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LSV Bremen warnt vor Ambulantisierung von Pflegeheimen

Berlin, 2013

28.11.2014 - von G.F. (+H.S.)

Was die Brmer Landesseniorenvertretung in der neuen Ausgabe ihrer Zeitschrift "Durchblick" berichtet, ist ein Stück aus dem Tollhaus: Pflegeheime sollen ambulant betrieben werden!

"Ein neuer Begriff macht seit dem 04.11.2014 dank der Sendung Report Mainz die Runde und beunruhigt Seniorinnen und Senioren. Heimplätze sollen in ambulante Pflegeplätze umgewandelt werden.

Die Idee von der „Ambulantisierung“ in Pflegeheimen stammt wohl von einfallsreichen Geschäftsleuten, die
wahrscheinlich bei der Lektüre des neuen Pflegeergänzungsgesetzes weniger auf positive Effekte für
pflegebedürftige Menschen geachtet, sondern mehr die Möglichkeiten der Gewinnmaximierung sondiert haben.

Worum geht es?
Pflegekonzerne organisieren ihre Heime jetzt so, dass der Umsatz gesteigert werden kann. Aus dem bisherigen Pflegezimmer wird ein Appartement gezaubert, indem man eine kleine Küchenzeile integriert.

Eine relativ geringe Investition mit großer Wirkung, wobei die Frage, ob der pflegebedürftige Gast diese Zugabe überhaupt nutzen kann, keine Rolle spielt. Nach Aussage von
Pflegebedürftigen, die bereits mit einer Küchenzeile beglückt wurden, hat sich ansonsten nichts geändert.

Die Heimträger reiben sich allerdings die Hände, denn sie können nun Umsatzsteigerungen von ca. 30% erzielen und hohe Gewinne einstreichen, die den Heimgästen wohl nicht zugute kommen. Wie ist das möglich?

Report Mainz brachte eine Beispielrechnung: Bei einer Pflegestufe 3 im „stationären Pflegeheim können Betreiber pro Person von der Pflegekasse nur eine Pauschale von 1.550 € im Monat bekommen.“ Nach der neuen Organisation werden aus stationären Heimbewohnern Mieter von
Appartments, die nun ganz offiziell „ambulant“ gepflegt werden.

Die bisher von den Fachkräften des Heims geleisteten Dienste gelten nun als ambulante Dienste, wobei der Heimgast zwischen dem häuslichen und einem externen ambulanten Dienst wählen darf.[/b] Die Fachwelt nennt dieses Zugeständnis „Individualisierung“ und sieht darin einen Gewinn für die „Mieter“ in der neuen "Wohngemeinschaft". Nach ersten Erfahrungen lassen sich die wenigstens Heimbewohner auf ein fremdes Unternehmen ein."

Wenn aber doch
Wie bitte soll das funktionieren??? Das Haus wird z.B. von der Caritas betrieben und es kommt ein amublanter Dienst z.B. von der AWO zu einem Hausbewohner.[/b] Bringt die AWO alles mit? Toilettenstuhl? Fahrbares Tablett? Pampers? Gummihandschuhe? Körperlotionlotion?
Die Autos der Pflegedienste sind miniklein. Da geht kein Toilettenstuhl rein. Also muss die ambulante AWO-Frau den Toilettenstuhl bei der Caritas leihen, Formulare darüber ausfüllen, diese abzeichnen lassen, und - sagen wir mal - 2,43 Euro dafür löhnen. Deshalb braucht es einen Kostenträger ... usw. usw. usw.
Wenn es der Frau, die von der AWO ambulant im Caritas-Haus gepflegt wird, plötzlich schlechter geht, die AWO-Frau aber nicht da ist? Wer kümmert sich dann?

Es geht nicht um gute Pflege, es geht nur um Geld
"Durch diese „Umnutzung“ können die Leistungen in ambulante Pflege und Tagespflege aufgesplittet werden, und außerdem kommt noch die häusliche Krankenpflege als Kassenleistung dazu. Die Kassen müssen bei diesem Modell also mit Mehrkosten von bis zu 800 € pro Person und Monat rechnen.

Gesundheitsminister Gröhe hatte zwar davon gesprochen, dass jede Verbesserung der Pflegeversicherung zu Umsatzsteigerungen führen könne, aber auch davon, dass eine Zunahme in der ambulanten Versorgung in Wohngruppen die Kosten nicht explodieren ließe.

Der Gesundheitsökonom Prof.Stefan Greß (FH Fulda) erklärte in der Sendung, ei der Umwandlung von Heimplätzen in ambulante Plätze handele es sich um „Etikettenschwindel“,
weil sich nichts ändere, aber die Kosten anstiegen. Er rechne unter diesen Umständen mit zusätzlichen
Ausgaben in dreistelliger Millionenhöhe. Ein Pflegekonzernvorstand träumte im Interview bereits vom
Börsengang seines Unternehmens und einer Rendite für die Anleger von 8%.

Das nicht nur angedachte, sondern bereits in Anfängen umgesetzte Geschäftsmodell ist zwar juristisch legal, wirkt aber den Zielen des neuen Pflegegesetzes vollständig entgegen.

Sollte es nicht nach Aussage des Bundesgesundheitsministers mehr Zuschüsse für Pflegebedürftige und deren Angehörige bringen?
Das muss jetzt bezweifelt werden. Gewiss, die Heimträger brauchen Geld, um ihre Aufgaben sachgemäß erledigen zu können.
Muss immer gleich übertrieben werden? Lässt sich garantieren, dass das Interesse der Pflegeträger dem pflegebedürftigen Menschen und seiner hochkarätigen pflegerischen Versorgung gilt und nicht
Börsenspekulationen und Anlagefonds und Renditen im Mittelpunkt des Geschäfts stehen?


Das Immobiliengeschäft spielt in der Pflegewirtschaft ja schon längere Zeit eine große Rolle.
Ist dann überhaupt noch Verlass auf eine dauerhafte und kontinuierliche Pflege insbesondere in den Heimen der großen Pflegekonzerne?
Muss das Ganze bei "Fehlern" - wie inzwischen üblich, durch Beitragserhöhungen der Versicherten und/oder durch
Leistungskürzungen und Personal?

Die Bremer Seniorenvertretung hat allen Grund, sich mit dieser Entwicklung zu befassen. In der Sendung wurde berichtet, dass sich in Bremen bereits das erste Heim, nämlich die Stiftungsresidenz Riensberg von der Bremer Heimstiftung dem Trend zur „Ambulantisierung“ angeschlossen hat.

Wir sollten alles tun, damit das Modell „Ambulantisierung“ nicht zum Nachteil der von Seniorinnen/Senioren
gerät. GF" Weg damit!

(Quelle: SWR, Report Mainz, 04.11.14, Wie Pflegekonzerne ...

Link: Was Ehrenamtler im Umfeld der Pflege verdienen + tun
Quelle: DURCHBLICK Nr. 179 - Dezember 2014 Nachrichten der Landesseniorenvertretung Bremen für die Seniorinnen und Senioren in den Stadtgemeinden Bremen+Bremerhaven