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Ein Barbiturat in jedem Schrank?

27.03.2012 - von H.S.

Zur Altersdiskriminierung gehört auch das Bemühen von Ökonomen, Politikern, Ärzten und Medienarbeitern, ein gesellschaftliches Klima zu erzeugen, in dem sich Schwerkranke oder Pflegebedürftige als Last und Bürde für ihre Angehörigen oder die Gesellschaft empfinden und - weil sie akzeptiert und geliebt werden möchten, nach Euthanasie rufen. Auch Ohnmacht oder Wut verleitet Schwerkranke oder Pflegebedürftige, nach "der Spritze" zu rufen, damit das Leid ein Ende hat. Auch wenn es "nur" darin besteht, hilflos dabei zusehen zu müssen, wie sich die liebe Verwandtschaft oder die zuverlässigen MitarbeiterInnen des Pflegedienstes skrupellos über das Hab und Gut der Kranken hermachen!

Die Schreckensgemälde und -Szenarien wirken. Und so hört man auch von jungen Leuten immer häufiger Sätze wie: `Bevor ich nach einem schweren Unfall oder im Alter siech im Bett liege, will ich lieber tot sein. Das ist doch kein Leben, so dahinvegetieren. Dann doch lieber die Spritze.`

Diese Leute wollen, was sie sollen.

Bei einem aufgeklärtem Kopf, wie Werner Schneyder wundert das. Auf die Frage, ob er denn, wenn er schwer krank würde, in die Schweiz führe, um Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen, antwortet der Kabarettist, Journalist, Autor und Moderator Schneyder in einer Gesprächsrunde, die unlängst vom ZDF ausgestrahlt wurde: "Nein, weil ich niemandem Geld geben würde dafür, dass er mich umbringt." Der 1937 geborene Schneyder fährt fort: "In 10 Jahren wird eh jeder ein Barbiturat im Schrank stehen haben."

Dazu muss man wissen: Mit Barbituraten werden Tiere eingeschläfert, Barbiturate nutzen die Sterbehilfeorganisationen EXIT und Dignitas in der Schweiz (2009 starben 297 Personen durch "assistierten Suizid), mit Barbituraten, vermischt mit anderen Stoffen, werden in den USA Todesurteile vollstreckt.

Ganz en passant skizziert Schneyder mit seiner Bemerkung ein Horrorszenarium. Barbiturate kommen ja nicht von alleine in "jeden Schrank". Der Staat hätte dabei - direkt oder indirekt - seine Finger im Spiel. Anders gesagt: Wie heute schon am Beginn des Lebens, würde der Staat dann auch im Alter oder bei schwerer Krankheit darüber entscheiden, was lebenswertes Leben ist und was nicht.

Der Autor Reimer Gronemeyer setzt Pflege- oder Hilfebedürftigkeit in seinem Buch "Sterben in Deutschland" mit einem sozialen Todesurteil gleich. Wer will ein "unwertes" Leben leben oder gar verantwortlich dafür sein, dieses Leben durch zuverlässige Pflege bis zu seinem natürlichen Ende zu begleiten?

"Der Weg zur Euthansie wird sich dabei nicht als äußerer Zwang gestalten, sondern als ein Weg, bei dem die Individuen den gesellschaflichen Imperativ verinnerlichen und so den Wunsch nach Euthansie als eigenen begreifen."

Das entlastet die Solidargemeinschaft ideell und finanziell und das christliche Abendland wird wohl nicht mehr lange brauchen, um eine hippe, profitable Verwertung der lebensunwerten Bodys zu entwickeln und das Produkt der Gesellschaft als chick und (wetten,) nachhaltig ökologisch zu verkaufen.

Das empfehlenswerte Buch, das man nur lesen sollte, wenn man starke Nerven hat, ist im Fischer Verlag Franfurt a. M. erschienen. 2007, 288 S. 19.90 €

Ärztepräsident fordert strenges Verbot der Sterbehilfe

Obwohl die Beihilfe zum Suizid nach dem ärtzlichen Standesrecht streng untersagt ist, fordert Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery ein strikteres Verbot der organisierten Sterbehilfe und eine Verschärfung des Gesetzes. Anlass dafür ist ein Verein mit Sitz in Hamburg, der im letzten Jahr 27 Menschen bei der Selbsttötung unterstützt haben will. Montgomery sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger, er sei entsetzt darüber, dass es sich in der Mehrzahl der in einem "Weissbuch" beschriebenen Fälle nicht um todkranke, sondern um depressive und psychisch labile Menschen gehandelt habe.

Der schwarz-gelbe Koalitionsausschuss hat im März 2012 beschlossen, die "gewerbsmäßige" Sterbehilfe unter Strafe zu stellen. Dagegen argumentiert Johannes Singhammer, CSU, dass jede Form der organisierten Sterbehilfe strafrechtlich verfolgt werden sollte. Durch Vereine oder Stiftungen lasse sich eine Gewinnerzielungsabsicht leicht verschleiern.

Link: Sie wollen mich mit Morphium zum Sterben bewegen
Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung, Kölner Stdt-Anzeiger, 10.4.2012