2014 hieß das Geldausgeben im großen Stil Rettungsschirm
23.04.2025 - von Hanne Schweitzer
23.4.2025: Bis Ostern, so ließ Herr Merz verlautbaren, würde es eine neue Regierung geben
Und was ist? Ostern vorbei, keine Regierung da. Die CDU wird auf einem kleinen Parteitag erst Ende April über den Koalitionsvertrag abgestimmt. Bei der SPD haben die Mitglieder vom 15. April bis zum 29. April Zeit. Am 25. März 2025 trat der 21. Deutsche Bundestag zu seiner ersten, konstituierenden Sitzung zusammen. Zweieinhalb Monate nach der Bundestagswahl soll CDU-Chef Friedrich Merz am 6. Mai vom Bundestag zum Kanzler gewählt werden.
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Die letzte Bundestagswahl fand am 23. Februar 2025 statt. Anders als gehofft, konnte Wahlsieger Friedrich Merz keine absolute Mehrheit für die CDU gewinnen. Er ist auf Koalitionspartner angewiesen. Als eventuelle Partner im Bundestag sind verfügbar: AfD, SPD, Grüne und Linke. Mit der AfD will er nicht, mit den Linken auch nicht, mit den Grünen will seine Schwesternpartei CSU nicht, also bleibt die SPD, mit der haben CDU/CSU schon etliche Jahre die Regierungsbank gedrückt. Schnittmengen sind vorhanden.
Zwei Parteien, nicht fünf wie in Belgien oder drei wie in Österreich. Das müsste schnell gehen. Merz sprach von "zügigen Verhandlungen".
Wie eine Art Hilfestellung für Politfunktionäre veröffentlichte die Neue Zürcher Zeitung am Tag nach der Wahl eine Seite, deren Überschrift angelehnt ist an das Weidelsche Angebot von der ausgestreckten Hand: "Hier liegen die Chancen zum Handschlag". Überschaubar stellt die NZZ in einfachen Grafiken dar, welche Ziele die Parteien mit der CDU gemeinsam haben. Genannt werden jeweils fünf Themen aus den Bereichen Migration, Wirtschaft, Sicherheit, womit Aufrüstung und Militarisierung gemeint ist, Energie, Soziales, worunter auch Sanktionen bei staatlichen Transferleistungen fallen.
Zwei Parteien, eine Regierungsbildung, zügig. Dafür veranschlagt Merz 54 Tage oder knapp zwei Monate: Bis Ostern. Das wunderte die FAZ. Sie kommentiert den Zeitplan von Merz so: "Auf den erfreulich kurzen Wahlkampf folgt hoffentlich eine kurze Regierungsbildung als Zeichen, dass der Ernst der außen- und wirtschaftspolitischen Lage erkannt ist. Um das Wesentliche zu verabreden, muss ein Monat reichen, wie früher oft. ... Startklar zu Frühlingsbeginn im März statt erst Ostern weit im April?" Winterlinge, Krokusse und Schneeglöckchen blühen schon.
Am 8. März sind die Sondierungsgespäche beendet. Tagesschau unter: Link
Am 9. April steht der Koalitionsvertrag. Eine Regierung gibt es am 45. Tag nach der Wahl nicht. Von den 54 Tagen, die Merz veranschlagt hatte, bleiben noch neun.
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Regierungsbildung in Belgien
Die neue belgische Regierung brauchte 236 Tage oder 33,7 Wochen oder 8 Monate bis die daran beteiligten fünf Parteien im Januar 2025 eine Regierungsvereinbarung von 200 Seiten zustande gebracht hatten. Schon am 13. Februar gingen 80.000 Belgier auf die Straße. Sie protestierten gegen die geplanten Sozialkürzungen und die Erhöhung des Rentenalters auf die sich die Verhandler unter der Leitung des flämischen Nationalisten und aktuellen Ministerpräsidenten, Bart De Wever, von der "Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA)" geeinigt hatten. Von den 150 Sitzen im Parlament hat die N-VA mit 24 die meisten Sitze und das asozialste Parteiprogramm: [i]"Wir werden eine Regierung haben, die den Haushalt aufräumt, eine faire Sozialpolitik umsetzt, Arbeit belohnt, die strengste Migrationspolitik aller Zeiten umsetzt, den Atomausstieg abschafft und in Sicherheit investiert". Um an Geld für Investitionen der Unternehmen und für höhere Militärausgaben zu kommen, will die belgische Regierung 5,2 Milliarden Euro an Steuergeldern aus den Sozial- und Rentenkassen umleiten.
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Regierungsbildung in USA
Nicht viel anderes ist zur Zeit aus vielen Ecken Europas, auch aus den USA zu hören. Ähnliche Ziele der Trumpregierung, die sich nicht mit einer anderen Partei abstimmen muss, wurden schon seit dem Ende seiner ersten Amtszeit von der konservativen Bewegung mit dem "Projekt 2025" vorbereitet. Nach dem Wahlsieg folgte die Vereidigung, ein Tänzchen am Abend, und am nächsten Tag ging es los mit den Executive orders des vorbestraften US-Präsidenten.
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Regierungsbildung in Österreich
Die politische Kaste in Österreich wird wohl bald fünf Monate brauchen, um eine Regierung auf die Beine zu stellen. Daran waren aber nicht, wie in Belgien fünf Parteien beteiligt, sondern erst drei, dann zwei und dann wieder drei.
Im Oktober 2024, nachdem die rechtsextreme FPÖ die meisten Stimmen der Wählenden erhalten hatte, aber niemand mit ihr koalieren wollte, beauftragte der Bundespräsident Van der Bellen die ÖVP mit der Bildung einer Regierung. Weil sie keine Mehrheit hatte, mussten Koalitionspartner gefunden werden. Das waren die SPÖ und die Neos. Die drei konnten nicht miteinander.
Daraufhin erteilte Van der Bellen nun doch den Wahlsieger FPÖ mit ihrem rechtsradikalen Vorsitzenden Herbert Kinkel die Aufgabe. Der traf sich, wie erwartet, mit Christian Stocker von der konservativen ÖVP zu Gesprächen über gemeinsame Regierungsziele. Die beiden konnten auch nicht miteinander, schoben sich gegenseitig die Schuld daran zu, und am 12. Februar gab Kinkel den Auftrag zur Bildung einer Regierung dem Bundespräsidenten zurück. Mittlerweile hatten die Sozis von der SPÖ und die Liberalen ihre Bereitschaft erklärt, doch noch einmal mit der ÖVP zu verhandeln. Und oh Wunder, was vorher nicht möglich war, ging nun plötzlich doch. Am 22.2. empfing Präsident Van der Bellen den Chef der ÖVP, Christian Stocker, den Chef der SPÖ, Andreas Babler, und die Chefin der Neos, Beate Meinl-Reisinger in der Wiener Hofburg. Der Präsident war zufrieden: Die "Zuckerl-Koalition" will bald eine neue Regierung bilden. Nach 155 Tagen hieß es dann am 7.3.2025: Habemus Regierung!
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