Diskriminierung melden
Suchen:

Aus der Presseschau des Deutschlandfunks zur Bundestagswahl

24.02.2025

„Auf den erfreulich kurzen Wahlkampf folgt hoffentlich eine kurze Regierungsbildung als Zeichen, dass der Ernst der außen- und wirtschaftspolitischen Lage erkannt ist. Um das Wesentliche zu verabreden, muss ein Monat reichen, wie früher oft. Ein detaillierter Koalitionsvertrag garantiert schließlich keine gute Regierung, das hat die Ampel bestätigt.
Daher sollte der wahrscheinliche nächste Bundeskanzler Friedrich Merz alles tun, um schon durch straffe Koalitionsgespräche positiv zu überraschen. Startklar zu Frühlingsbeginn im März statt erst Ostern weit im April? Das wäre ein Signal an die Bürger und in die Welt, dass in Berlin frischer Wind weht – ein nicht zu unterschätzender psychologischer Effekt“, betont die F.A.Z.

Auch der MANNHEIMER MORGEN blickt voraus: „Friedrich Merz wird die AfD nur in Schach halten, wenn er ab sofort gegenüber den Akteuren der politischen Mitte versöhnend, vermittelnd und besonnen auftritt.
Zuletzt beleidigte er sie als ‚linke Spinner‘. Eine kluge Taktik gegen die weitere Spaltung der Gesellschaft ist daraus nicht abzuleiten. Der Weg zueinander – in welcher Konstellation auch immer – wird für alle Beteiligten ein großer Sprung über den eigenen Schatten. Es gibt keine andere Wahl“, betont der MANNHEIMER MORGEN.

Die JÜDISCHE ALLGEMEINE vermerkt: „Fest steht, dass sich – bei welcher Koalition auch immer – ein Scheitern wie bei der Ampel nicht wiederholen darf. Die rechtsextreme AfD hat in den letzten dreieinhalb Jahren fast doppelt so viele Stimmen gewinnen können wie zuvor. Die demokratischen Parteien mögen es leugnen, aber es ist eine Binse: Die Extremisten von rechts und links sind nur so stark, wie die etablierten Parteien sie werden lassen. Es wird Aufgabe von Friedrich Merz sein, diese Entwicklung zu stoppen“, mahnt die JÜDISCHE
ALLGEMEINE.

Auch die FRANKFURTER RUNDSCHAU warnt: „Gerade jetzt, in Zeiten einer verunsicherten Bevölkerung, einer strauchelnden Wirtschaft und des drohenden Zerbrechens sicher geglaubter transatlantischer Allianzen braucht Deutschland Stabilität und Handlungsfähigkeit. Gelingt der Schritt hin zu mehr Kompromiss und Konsens nicht, droht die nächste Bundestagswahl erneut eine vorgezogene zu werden. Was das Ergebnis einer solchen Wahl für die Stabilität Deutschlands bedeuten würde, mag man sich gar nicht ausmalen.“

Das größte Plus erzielte die AfD. Dazu schreibt die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG: „Zwar zieht 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs eine rechtspopulistische Partei mit verdoppeltem Stimmenanteil in den Deutschen Bundestag ein – aber das ist in Ordnung. Es ist insoweit in Ordnung, weil Millionen Deutsche ihr ihre Stimme gegeben haben, frei in ihrer Entscheidung, frei in ihrer Wahl, frei informiert und auch im Wissen um die Gefahren, die andere in der AfD sehen. Von Unkenntnis oder Manipulation kann keine Rede sein. Die Wähler
wollten es so. Eher ist es die AfD, der es schwer gemacht wurde, und die ihr Ergebnis gleichwohl steigerte“, erläutert die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG.


Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG nimmt die Außenpolitik in den Fokus: „Die Deutschen haben gewählt,
aber Deutschland hat keine Wahl. Das ist eine bittere Wahrheit zu Beginn dieser Woche, in der sich der russische Angriff auf die Ukraine zum dritten Mal jährt. Und Europa scheinbar hilflos vor dem Scherbenhaufen steht, der einmal das transatlantische Bündnis war. Die gesamte Friedensordnung steht jetzt infrage, in der Europa zusammengewachsen und gediehen ist. Die Liste drängender Probleme war schon lang: Rezession, Demografie, Migration, Infrastruktur, Klimawandel. Doch all das ist jetzt überholt worden von der existenziellen Bedrohung, die von Putins Imperialismus kombiniert mit Trumps Zerstörungswut ausgeht. Diese Bedrohung zwingt unmittelbar zum Handeln. Unabhängig davon, wer die Bundesregierung prägen wird: Sie muss künftig eine nie gekannte Verantwortung für Europa übernehmen."