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Brief an Christian Dürr, FDP: Bürgerversicherung und Spendierdose für Doppelverbeitragte?

Die einen so ... Foto: H.S.

14.11.2022 - von Horst Gehring

Horst Gehring an Christian Dürr, Mitglied des Deutschen Bundestags und Fraktionsvorsitzender der FDP:

... Für viele Rentner bedeutet die Inflation aber ein Desaster. Während Kanzler Scholz in Kairo die „Spendierdose“ öffnet und der Weltöffentlichkeit eine jährliche Finanzspritze für die Abwendung von Klimaschäden zusichert, warten Millionen von Direktversicherungsgeschädigten weiter auf eine Abschaffung der sogenannten Doppelverbeitragung in der betrieblichen Altersversorgung. Seit fast 18 Jahren erklärt man diesem Personenkreis, dass auf Grund der angespannten Finanzsituation dafür die Mittel fehlen. Der gleiche Politiker lehnte Anfang 2019 - als Finanzminister - die Finanzierung in Höhe von 2,5 Milliarden aus den o.g. Gründen dafür ab.

Vor allem Menschen für Menschen, die geringe Renten und keine Reserve haben, sind die Preissteigerungen ein Riesenproblem, weil sie überproportional viel von ihrem Geld für den täglichen Bedarf ausgeben müssen. ...

Durch meine tägliche ehrenamtliche Tätigkeit werde ich mit erschütternden Schicksalen konfrontiert. Schon seit Jahren unterstütze ich mit einer privaten Stiftung hilfsbedürftige Menschen im Raum Osnabrück!

Herr Dürr, der von mir sehr geschätzte Carl Ludwig Thiele hat bereits in einer Grundsatzrede im März 2004 im Deutschen Bundestag festgestellt, dass fast 90 Prozent der Politiker parteiübergreifend sich mit dieser Materie (Doppelverbeitragung) nicht auseinandergesetzt haben. Man scheut sich auch heutzutage nicht, Fake News wider besseres Wissen über das Gesundheitsmodernisierungsgesetz zu verbreiten. So etwas ist kürzlich einen „Juso“ aus der Ampelkoalition unterlaufen. Ich war der Meinung, dass die Ära von Donald Trump abgelaufen ist, aber man lernt ja nie aus!!! Dass es sich dabei noch um einen Sozialpolitiker gehandelt hat, hat mich sehr erschüttert. Dies beweist doch die Tatsache, dass einige Politiker fehl am Platze sind bzw. nicht mit „Herzblut“ ihre Aufgabe wahrnehmen!

Zu Recht sprechen Sie auch die Kosten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine an. Deutschland musste finanziell durch die vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise tief in die Tasche greifen. Die Wirtschaftsweisen bringen einen zeitlich erhöhten Spitzensteuersatz ins Spiel, um die Entlastungsmaßnahmen gegen zu finanzieren. Klingt interessant – doch vorher braucht es einen anderen Schritt.

Um 0,2 Prozent soll unsere Wirtschaft laut Prognose schrumpfen. Selbst bei der nun erwarteten milden Rezession ist die Kombination aus hoher Inflation, steigenden Preisen für Leben und Energie bei gleichzeitig schwindender Wirtschafts-Leistung denkbar schlecht. Sie wird unweigerlich zu spürbarem Wohlstandsverlust in der gesamten Wirtschaft führen.

So erlaube ich mir auf das GKV-Betriebsrentengesetz vom 01.01.2020 hinzuweisen.
Quelle: Mein Schreiben vom 04.11.2022, Seite 2.
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen sprach vierzig Prozent der Rentner eine Vergünstigung ihrer Beiträge ab. Die lapidare Begründung war seinerzeit, hier handele es sich um wohlhabende Rentenempfänger. Doch da beginnt das Problem: Wer ist reich? Nach gängiger Lesart sind das die obersten Einkommensreichsten = zehn Prozent der Bevölkerung. Die Definition, wer dazu gehört, mag überraschen: Nach einer Studie der deutschen Wirtschaft zählt ein Single ohne Kinder bereits mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.700 Euro dazu, ein Paar ohne Kinder mit 5.550 Euro. Sind Menschen mit solchen Einkommen wirklich schon reich? Was ist mit denen, die Schulden bei der Bank haben?
Es ist eine naive Vorstellung, die Finanzlücke des Staates mit neuen Steuern für „Einkommensreiche“ schließen zu können. Diese würden erheblich mehr Bürokratie nach sich ziehen – und würden ungerecht. Gerne würden meine Frau und ich auf das zusätzliche „Weihnachtsgeschenk von 330 Euro pro Person“ im Dezember verzichten, ein Umstand, der viel zu viel Bürokratie nach sich zieht! Im Prinzip müssten ja auch Immobilien, Autos oder andere Wertgegenstände berücksichtigt werden

Statt Bürger erst abzukassieren und dann das Geld umzuverteilen, wäre es doch einfacher, wenn die Ampel-Koalition Steuern senken würde. Es gibt da einige Möglichkeiten. Das würde die Bürger und auch den Staat auf einfache Weise entlasten.

Leider war mein Bundestagsabgeordneter bisher auf beiden Ohren taub. Lag es am Unvermögen oder Desinteresse? Eine mehrfache schriftliche Anfrage wurde mir bis dato nicht beantwortet. Ich war als Dreißigjähriger vor vierzig Jahren anders drauf!!!

Aas ist eigentlich eine auskömmliche Rente? Als Sozialexperte mag ich diesen Begriff nicht. Ich spreche lieber von einer „guten Rente“. Wobei „gut“ auch immer relativ ist. Auf jeden Fall haben Menschen, die ein Leben lang gearbeitet haben, automatisch eine Rente deutlich oberhalb des Grundsicherungsniveaus verdient. 12 Euro Mindestlohn waren da ein wichtiger Schritt, der aber nicht reicht. Es müssten dafür eigentlich mindestens 13 Euro sein. Ein großes Problem bleibt zudem, dass viele, die Anspruch auf Grundsicherung haben, diese Leistung gar nicht beantragen, wie meine Erfahrung es belegt. Die Menschen empfinden diesen Schritt als stigmatisierend, möchten keine Bittsteller sein. Auch hier muss sich manches verändern.

Ich möchte aber auch unmissverständlich auf die hohen Beamtenpensionen hinweisen, die deutlich über 2 Billionen Euro liegen.

Wir brauchen deutlich mehr „gute“ Einzahler. Es müssen künftig alle Erwerbstätigen in die Rentenversicherung einzahlen, auch Beamte, Selbstständige und Abgeordnete. Das Volk wünscht sich mehrheitlich eine Bürgerversicherung. Außerdem müssen wir die Vollzeit- Erwerbstätigkeit von Frauen deutlich anheben. Zudem brauchen wir Zuwanderer, um den Fachkräftemangel auszugleichen. Und es braucht mehr Geld vom Steuerzahler, um die nicht beitragsgedeckten Leistungen wie die Mütterrente zu finanzieren.

Es sei daran erinnert, dass der Staat seit 1957 bis dato 570 Milliarden Euro für Versicherungsfremde Leistungen aus dem Sozialkassen abgezweigt hat.

Das Problem ist: Viele Beschäftigte, die körperlich oder psychisch stark beansprucht sind, erreichen schon heute die Regelaltersgrenze nicht, müssen früher in Rente gehen und Abschläge hinnehmen. Ein Fakt, welcher z.B. Beamten fremd sein dürfte. Häufig geht es dabei auch um Menschen, die nicht besonders gut verdient haben. Wenn man nun sagt: „Alle müssen länger arbeiten“, trifft man auch diese ohnehin schon benachteiligten Arbeitnehmer. Das ist der falsche Weg.

Und welcher ist der richtige?
Es braucht besondere Regeln für jene, die einfach nicht bis 67 oder gar noch länger arbeiten können. An dieser Stelle wird es schwierig. Denn man muss definieren: Wo sind die Härtefälle? Wo zieht man bei einem differenzierten Rentenalter die Grenze? Selbst bei Gruppen wie den Beamten müsste man differenzieren. Da gibt es Unterschiede zwischen Menschen die in der Verwaltung arbeiten, und solchen, die als Polizisten vor dem Station stehen oder bei Demonstrationen im Einsatz sind. Ich bin mir aber auch der Tatsache bewusst, dass man für so eine Umsetzung einen Mindestzeitraum von ca. zehn Jahren einplanen muss. Das mein Vorschlag bei der FDP nicht gerade auf Zustimmung stoßen wird, dieser Tatsache bin ich mir bewusst. Ziehen wir aber Vergleiche mit unserem europäischen Nachbarn, so möchte ich schon das österreichische Modell favorisieren.

Das von mir dargestellte Modell habe ich bereits mit Inkrafttreten des Gesundheits-Modernisierungsgesetzes im Januar 2004 bei einer Gewerkschaftsveranstaltung in Osnabrück vorgestellt. Zwischenzeitlich plädiert auch der Präsident des Bundessozialgerichts, Prof. Schlegel, dafür. Ähnlich plädiert auch der Arbeitgeberpräsident Dr. Dulger für eine Bürgerversicherung. Aus seiner Sicht steht das Rentensystem vor dem Zusammenbruch!!!

Deutschlands bekanntester Rentenexperte Bert Rürup hat sich ebenfalls für eine Bürgerversicherung ausgesprochen. Bemerkenswert ist auch, dass viele junge Familien wegen der hohen Inflationsrate zurzeit keine Lebensversicherung abschließen können.

Ich würde mich über eine zielführende Rückantwort freuen.

Herzlich Grüße

Ihr Horst Gehring