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Berlin: CARE-REVOLUTION

Lissabon 2013 Foto: H.S.

14.03.2014

Aktionskonferenz Care Revolution vom 14. bis 16. März 2014 in Berlin. Mit Care Revolution verfolgen wir folgende Ziele:
⦁ Es gibt regional und je nach Themenbereich sehr unterschiedliche Initiativen. Diese können, so unsere Hoffnung, auf einer Konferenz, in der Austausch im Zentrum steht, viel voneinander lernen.
⦁ Dabei ist es uns wichtig, gerade im Bereich Kindererziehung sowie Pflege die Sichtweisen und Probleme beruflicher Care Worker wie Erzieher_innen und Pflegekräfte mit den Erfahrungen von Menschen mit hohen familiären Sorgeverpflichtungen zusammenbringen. Wir versprechen uns dadurch eine neue Stärke von unten für die weiteren politischen Auseinandersetzungen um den Ausbau öffentlicher Dienstleistungen in KiTas, Schulen, Krankenhäusern, Altenheimen sowie um eine bessere Entlohnung und humane Arbeitsbedingungen für die dort Beschäftigten.
⦁ Uns ist ebenfalls wichtig, Aktivist_innen aus unterschiedlichen sozialen Auseinandersetzungen um die Daseinsvorsorge miteinander ins Gespräch zu bringen. So können Elterninitiativen eventuell von Mietauseinandersetzungen, Zusammenschlüsse von Patient_innen von selbstorganisierten Hausprojekten, Erzieher_innen von den Pflegestreiks lernen und andersherum.
⦁ Es geht in der Aktionskonferenz also primär um den Austausch von Perspektiven und Erfahrungen und Vernetzung. Gleichzeitig wollen wir damit all diese für das menschliche Leben so notwendigen Bereiche sichtbar machen. Eine Erhöhung der Sichtbarkeit von Reproduktionsarbeit sowie eine Verknüpfung der politischen Aktivitäten im Care-Bereich können zur Stärkung der bereits bestehenden sozialen Kämpfe beitragen.

Die Krise sozialer Reproduktion
Um für uns und andere zu sorgen, brauchen wir Zeit und Ressourcen aller Art. Dies ist grundlegend für die Verwirklichung unserer Bedürfnisse und Interessen – für ein gutes Leben. In einem kapitalistischen System spielen menschliche Bedürfnisse jedoch nur insofern eine Rolle, als sie für die Herstellung einer flexiblen, kompetenten, leistungsstarken, gut einsetzbaren Arbeitskraft von Bedeutung sind. Sorgearbeit wird gering geschätzt und finanziell kaum unterstützt. Dies gilt insbesondere in der derzeitigen Krise sozialer Reproduktion, die wir als einen zugespitzten Widerspruch zwischen Profitmaximierung und Reproduktion der Arbeitskraft verstehen. Diese soziale Reproduktionskrise hat viele Facetten:

Staatliche Dienstleistungen decken nicht den steigenden gesellschaftlichen Bedarf an Bildung und Erziehung, Gesundheit und Pflege: An Kinderbetreuung und schulischer Bildung wird gespart; alte und kranke Menschen werden nicht mehr ausreichend versorgt; Menschen mit Beeinträchtigungen erhalten zu wenig Assistenz. Für die staatliche Subventionierung profitabler Güterproduktion, wie der Automobilindustrie, stehen in der Krise Milliarden zur Verfügung, ebenso wie für die Rettung von Privatbanken. In Kindergärten, Schulen, Jugendhilfeeinrichtungen, Krankenhäusern und Pflegeheimen wird nur ein Bruchteil dessen investiert.
⦁ Trotz Fachkräftemangel stagnieren die Löhne von Erzieherinnen, Pflegekräften und anderen sozialen Berufen; sie sichern oft nicht die eigene Existenz, zumal die Kosten für Wohnraum und die allgemeine Lebensführung permanent steigen. Pflege- und Sorgearbeiten unterliegen einem Rationalisierungsdruck, der zu Überforderung und Erschöpfung führt und zu Lasten der Qualität der geleisteten Arbeit geht.
⦁ Auch in anderen Berufen nehmen Arbeitsverdichtung und Belastungen ständig zu, steigende Stresserkrankungen wie Depression und Burn-Out zeugen davon.
⦁ Außerdem wachsen die Anforderungen der nicht entlohnten Haus- und Sorgearbeit in Familie, Nachbarschaft und Ehrenamt. Für viele Frauen bedeutet das eine enorme Doppelbelastung – zugespitzt gilt dies für Alleinerziehende. Vielen bleibt kaum Zeit zur Selbstsorge. Menschen mit höheren Einkommen können diese Belastungen teils dadurch reduzieren, dass sie Haushalts- und Pflegehilfen für sich und ihre Angehörigen bezahlen. Oft sind es Migrantinnen, die völlig unabgesichert und zu Niedriglöhnen in privaten Haushalten arbeiten und hier extrem ausgebeutet werden. Solche Care-Migrationsketten setzen globale Ungleichheiten nicht nur voraus, sondern auch fort.
⦁ Menschen, die wegen der Erziehung von Kindern, der Pflege von Angehörigen oder aus anderen Gründen, den Anforderungen des Arbeitsmarktes nicht entsprechen können oder wollen, sind nach kurzer Zeit den rigiden Bestimmungen von Hartz-IV unterworfen.

Care Revolution als soziale Bewegungen
Ausgehend von diesen alltäglichen Krisenphänomenen setzen wir uns für einen Perspektivenwechsel ein: Menschliche Bedürfnisse und Interessen müssen im Zentrum der Krisendiskussion stehen. Mit einem Aufruf zur Care Revolution geht es außerdem darum, Reproduktionsarbeit neu zu bewerten und umzugestalten. Aus feministischer Perspektive plädieren wir dafür, die für alle Menschen wichtigen Aufgaben in Bildung und Erziehung, Gesundheit und Pflege, aber auch Ernährung und Wohnraum zum Ausgangspunkt unseres politischen Handelns zu nehmen. Hier liegen die Grundlagen menschlichen Lebens. Ein polit-ökonomisches System muss in der Lage sein, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Wenn dies wie derzeit nicht geschieht, muss es erneuert bzw. transformiert werden.

Aufgabe der Aktionskonferenz
Wir laden hiermit vor allem regional und kommunal agierende Gruppen in den Bereichen Bildung und Erziehung, Gesundheit und Pflege, Soziale Arbeit, Ernährung und Wohnraum zu einem Wochenende des Austauschs, der Reflexion und der politischen Aktion ein. Wir sehen vielfältige Aktivitäten, die an konkreten alltäglichen Lebensbedürfnissen ansetzen: Vom Erzieherinnenstreik 2009 zu den oft regional ausgerichteten Warnstreiks von Pflegekräften, den Ansätzen einer Organisierung von Haushaltsarbeiterinnen und den kommunalen Auseinandersetzungen um Kinderbetreuung; von den vielfältigen politischen Auseinandersetzungen einer breiten Bewegung „Recht auf Stadt“, den kraftvollen Proteste gegen Zwangsräumungen, migrantischen Kämpfen um Bewegungsfreiheit bis zum Zusammenschluss selbstorganisierter Hausprojekte im Miethäuser Syndikat und einer Commons-Bewegung, die im Bereich der Daseinsvorsorge alternative Lebensformen erprobt. Aber auch kleinere Initiativen, die sich mit der Aufwertung und Umgestaltung von Sorgearbeit beschäftigen oder sich als Patient_innen zusammengeschlossen haben, sind von Bedeutung.

Ort: Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin
Bitte meldet euch hier an:
Kontakt: care-revolution@riseup.net


Veranstaltet von: AK Reproduktion, Feministisches Institut Hamburg und Rosa-Luxemburg-Stiftung
In Kooperation mit folgenden Initiativen, Netzwerken und Organisationen:
4in1-Initiative Hannover, ABC des guten Lebens, AK Feminismus der Naturfreundejugend Berlin, Arbeitskreis Care der Unabhängigen Frauen Freiburg, Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Dresden, Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Erfurt, Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit Hamburg, Arbeitskreis mit_ohne Behinderung, ATTAC AG Gender, ATTAC AG „Genug für alle“, BAG Berufliche Perspektiven für Frauen e.V., Basisgruppe Antifa Bremen – …ums Ganze!, BasisGruppe Emanzipation Aschaffenburg, Berliner Frauennetzwerk, Berlinerinnen und Berliner für mehr Personal im Krankenhaus, Bildungskollektiv Biko, Büro für medizinische Flüchtlingshilfe Berlin, Care-Macht-Mehr-Initiative, Das feministische Blatt „Wir Frauen“, Denknetz Schweiz, Fachschaftsrat Sozial- und Gesundheitswesen der Hochschule Ludwigshafen, Frauengruppe Zumutung Reutlingen-Tübingen, Frauenzentrum Paula Panke Berlin, GEW Niedersachsen Referat Frauenpolitik, GEW Niedersachsen Referat Jugendhilfe und Sozialarbeit, GrossmütterRevolution Schweiz, Gruppe d.i.s.s.i.d.e.n.t. in der Interventionistischen Linken (iL) Marburg, Industrial Workers of the World Köln/Pflege Betriebsgruppe, Infoladen Sabotnik Erfurt, Initiative Armut durch Pflege, Internationale Kommunist_innen Berlin, Junge GEW Niedersachsen, Junge GEW Sachsen, Kotti & Co Berlin, KoWa – Kommune Waltershausen, Marche Mondiale des Femmes – Koordination in Deutschland, Medibüro Hamburg, move e.V. – Bildung und Kommunikation in der Sexarbeit, Netzwerk Grundeinkommen, Nicos Farm e.V. Hamburg, QueerFem AG Interventionistische Linke (iL) Tübingen, QueerFeminismus AG der Interventionistischen Linken Berlin, queerfeministische gruppe rapidas Hamburg, Queer-feministische Gruppe ´wider die natur´, Redaktion der Zeitschrift Widersprüche, Redical [M] Göttingen – …ums Ganze!, Respect Berlin, Tagespflege Lossetal, ver.di Arbeitsgruppe Bildung und Erziehung Stuttgart, ver.di Betriebsgruppe Charité Berlin, ver.di Bezirksfrauenrat Hannover-Leine-Weser, ver.di Landesbezirksfrauenrat Niedersachsen-Bremen, ver.di-Pflegenetzwerk der Medizinischen Hochschule Hannover, Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte, WIDE Switzerland, Wir pflegen – Interessenvertretung begleitender Angehöriger und Freunde in Deutschland e.V., Women in Exile Potsdam

Link: Problemkind Pflege: Brief an Angela Merkel
Quelle: Mail an die Redaktion