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Direktversicherung: Mail an die Minister Lauterbach + Heil

Foto: H.S.

09.03.2023 - von Horst Gehring

Per E-Mail gesandt an
Herrn Minister Prof. Dr. Karl Lauterbach MdB
Herrn Minister Hubertus Heil MdB
06. März 2023

Sehr geehrte Herren Minister,

ich habe Verständnis dafür, dass ein tiefgehender und intensiver politischer Austausch zum o.g.Thema für viele Politiker angesichts der Vielzahl an Schreiben, die Sie und ihre Mitarbeiter/innen täglich erreichen, häufig schwierig ist. Auch in der Kommunikation mit Bürgern und Bürgerinnen hat die SPD ihre Schwierigkeiten.
Allerdings hat bereits der Osnabrücker Bundestagsabgeordnete Carl Ludwig Thiele/FDP die Unkenntnis von 80 bis 90 Prozent seiner Kollegen/innen bemängelt, die dem sogenannten Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 14.11.2003 zustimmten.

Quelle: Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht
15. Wahlperiode – 97. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 11. März 2004

In der Sache geht es darum, dass der Bundesgesetzgeber im sogenannten Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 14.11.2003 rückwirkend auch solche Direktversicherungen der Beitragspflicht für die GKV und PKV unterworfen hat, die nicht als Renten, sondern als Einmalbetrag ausgezahlt werden. Hintergrund war die Erwägung, jüngere Krankenversicherte von der Finanzierung des höheren Aufwands für die Rentner zu entlasten und die Rentner entsprechend ihrem Einkommen verstärkt zur Finanzierung heranzuziehen **. Die Entscheidung des Gesetzgebers wurde wegen besagter Rückwirkung teilweise erheblich kritisiert.

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** Hierzu klare Ablehnungen, u.a. von

- AOK Bayern:
„Die gesetzliche Krankenversicherung ist seit über 100 Jahren solidarisch und versichert Menschen unabhängig von ihrem Krankheitsrisiko. Es gibt Risikozuschläge, der Beitragssatz ist für alle Mitglieder gleich. Das hat sich bestens bewährt.“
Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen:
„Die solidarische gesetzliche Krankenversicherung mit über 100 – jähriger Geschichte kennt keine risiko- adaptierten Prämien“.

- Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch:
„Holetschek sollte nicht mit dem Feuer spielen. Das setzt Fliehkräfte frei, die wir nicht mehr beherrschen können. Ungleichbehandlung seitens der Krankenkasse wäre eine 180-Grad-Wende im Sozialgesetzbuch“

- Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery:
„Grundprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland bedeutet, dass wir nicht danach fragen, wie jemand zu seiner Erkrankung gekommen ist. Wir behandeln ja auch den Raucher. Wir behandeln den Skifahrer, der sich den Haxen gebrochen hat. Würde man diese Regelung für eine einzige Erkrankung verändern, wäre das, wie man sagt „die Axt an die Grundfesten unseres Sozialversicherungssystems“ legen.“

Bedeutet unmissverständlich die nicht mehr haltbare Begründung von Gesetzgeber und BVerfG zur Doppelverbeitragung wegen Ungleichbehandlung! Bestands- und Vertrauensschutz werden in eklatanter Weise nach Auffassung der Betroffenen verletzt.
In der Folgezeit haben sich zunächst das Bundessozialgericht (BSG) und anschließend in mehreren Fällen das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit der Frage auseinandergesetzt, ob eben diese Rückwirkung auf eine in der Vergangenheit liegende Entscheidung, nämlich die Auszahlung der Direktversicherung bei Fälligkeit auf einen Schlag (noch) zumutbar sei oder eben nicht.

Im Ergebnis hat das BSG die Sichtweise des Gesetzgebers als rechtskonform bestätigt, ebenso in mehreren Fällen das später hierzu angerufene BVerfG 1 :

§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003 (BGBI. I S. 2190) verstoße nicht gegen Art. 2 Art. 1 Grundgesetz in

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Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Kapitalleistungen aus betrieblichen Direktversicherungen könnten den Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 SGB V gleichgestellt und damit der Beitragspflicht unterworfen werden. Die im Beschäftigungsverhältnis wurzelnde, auf einer bestimmten Ansparleistung während des Erwerbslebens beruhende einmalige Zahlung einer Kapitalzahlung sei nicht grundsätzlich anders zu bewerten als eine auf gleicher Ansparleistung beruhende laufende Rentenleistung.

Im Gegensatz zu vielen Kollegen/Innen innerhalb des DGB habe ich die Rechtsauffassung vertreten, dass eine „Unechte Rückwirkung“ verfassungsrechtlich zulässig ist, wenn sie nicht unverhältnismäßig daherkommt.
Der Vertrauensschutz der betroffenen Versicherten werde dabei nicht unzumutbar beeinträchtigt:
1 Beschlüsse vom z.4.2008 (BvR 1924/07 und vom 28. September 2010 (1 BvR 1660/08)

Dieser Rechtsauffassung konnten viele Gewerkschafter nicht folgen, was letztendlich dazu führte, dass ihre eingereichten Klagen vor den Sozialgerichten abgewiesen worden sind, wie die o.g. Beschlüsse des BVerfG belegen. Die Krankenkassen mussten mir z.B. im Februar 2008 bestätigen, dass die Abfindung einer unverfallbaren Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung nach § 3 BetrAVG wie die Abfindung von unfallbaren Anwartschaften durch vertragliche Bestimmungen weiterhin nicht als Arbeitsentgelt im Sinne der Sozial-versicherung gelten, wenn sie wegen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt werden. Die Prüfung, ob die Abfindung von dem aktuellen oder einem früheren Arbeitgeber geleistet wird, war nicht erforderlich. Ein solcher Zusammenhang war auch hier anzunehmen, wenn der Versicherte das 59. Lebensjahr vollendet hatte.

Unsere Rechtsauffassung in Bezug auf zusätzliche Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge bei Versorgungsbezügen, Betriebsrenten, Zusatzversicherungen berufsständischer Versorgungswerke und Direktversicherungen, dass hier ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes vorliegt, wurde höchstrichterlich nicht bestätigt. Vor diesem Hintergrund haben wir aber bereits 11 Jahre vor Gründung des DVG die Rückgängigmachung der verloren Gelder der Betroffenen geltend gemacht. Der weitere Verlauf ist hinreichend bekannt.

Nicht des zum Trotze ist ein Gegensteuern des Gesetzgebers nur bedingt am 01.01.2020 in Kraft getreten. Das Ziel des Ausbaus der privaten Altersversorgung konnte bis dato nicht erreicht werden. Das Vertrauen in die Politik konnte nicht zurückgewonnen werden. Dieses Vertrauen sei insbesondere dadurch verloren gegangen, dass freiwillig versicherten Rentnern mit dem Gesundheitsstrukturgesetz aus dem Jahre 1993 gemäß § 240 Abs. 3a SGB V Bestandsschutz gewährt worden sei, der ihnen zehn Jahre später wieder entzogen wurde.

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Zu Recht beklagen die Betroffenen, dass für einmalige Kapitalauszahlungen bis zum 31.12.2003 Beitragsfreiheit bestanden habe und für derartige Leistungen, ohne Übergangsregelung, ab dem 1. Januar 2004 der volle Beitragssatz verteilt über zehn Jahre zu zahlen sei. Solche erheblichen finanziellen Einschnitte seien nur dann akzeptabel, wenn den Betroffenen die Kürzungen so rechtzeitig bekannt seien, dass ihnen ausreichend Zeit geblieben wäre, entsprechende Vorsorge zu treffen. Da die Einschnitte für die jetzt Betroffenen nicht vorhersehbar gewesen seien, hätte sie keine Vorsorge mehr treffen können.
Zudem empfänden viele Arbeitnehmer es als ungerecht, dass durch die Neureglung teil-weise noch einmal Sozialversicherungsbeiträge bei der Auszahlung fällig würden, obwohl die Einzahlung aus bereits verbeitragten Lohnbestandteilen erfolgt sei.

Es ist daher ein schwacher Trost, wenn kluge Köpfe anschließend sagen, ein jeder muss sich über seine Verträge selber informieren!!!

Bei allem Verständnis für die persönliche Situation dürfen die rechtlichen Rahmenbedingungen nicht ignoriert werden. Was allerdings im Jahr 2004 nicht bemängelt wurde ist folgender Umstand:
Leistet ein Arbeitgeber Beiträge für eine Direktversicherung zur betrieblichen Altersversorgung des Arbeitnehmers, können diese Beiträge nicht gepfändet werden, selbst wenn die entsprechende Vereinbarung zur Entgeltumwandlung erst getroffen wurde, nachdem die Lohnpfändung bereits erwirkt war.
Das BAG stellte wie schon die Vorinstanzen klar, dass Beiträge zur Altersversorgung, die von dem Arbeitgeber im Wege der Entgeltumwandlung für die Direktversicherung gezahlt werden, kein pfändbares Einkommen nach § 850 Abs. 2 ZPO darstellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn kein höherer Betrag eingezahlt wird als im BetrAVG vorgesehen, also nicht mehr als 4 % der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung.
(BAG, Urteil v. 14.10.2021, 8 AZR 96/20).

Bereits in meinem ersten Widerspruchsverfahren für einen ver.di Kollegen im Januar 2004 betonte ich im Osnabrücker Kreisvorstand, wie respektlos die „Sorgen und Nöte“ von Millionen Betroffenen nach wie vor von den politischen Verantwortlichen ignoriert werden. Per Dekret wurde über Nacht eine Entscheidung von Rot-Grün getroffen, ohne die Vorsorgenden darauf hinzuweisen. Ein großer Teil von angehenden Ruheständlern wurde so um ihre Ersparnisse gebracht.
Bereits in den 70er Jahren gab es viele Menschen, die sagten, weil die Rente nicht reicht sorgt für euer Alter vor. Sie sind vor allem des Gesetzgebers „Altersvorsorge Direktversicherung“ gefolgt und haben dem Lockvogel „pauschal versteuert“ und oft auch sozialpflichtig verbeitragt aus ihrem Einkommen Geld in eine Lebensversicherung mit

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der Vertragsgrundlage „Einmalzahlung ohne Rentenwahlrecht “eingespeist. Ab dem 01.01.2004 wurden jedoch die sozialversicherungspflichtigen Beiträge gegen den Willen der Betroffenen herangezogen, da ohne Hinweis durch Arbeitgeber an ihre Mitarbeiter die Vertragsgrund-lagen nachträglich (!) durch den Gesetzgeber geändert wurden. Vertrauen wurde auf das Gröbste missbraucht, denn die Betroffenen erfuhren erst nach Kapitalauszahlung, dass ihre Einmalzahlung jetzt als „Kapitalabfindung“ bezeichnet und damit einer betrieblichen Altersversorgung gleichgesetzt wurde. Absurder kann man seine Bürger nicht mehr hintergehen!

Abgesehen von der finanziellen Seite, das Grundproblem besteht für mich darin, dass diejenigen, die im Vertrauen auf das, was Vater Staat gefordert hat, und was wir alle wollen, nämlich Selbstvorsorge treffen, im Anschluss für diese Maßnahmen im Grunde genommen, ja, bestraft werden.
Im Gegensatz zu vielen Anwälten habe ich meinen Kollegen im Januar 2004 die Aussichtslosigkeit eines Sozialgerichtsverfahren erklärt. So schlug ich folgen Weg vor:

Unter Ausschöpfung aller juristischen Möglichkeiten wählten wir ein Widerspruchsverfahren gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse. Hier muss die jeweilige Krankenkasse innerhalb von drei Wochen eine Entscheidung treffen. Im Widerspruchsverfahren gegenüber der AOK erzielte ich für unseren Kollegen bereits im März 2004 einen positiven Erfolg. In umfangreicher Erörterung der Sachlage wurde unser Kollege von der Beitragspflicht über 120 Monate verbindlich befreit. Die ausgezahlte Summe in Höhe von ca. 55 000 Euro musste nicht verbeitragt werden.

Gut ein Jahr nach dem Abzug der britischen Streitkräfte von Osnabrück im Jahr 2009 zog das ver.di Kompetenzteam eine positive Bilanz ihrer geleisteten Arbeit. In Zeiten, in denen durch politische und wirtschaftliche Auseinandersetzungen turbulent zugeht, haben Werte wie Vertrauen und Sicherheit in unsere Arbeit wieder eine größere Bedeutung gewonnen.
So konnte man feststellen, dass bei einer Standortauflösung von solchem Ausmaß eine starke Gewerkschaft von Nöten ist, um die berechtigten Interessen gegenüber der Agentur für Arbeit oder den gesetzlichen Krankenkassen durchzusetzen.
Mit Stolz konnte man nun feststellen, dass die Forderungen der gesetzlichen Krankenkassen aus der arbeitgeberfinanzierten Altersvorsorge § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ohne Klagen vor dem Sozialgericht entschieden werden konnten.
Das ver.di Kompetenzteam verhandelte professionell mit vierzig gesetzlichen Krankenkassen und erzielte für ca. 300 Arbeitnehmer/innen eine Gesamtsumme in Höhe von ca. 1.800 000 Euro. Kritikern unserer Arbeit sei ins Stammbuch geschrieben, dass eine Klage vor dem hiesigen Sozialgericht aussichtslos war und eine Laufzeit von ca. 3 Jahren nach sich gezogen hätte.
Quelle: ver.di Bund/Länder/Journal 10/2010. Dabei konnte durch eine saubere juristische Ausarbeitung der Befund des BVerfG aus dem Jahr 2008 (Siehe Seite ) umgangen werden.

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Das sich dieser juristische Einsatz dennoch gelohnt hat, möchte ich noch einmal kurz begründen: Zusammenfassend ist festzustellen, dass mehrere Betroffene mit dieser Situation genauso unzufrieden waren, teilweise über Verbände, gegen diese Belegung der Auszahlungssumme mit Sozialbeiträgen geklagt haben. Die deswegen geführten Musterstreitverfahren sind vom Bundessozialgericht (BSG) wie bereits betont, inzwischen alle entschieden worden; zu Ungunsten der Kläger. Auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 7. April 2008 beschlossen, mehrere Verfassungsbeschwerden auf Versorgungsbezüge wegen Aussichtslosigkeit nicht zur Entscheidung anzunehmen.

Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff sagte in einer Stellungnahme am 22.12.2011 in einer Kreditaffäre: „Nicht alles, was juristisch Rechtes ist, ist auch richtig“

Respektlos sind in meinen Augen Personen, wenn diese glauben aufgrund ihrer Stellung vor allem die von ihren Entscheidungen abhängigen Menschen nach eigenem Sinn „befehlen“ zu wollen. Schlimm wird es, wenn die Entscheidung persönlich sie nicht betrifft bzw. sich dabei Vorteile auf Kosten anderer verschaffen. Zum Beispiel unsere Abgeordneten, die sich in Abhängigkeit von Lobbyisten begeben und/oder gegen ihr Gewissen der Parteiräson folgen zum Nachteil eines bestimmten Personenkreises.

Hier greife ich besonders den Osnabrücker SPD-MdB Manuel Gava an, der vor der Bundestagswahl als selbsternannter „Sozialexperte“ sich großspurig für die Abschaffung der Doppelverbeitragung eingesetzt hat. Gezielte Anfragen zur betrieblichen Altersversorgung werden seit erfolgreichem Einzug (mit einem Direktmandat) nicht mehr beantwortet. Ob ihn dazu die nötige Qualifikation dazu fehlt, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist jedenfalls, dass er mit diesem Wahlversprechen tausende Stimmen von Betroffenen erhalten hat!

Trotz aufgetürmter Probleme durch unverzeihliche Versäumnisse in 19 Jahren Bundestagszugehörigkeit / Regierungsverantwortung von Rot/Grün bzw. Koalition mit CDU/CSU darf eine inzwischen 19 Jahre alte Ungerechtigkeit nicht ignoriert werden, wie sie es und viele Abgeordnete des Deutschen Bundestages glauben, einen unverzeihlichen Willkürakt mit falschen Versprechungen sparenden Bürgern durch Aussitzen verdrängen zu können. Das ist respektlose Politik, eine bewusst herbeigeführte, damit politisch zu verantwortende Diskriminierung der betroffenen Bürger beim wichtigen Thema „finanzielle Absicherung für den Lebensabend“.
Wie würden Sie, Ihre Parteifreunde, alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages reagieren, würde der Souverän Ihre Altersversorgung hier ohne Eigenleistung vom Steuerzahler, rückwirkend um 20 % kürzen?
Dazu Zitat Dr. Katarina Barley/SPD:
„Was Du nicht willst, dass man Dir tut, das füg` auch keinen anderen zu.“

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Als ehemaliger Sozialexperte habe ich immer betont, dass sich eine Betriebsrente nur für Arbeitnehmer mit einem hohen Steuersatz lohnt oder der Arbeitgeber mindestens 20 Prozent beisteuert.
Für mich sind Versicherungen bzw. die AG in der Pflicht zu informieren, das bei der „Raumpflegerin“ zu erwarten ist zu viel verlangt. Sollte zumindest unser Standpunkt sein. Andere behaupten ja bis zum Beweis des Gegenteils.

Als langjähriges SPD-Mitglied war ich aber von den Versprechen meiner ehemaligen Partei sehr enttäuscht. Von Parteitagsbeschlüssen, Anträgen und sonstigen wohlwollenden Schreiben und Versprechen blieb es letztendlich nur bei heißer Luft. Das gilt ebenso für Bündnis 90/Die Grünen, die FDP sowie die CDU/CSU.

Lediglich die Linken, an der Spitze der rentenpolitische Sprecher der Linken, Matthias W. Birkwald und der Fraktionsvorsitzende der Linken im Deutschen Bundestag, Dietmar Bartsch versorgen seit ca. 2015 die Betroffenen sowie die überregionale Presse mit wertvollen Hinweisen. Sei es nun die betriebliche Altersversorgung, Altersarmut, rentenpolitische Themen bis hin zu einer Bürgerversicherung nach Österreichischen Modell.

So kann man im Internet verfolgen, dass Lothar Binding, ehemaliger finanzpolitischer Sprecher der SPD dem Mut hatte, am 26. Juli 2014 die Einladung zum Stadtschreibtisch- Gespräch mit Thema „Die Wut bleibt“ in Stuttgart anzunehmen. Zahlreiche andere Politiker lehnten sie mit fadenscheinigen Begründungen ab. Vor einhundert enttäuschten Rentnern erklärte er die Entscheidung zur Einführung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes zum 01.01.2004.

„Emotional war der Weg verkehrt. Doch ich muss ehrlich zugeben, dass es keine andere Idee gab, um das Loch in der gesetzlichen Krankenkasse zu stopfen“, sagt Binding, der trotz der aufgebrachten Menge ruhig bleibt und beschwichtigt. Den Betriebsrentnern sei es gut gegangen, deshalb wurde das Modell gewählt.“

Leider gibt es nach 19 Jahren Gesundheitsmodernisierungsgesetz auch Stimmungsmacher in der SPD, ja es gibt Momente, da bleibt einem selbst als hartgesottenen Gewerkschafter die Spucke weg. Hinweise zu „Stolpersteinen in der Sozialgesetzgebung“ werden in der Ampel-Koalition nicht mehr wahrgenommen. Sei es nun um Klärungsbedarf, wenn es z.B. über die Riester - Rente und offene Fragen geht. Vergeblich habe ich z.B. versucht über den örtlichen MdB Klarheit über bestimmte Rechtsfragen in der Altersversorgung zu bekommen. Seit November 2021 schweigt man sich in Berlin aus. Man langt sich an den Kopf, denkt sich: Das gibt es doch nicht! Man schaut noch mal hin, dann noch mal, und wenn man dann immer noch nichts anderes sieht, denkt man, es müsse Satire sei, ein böser Witz. Und es braucht eine Weile, bis man sich eingesteht – es ist Realität.

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Es ist ein politischer Suizid vor laufender Kamera, wenn ich an die unglückliche Äußerung von Elfriede „Elfie“ – Handrick vom Vorstand der SPD-Wustermark in Wahlkampf in Brandenburg denke. Bekanntlich hat sie im Wahlkampf am 13.08.2019 sichtlich genervt vor laufender Kamera des ZDF gesagt: „Ich finde es nicht richtig, dass man immer die Sorgen und Nöte der Bevölkerung ernst nehmen muss. Was haben die denn für Sorgen und Nöten?“

Nur zu gut erinnere ich mich an das Lachen bei Abgeordneten der SPD, als Carl-Ludwig Thiele (FDP) die von Rot – Grün und Union am 1.12.2004 beschlossene kalte Enteignung vorgetragen hat.
Dankbar sein muss man auch den Journalisten vom ZDF, dass sie diese Stelle tatsächlich gesendet haben und die Selbstentblößung der Genossin nicht mit dem Tuch der Schere verdeckt, also weggeschnitten haben. Eigentlich muss man Handrick deshalb dankbar sein. Sie liefert Klartext! Und spricht das aus, was die Obergenossen nur denken, -- zumindest legt ihr Verhalten nahe, dass sie sich, wenn die Kameras ausgeschaltet sind, ähnlich äußern. So sind etwa Aussagen wie diese in Hintergrundgesprächen zu hören: „Wir machen so tolle Politik, aber den Leuten geht es zu gut, sie sind zu verblödet, sie kapieren das nicht.“

Bewusst komme ich noch einmal auf einen Schriftverkehr mit Frank Bsirske im Januar 2022 zurück, wo ich beklagt habe, dass Betriebsrenten nachträglich mit dem Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag belegt werden. Frank Bsirske teilte mir daraufhin mit, dass die Grünen die Freibetragslösung, die die vorige Bundesregierung geschaffen hat, unterstützen und sie keinen weiteren Handlungsbedarf mehr sehen.
Dagegen fordert Paus Anfang März 2023 mehr Respekt für Ältere.

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Die Grünen) hat einen Mangel an Respekt gegen über Älteren beklagt. „Zu viele ältere Menschen haben den Eindruck, dass sie nicht gewollt sind, dass ihre Lebensleistung nicht anerkannt wird“ erklärte Paus. „Dabei hat die ältere Generation nach dem Weltkrieg Unglaubliches geleistet“, so die Ministerin.
Es bleibt daher abzuwarten, wie dieses Problem gelöst werden kann. Mein Hinweis im November 2021, dass die Summe in Höhe von 4 Milliarden Euro besser für die Abschaffung der maroden Riester Rente verwendet werden sollte, erschien Herrn Manuel Gava (MdB) von der SPD wohl nicht opportun. Auch weitere Anregungen wurden einfach ignoriert.

Das Problem ist, dass der Verzicht auf eine Verbeitragung von Betriebsrenten größere Löcher in die Sozialkassen reißen würden, was einen Beitragsanstieg zur Folge hätte. Deswegen haben wir uns damals für die Einführung eines Freibetrages eingesetzt, der nun auch gesetzlich verankert ist. Das Bundesgesundheitsministerium hatte im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens damit gerechnet, dass dieser zu Beitragsmindereinnahmen von 1,1 Milliarden Euro führen wird (ein vollständiger Beitragsverzicht hätte über 4 Mrd. Euro Mindereinnahmen gebracht). Damit können wir leben.

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Die Rentner aber nicht, die die hohen Inflationskosten stemmen müssen!!!

Des Weiteren nehme ich Bezug auf zwei Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 25. Juli 2018.
Hier schreibt Ihr Berliner Büro an eine Betroffene: „Unser Ziel ist es, dass die Bezieher von Betriebsrenten künftig – wie dies ja auch bei der gesetzlichen Rentenversicherung der Fall ist – nicht den vollen, sondern nur den halben Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung tragen müssen. Ich kann Ihnen versichern, dass an einer Lösung gearbeitet wird.“ Sehr geehrter Herr Minister Heil, ich habe einige Zeit in Mittel- und Südamerika gearbeitet, aber wir schreiben jetzt das Jahr 2023. Von einer „Bananenrepublik“ bin ich derartige Schreiben gewohnt, nicht aber in der Bundesrepublik Deutschland.

Am 21. September 2018 lassen Sie durch das Bonner Büro der gleichen Kollegin mitteilen, dass Sie sich nun dafür einsetzen, dass Betriebsrentner künftig – wie dies ja auch bei der gesetzlichen Krankenversicherung der Fall ist – nicht den vollen, sondern nur noch den halben Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung tragen müssen. Diese Regelung würde sich in erster Linie auf Pflichtversicherte auswirken. Es spräche aber einiges dafür, freiwillig Versicherte hinsichtlich ihrer Einkünfte aus betrieblicher Altersversorgung dann nicht anders zu behandeln.

Auch diese Gelder werden dringend für einen angemessenen Lebensstandard benötigt. Ich frage mich als Sozialexperte daher, wie glaubwürdig ist die die Politik der SPD noch?

Eine ähnliche Frage möchte ich an Prof. Dr. Karl Lauterbach weiterleiten. Kurz nach Inkrafttreten des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes haben Sie die sogenannte „Doppelverbeitragung angekreidet. Ich darf Sie an Ihre Bundestagsrede vom 11.10.2018 zu Krankenversicherungsbeiträge für Betriebsrenten erinnern. Sie waren lange Jahre selbst Anhänger einer Bürgerversicherung.

Selbst im Wahlprogramm 2021 hat die SPD damit geworben, dass sie sich für die Abschaffung der Doppelverbeitragung stark macht. Vor Andrea Nahles hat bereits Martin Schulz im Jahr 2017 dafür geworben. Auf dem Außerordentlichen SPD-Parteitag in Dortmund habe ich dieses Versprechen für bare Münze genommen. Zwischenzeit haben uns Millionen von Stammwählern verlassen, weil auf die Aussagen der Arbeiterpartei kein Verlass mehr ist.
Die Politik muss sich nicht wundern, wenn die Politikverdrossenheit weiter zunimmt. Schon im September 2022 sicherte Kanzler Scholz bei einer Bürgeranhörung in Essen den „Opfern des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes“ eine fiskalische Lösung des Problems Doppelverbeitragung zu. Zwischenzeitlich fühlen sich viele Betroffene von der SPD verschaukelt. Mit Recht sprechen Ältere schon von einer „Biologischen Lösung“ ihrer berechtigten Forderung.

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So eine Hinhaltetaktik haben die Betroffenen, davon viele SPD-Stammwähler nicht verdient!!!
Natürlich fehlen diese Gelder in der Geldbörse unser Arbeitnehmer/Innen. Eine Familie lasse sich damit kaum ernähren, zudem sei massenhafte Altersarmut programmiert.

Unverständlich ist für mich auch, warum sich die Bundesregierung nicht an starken umlagefinanzierten Alterssicherungssystemen orientiert, wie es sie in Österreich gibt. Dort zahlen alle Erwerbstätigen in die Rentenversicherung ein.

Ein weiteres Problem ist die Ungleichbehandlung von Rentnern und Pensionären durch den Staat: Betriebsrentengesetz § 16 Absatz 5 – Rente –

Schuld daran ist ein Gesetz, das viele nicht kennen und nicht einmal Rentenexperten im Blick haben, das Betriebsrentengesetz. Darin gibt es einen Passus, der die Erhöhung der Betriebsrenten regelt. In Paragraf 16 heißt es da „Der Arbeitgeber hat alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen“ und dann gegebenenfalls zu erhöhen. Da um den Jahreswechsel wurde der Paragraf um den Absatz 5 ergänzt, der besagt: „Die Verpflichtung nach Absatz 1 entfällt, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die laufenden Leistungen jährlich um wenigstens eins vom Hundert anzupassen.“ Im Klartext: Verantwortlich dafür ist nicht der Gesetzgeber, sondern auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.
Es ist ein alter Hut und bezieht sich auf die breit genutzte Möglichkeit, Betriebsrenten in der Auszahlung nur zu 1% p.a. anzupassen.

Da ver.di und auch die Parteien im Deutschen Bundestag, außer die Linke, sich weiter zu der Thematik ausschweigen, müsste der Klageweg bis zum BVerfG in Erwägung gezogen werden.
Erfreulicherweise kann ich mich daher wieder einmal auf unseren Rentenexperten Matthias W. Birkwald (Die Linke) verlassen, der neben der Bürgerversicherung auch dieses Problem auf dem Schirm hat.
Das Team von Matthias Birkwald wird noch vor dem Sommer dazu und einigem mehr einen Antrag entwerfen.
Nach 19 Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit für die Betroffenen des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes muss ich feststellen, dass nach unzähligen Gesprächen mit Betroffenen die Kommunikation vor allem mit SPD-Politikern einen Tiefpunkt erreicht hat. Viele Menschen im heutigen Parteienspektrum fühlen sich von niemanden mehr vertreten.

Lange vor Björn Engholms Rücktritt von allen politischen Ämtern im Jahr 1993 beklagte er als Ministerpräsident von Schleswig-Holstein den Verlust von Millionen SPD-Stammwählern. Einer der Gründe war die Kommunikation mit den treuen Stammwählern.

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Ähnlich äußerte sich Malu Dreyer, Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, im November 2017. Auch sie bemängelte die Kommunikation ihrer Parteifreunde mit Bürgern und Bürgerinnen. In einem Schreiben gab sie einem Bürger recht, dass es nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben darf.

Auch Karl Lauterbach scheint aus den Fehlern seiner Vorgänger nichts gelernt zu haben. Der Staat holt sich sein Geld von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern, oder macht eben neue Schulden.

Die CDU hat ihre Quittung für ein Wahlversprechen bekommen.
Der 31. Parteitag der CDU im Dezember 2018 in Hamburg hat zur betrieblichen Altersvorsorge folgenden Beschluss gefasst:

Beschluss C 37:
„ Die CDU Deutschlands fordert eine Reform der Sozialabgaben, die auf Beträge zur privaten Altersvorsorge erhoben werden. Es soll künftig sichergestellt werden, dass Arbeitnehmer oder Selbstständige, die Entgeltumwandlung zur privaten Altersvorsorge nutzen, nicht doppelt belastet werden.“
Der mehrheitliche Beschluss wurde durch Kanzlerin Angela Merkel im Jahr 2019 für Null und Nichtig erklärt.

Das gleiche Schicksal kann die SPD erleiden, wenn Kanzler Olaf Scholz nicht zeitnah die versprochene fiskalische Lösung zur Abschaffung der Doppelverbeitragung auf den Tisch legt. Nach Zusagen müssen auch einmal Taten folgen!!! Das sollte sich auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) zu Herzen nehmen.

Im Fall einer Eskalation des Ukraine-Krieges und immer neuer Sanktionen kann die Inflationsrate sogar Richtung zehn Prozent gehen. Unterm Strich verlieren Rentner also erneut Kaufkraft. Wenn die Inflation die Rentner noch härter trifft, werden sie der Ampel-Koalition die rote Karte zeigen. Auch die SPD hat die Macht der Rentner in NRW verspürt, wo die Union die Regierungsgewalt übernommen hat. Man sollte diese Wählerschaft nicht unterschätzen.

Diese Missachtung zeigt: In diesem Staat läuft etwas katastrophal schief. Die Politik ist dabei, ihre Legitimation zu verlieren, wenn Kanzler Scholz seine Versprechen vom 24. September 2021 in Münster nicht umsetzt.

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Mahnende Worte hat es über Jahre immer wieder gegeben. Geholfen hat es nicht. Die Ampel-Koalition ist geprägt von einem „Weiter-so.“ In den Kernpunkten haben die Bürger/innen ein sehr genaues Koordinationssystem für Werte. Es geht um Moral, Ehrlich- und Glaubwürdigkeit, ein gerechtes soziales System, zielorientierte und nachhaltige Politik. Dieses Koordinationssystem hat die Ampelkoalition in weiten Teilen längst verlassen. Es geht fast nur noch um Macht und darum, den eigenen Geldbeutel zu füllen. Es geht nur darum, dass z.B. Beamte und Staatssekretäre wie im Jahr 2021 gut versorgt werden und das Volk den Gürtel enger schnallen muss.

Hier erwarte ich ein klares Feedback.

Noch heute höre ich die abfällige Bewertung des Genossen Peter Dreßen (SPD) bei der Abstimmung in der 83. Sitzung am 1. Dezember 2004 zum Antrag der FDP zur Rückgängigmachung zum GMG. „Elfie“ Handrick (SPD) lässt grüßen.

Einen intensiver Austausch mit Herrn Dürr (FDP) betrachte ich als sehr aufschlussreich. Gemeinsam mit Matthias W. Birkwald kommen wir zu der Erkenntnis, dass sich die FDP offenbar innerhalb der Koalition um eine Lösung noch in dieser Legislaturperiode bemüht. Auch Herr Dürr hinterließ den Eindruck, dass die Liberalen ein Erfolgserlebnis erwirken möchten.

Daran muss sich die Ampel-Koalition messen lassen müssen.

Deshalb wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie sich in den anstehenden Beratungen ernsthaft mit meinem Anliegen beschäftigen würden und wenn auch externer Sachverstand diesen Punkt einmal beleuchten und dazu Stellung nehmen könnte.

Mit freundlichen Grüßen
Horst Gehring

Quelle: Horst Gehring