoffe und Strom. Zusätzlich geben in Abhängigkeit vom Energieträger jeweils 42 bis 50 Prozent an, auf andere Dinge verzichten zu müssen, um ihre Energierechnungen zu bezahlen.

Unter Beschäftigten mit einem höheren Monatsverdienst ab 4.000 Euro brutto (Besserverdienende) berichtet hingegen rund die Hälfte, dass sie sich die steigenden Kosten für Energie aufgrund ihres Einkommens bislang „ganz gut leisten“ können. Allerdings gibt auch in dieser Einkommensgruppe rund ein Viertel an, mindestens bei anderen Ausgaben sparen zu müssen.

Im mittleren Verdienstbereich zwischen 2.300 und 4.000 Euro (Normalverdienende) berichten schließlich jeweils 45 Prozent von Einschränkungen und rund jede*r zehnte von ernsthaften finanziellen Problemen. Rund ein Fünftel der Befragten gibt an, von den einzelnen Energiepreissteigerungen bislang nicht betroffen zu sein – zum Beispiel, weil die Stromkosten noch nicht gestiegen sind oder sie kein Auto besitzen.
(Dienende sind sie alle, ob "gering", "besser" oder "normal".)
PM zur Umfrage des Portals Lohnspiegel.de, an der sich 5.164 Beschäftigte beteiligt haben.
Lohnspiegel.de wird vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung wissenschaftlich betreut: Link

Das noch zu verabschiedende Energiesicherungsgesetzentwurf sieht vor:
Den Energieunternehmen wird im Fall einer Gaskrise zugesichert, dass sie die Preise für Gas anheben dürfen. (Art.1,§ 24 in der Formulierungshilfe). Als Voraussetzung dafür wird genannt, dass die "Alarm- oder Notfallstufe gemäß Notfallplan Gas" ausgerufen wurde, und von der Bundesnetzagentur eine erhebliche Verminderung der Gasimporte festgestellt.
Durch wen oder was die Alarm- oder Notfallstufe ausgelöst wird, spielt keine Rolle. Maßgeblich für die "staatlich garantierten Erhöhungen" des Gaspreises ist, das der "Notfallplan" Gas auf die Stufe "Alarm" oder "Notfall" gesprungen ist. "Alle hiervon betroffenen Energieversorgungsunternehmen entlang der Lieferkette (haben dann) das Recht, ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein angemessenes Niveau anzupassen“. Die WELT formuliert das in einer Kurzmeldung so: "Bei Gas-Embargos etwa sollen Energieversorger ihre stark steigenden Einkaufspreise sofort auf die Verbraucher abwälzen dürfen, heißt es im geplanten Energiesicherheitsgesetz. Andernfalls werde die Versorgung mit dem Brennstoff zusammenbrechen."

Ist es nicht Aufgabe der Politik sich vorrangig um die Belange der BürgerInnen zu kümmern? Müsste sie nicht zuallererst dafür sorgen, dass weder "die Versorgungssicherheit noch der "Markt kaskadenartig" zusammenbricht und steigende Gaspreise NICHT auf die VerbraucherInnen abgewälzt werden?
In der obigen Studie wurden die Auswirkungen der explodierenden Gaspreise lediglich bei steuerpflichtigen Berufstätigen untersucht, die mit 300 Euro Zuschuss abgefunden werden sollen. Wie aber steht es um die RentnerInnen, die GrundsicherungsempfängerInnen, die MinijobberInnen, AufstockerInnen und StudentInnen, die keinen Tropfen auf den heißen Stein im Wert von 300 Euro erhalten? Und wie sollen die Kommunen die Kosten, die auf sie zukommen, stemmen? Was passiert, wenn die Verbraucher ihre Gasrechnungen nicht bezahlen können? Und was, wenn die Produkte und Dienstleistungen der Gas- oder Ölintensiven Branchen wegen der explodierenden Preise nicht mehr konsumiert werden?

Statt „ganze Branchen einer drohenden Insolvenzwelle auszusetzen“ sei es sinnvoller, „Gasversorger im Notfall direkt zu stützen“, so der Chef des DIHK, Adrian. Der hatte schon am 5.5.22 mit Bezug auf eine Ölkrise gesagt, dass im Extremfall die Unternehmen gezwungen seien, aus Kostengründen ihren Betrieb stillzulegen. Seine Forderung: "Die Politik solle dies bei ihrer Entscheidung im Blick haben und gravierende Folgen für die Betriebe durch Unterstützungsmaßnahmen abfedern."
Unterstützungsmaßnahmen! Haben die BürgerInnen nicht mindestens das gleiche, tatsächlich aber doch wohl MEHR Recht auf diese Unterstützungsmaßnahmen um ihre explodierenden Energierechnungen abzufedern?!
"Man muss sich schämen, dass ein so reiches Land wie Deutschland es nötig hat, Tafeln zu haben," Wolfgang Weilerswist, Vorsitzender der Tafel NRW.
Zeit für eine Reichensteuer! "Internationale Organisationen und US-Millionäre fordern eine globale Reichensteuer. Damit reagieren sie auf die wachsende Ungleichheit, die durch die Pandemie noch verstärkt wird. Eine Reichensteuer solle weltweit 2,5 Billionen Dollar einkassieren." Focus, 19.1.2022 unter: Link

11. Mai 2022: Die Folgen der Deregulierung in den EU-Ländern] Der Preis der Energie Dossier bei labournet unter: Link

10.5.2022: NRW stellt Antrag auf Energiepauschale auch für Rentner, Studierende und Auszubildende
Die nordrhein-westfälische Landesregierung setzt sich dafür ein, dass die vom Bund geplante Energiepreispauschale von 300 Euro auch an Azubis, Studis und Rentner
ausgezahlt wird. Der Antrag soll am Mittwoch im Bundesrat eingebracht
werden, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Dienstag in Düsseldorf. Der Bundesrat tritt am Mittwoch, 11.5. zu einer Sondersitzung zusammen, um über das Entlastungspaket der Bundesregierung zu sprechen. Und was ist mit den Minijobbern ?

Quelle: Lohnspiegel + Hans Böckler-Stiftung, WELT; 10.5.22