31.05.2011 - von Arbeitskreis Gesundheit der LSV Bremenmen
Das Vertrauen der Patientinnen/Patienten in die Ärzteschaft, in die Kassenärztlichen Vereinigungen, in die Apotheken, in die Pharmakonzerne und vor allem in die Gesundheitspolitik ist durch vielerlei Skandale, Undurchsichtigkeit des Gesundheitssystems, versicherungsfremde Leistungen, ständige nicht nachvollziehbare Kostensteigerungen, unsinnige, nicht nützliche und ungerechte gesetzliche Regelungen und viele offene, bisher seit Jahren nicht geklärte Fragen
nachhaltig gestört.
Die Senioren-Vertretung in der Stadtgemeinde Bremen hat sich in ihrem Arbeitskreis „Gesundheit“ in jüngster Zeit intensiv mit Problemen des gegenwärtigen Gesundheitssystems befasst und dabei auch Experten gehört und befragt, zuletzt Günter Steffen, der sich aufgrund langjähriger
beruflicher Erfahrungen bestens in diesem Geschäft auskennt (vgl. „Durchblick“ 135 und 136). Als Ergebnis wurden folgende Forderungen formuliert:
• Wir Bürger/-innen in Deutschland benötigen ein langfristig zuverlässiges Gesundheitssystem bei Wegfall der Unterscheidung von privat und gesetzlich Versicherten.
• Es sollten in den Gesundheitsfonds der Bundesaufsicht sozial abgestufte Beiträge entsprechend der Einkünfte (Vorschlag: zwischen 5% und 7%) für alle Berufstätigen,
Selbständigen, Beamten, Pensionäre, Rentner, Versorgungsempfänger, Arbeitslosen, Hilfeempfänger und Studenten eingezahlt werden.
• Die Beitragsbemessungsgrenze für Versicherte sollte erheblich angehoben werden (Vorschlag: 1.500 € monatlich). Alle Arbeitgeber – mit Ausnahme der Kapitalgesellschaften – sollten den Zuschuss bei bestehender gegenwärtig gültiger Bemessungsgrenze mit einem abgesenkten Prozentanteil (Vorschlag: 5%) leisten.
• Die Bemessungsgrenze zur Errechnung des Arbeitgeberbeitrags bei Aktiengesellschaften sollte
für ihre Mitarbeiter angehoben werden (Vorschlag 7.000 € monatlich).
• Erwirtschaftete Kapitalzinsen der Versicherten sollten mit einem geringen Prozentsatz (Vorschlag 3%) vom Finanzamt direkt in den Gesundheitsfonds eingezahlt werden.
• Alle Versicherten sollten den Zugang zu einer absolut ausreichenden medizinischen Behandlung nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen erhalten.
• Die Kassenärzte sollten die Pflicht haben, klärungsbedürftige Folgetermine zügig sicherzustellen.
• Beitragsbelastende Strukturen im Gesundheitswesen sollten gesetzlich aufgelöst werden.
• Der Gesetzgeber sollte die wesentlichen diagnostischen und therapeutischen Leistungen festlegen.
• Weitergehende Therapieanerkennungen sollte der Bundesausschuss Ärzte/Krankenkassen vorschlagen.
• Wahlangebote, die aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse nicht mit den therapeutischen
Leistungsnotwendigkeiten im Zusammenhang stehen, sind durch den Wettbewerb zwischen Krankenkassen einerseits und den vielfältigen Leistungserbringern anderseits zuzulassen.
Der Arbeitskreis hat sich dann noch auf einige detailliertere Vorschläge geeinigt.
• Prävention und Gesundheitschecks sind gesellschaftliche Aufgaben und sollten aus dem Bundeshaushalt finanziert werden.
• Versicherungsfremde Leistungen gehören nicht zum Beitragsaufkommen der Versicherten.
• Wegfall von Budgetierungen für Ärzte- und Zahnarzthonorare. Stattdessen Gebührenordnung mit den Steuerungselementen und Möglichkeiten des Abschlusses
von Kollektivverträgen mit den Krankenkassen;
• Abschaffung der diagnosebezogenen Fallpauschalen und dafür ein bürokratiefreies Vergütungsrecht für Krankenhäuser;
• Rechnungsabwicklung der Leistungserbringer direkt mit der zuständigen Krankenkasse (Zweitschrift für die
Versicherten);
• Verhinderung von Missbrauch der Versichertenkarte;
• Förderung ambulanter Notfallbehandlungen in den Krankenhäusern;
• Übersicht einer Positiv-Medikamentenliste für den Kassenarzt;
• Preisverhandlungen des Spitzenverbands der Krankenkassen mit den Pharmaunternehmen über die Preise der Positiv-
Liste, die nicht höher berechnet werden dürfen als die in den Apotheken der westlichen EU-Staaten;
• Einzelmengen-Verordnung der Arzneien für Versicherte, die nicht chronisch krank sind;
• Wirksamkeits- und Qualitätsprüfungen für Medikamente;
• Einführung flächendeckender Palliativ-Ambulanzen;
• Leistungsverweigerung für gefährliche Freizeitaktivitäten;
• Senkung der Mehrwertsteuer für Medikamente.
Die Liste von dringend anstehenden Veränderungen im Gesundheitssystem lässt sich gewiss noch verlängern. Vieles müsste auch noch eingehender diskutiert werden. Wichtig ist, dass zeitnah, konkret und nachhaltig die Arbeit an der Gesundheitsreform aufgenommen wird. Die Landessenioren-
Vertretung Bremen schließt sich der Stellungnahme des Arbeitskreises „Gesundheit“ an und fordert von der
Bundesregierung, endlich und unverzüglich zukünftige Grundsätze zur Absicherung von Krankheiten und Pflege zu schaffen, die von den Menschen unseres Landes verstanden
und akzeptiert werden können.
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