Zürich, 2013 Foto:H.S.
07.09.2015 - von Hanne Schweitzer
Pröstli, sagt die Serviertochter, als sie eine heiße Schocki serviert. Mit Butterbretzeli, Buttergipfeli oder Laugenbrötli.
Wandinschriften in Zürich, notiert am 31.10.1983
"Wenn die Scheiben klirren, schreit ihr, wenn die Menschen sterben, schweigt ihr."
"Ich bin so verwirrt."
"Keine Psychis".
"Für Miete schaffe: sind doch Affe".
"Die Bäume sterben, die Jugend fixt".
"Polizei raus".
"Keine Nacht für niemand".
"lieber da-da als bla-bla".
"hilflos".
"1983-LSD ins Trinkwasser".
"Zärtlichkeit und Zorn".
"Die Bullen killen, die Menschen sterben".
"Banken stützen Folter".
"Langeweile".
"Nieder mit dem Imperialismus in der Türkei".
Viele Kirch- und andere Türme mit großen, runden Uhren. Die Brauereien sind eidgenössisch, die ganze Schweiz ist unterbunkert, die Telefonzellen sind blau. Im "Tell", der alternativen 14 tägigen Postille der Schweiz, steht ein Artikel über Konsumfaschismus. Abseits vom See ist Zürich grau.
Im vegetarischen Restaurant "Gleich" auf der Seefeldstraße sagt der Kellner: "Schleimsuppe, ja gerne", als ich Linsengemüse bestelle. "Sind Sie bedient?" fragt er, bevor er den leergegessenen Teller abräumt.
Veranstaltung am 1.11.1983
"Die Herzensbildung im Atomzeitalter".
Veranstaltung am 2.11.1883
"Alchemie heute".
An der Hauptstraße am See plötzlich so etwas wie eine verkehrsberuhigte Wohngegend. Zur Hauptstraße hin steht ein niedriger Lärmschutzzaun, der auf der Wohnseite mit Maschendraht bezogen ist, an dem Efeu rankt. Der Clou: das Efeu wird bewässert. Von oben. Auf dem Abschluß des im Zickzack verlaufenden Antilärmzauns ist ein Rohr angebracht, aus dem Wasser tropft.
Sehr angenehm: Die Abwesenheit von Hochhäusern.
100 DM sind 76 Franken und 50 Rappen wert. In der Straßenbahn 4 nach Werthölzli steht zu lesen: "Fahrgäste ohne gültigen Fahrausweis haben bei unverzüglicher Zahlung eine Taxe von 30 Franken zu entrichten. Spätere Umtriebe werden zusätzlich verrechnet."
Zürich ist teuer.
Sie haben in Zürich eine besondere Art, im Park mit herabgefallenen Blättern umzugehen. Ein Mann mit einer kleinen Maschine, die aussieht wie eine perforierte Walze, geht über den Rasen und zwar so, dass die Blätter alle in eine Richtung geblasen werden. Dort steht ein anderer Mann, der die Blätter noch dichter zusammenfegt um sie danach in eine Karre zu schaufeln, die er dann mit der Hand zu einem Gatter zieht, in dem das Laub gesammelt wird. Ist es voll, das heißt droht der Blätterberg höher zu werden als das Gatter, wird das Blättergefängnis durch Verschieben der Gatterteile vergrößert.
Lokale und Cafés ohne Alkoholausschank sind normal.
Der Zug in die Bundesrepublik hat Waggons mit Sechserabteilen und solche mit je zwei Sitzen auf einer Seite des Gangs, ordentlich hintereinander aufgereiht, wie im Flugzeug. Die Rückenlehne ist verstellbar, an der Rückseite des Vordersessels ist ein Klapptisch angebracht. Es gibt Nichtraucher- und Raucherabteile. Dort kannst Du zusehen, wie der Qualm der Zigarette in den Ritzen der Klimaanlage verschwindet. Die Fenster sind nicht zu öffnen. Ein kleines Stück rechteckiger, brauner Pappe, das ist die Fahrkarte. Der Intercity-Zuschlag hat die gleiche Größe, aber die Pappe ist weiß. Im Zug gibt es einen Münzfernsprecher für In- und Auslandsgespräche, darauf wird mit einer Durchsage hingewiesen.
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