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Versorgungsausgleich: Ermessenserwägungen nicht zu beanstanden

11.02.2015 - von Pressestelle Bundessozialgericht

Versorgungsausgleich - Altersrente - Anpassung wegen Todes der ausgleichsberechtigten Person - Bestimmung der Leistungsbezugsdauer nach § 37 Abs 2 VersAusglG bei schuldbefreiender Leistungserbringung durch den Rentenversicherungsträger

Der 13. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 11. Februar 2015.
1) Die Revision der Beklagten hat insoweit Erfolg gehabt, als das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen war.
Aufgrund fehlender Feststellungen des LSG zu der materiell-rechtlich entscheidenden Frage, ob die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum vor dem Tod des Versicherten von ihm Unterhalt bezogen oder einen Anspruch darauf gehabt hat, war eine abschließende Entscheidung nicht möglich.
In verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht hat der Senat die Ansicht des LSG nicht geteilt, die Bescheide seien schon wegen eines Ermessenfehlers der Widerspruchsstelle aufzuheben. Bei verständiger Würdigung seiner ‑ wenn auch knappen ‑ Begründung bringt der angefochtene Widerspruchs­bescheid in einer für die Adressatin noch hinreichenden Weise zum Ausdruck, dass auch die Widerspruchsstelle von einer bei Rücknahme einer rechtswidrig begünstigenden Rentenbewilligung nach § 45 SGB X zu treffenden Ermessensentscheidung ausgegangen ist und hinsichtlich der Ermessenserwägungen auf die im Ausgangsbescheid benannten Gründe Bezug genommen hat, die nicht zu beanstanden sind.

SG Karlsruhe - S 6 R 1688/09 -
LSG Baden-Württemberg - L 10 R 2006/10 -
Bundessozialgericht - B 13 R 15/13 R -

2) Der Termin zur mündlichen Verhandlung wurde auf Anregung des Klägers aufgehoben und im Einverständnis der Beteiligten über die Sache ohne mündliche Verhandlung entschieden.
SG Nürnberg - S 14 R 903/10 -
Bayerisches LSG - L 19 R 297/11 -
Bundessozialgericht - B 13 R 9/14 R -

3) Der Termin wurde vor der Sitzung aufgehoben, nachdem die Beklagte den geltend gemachten Anspruch aus verwaltungsverfahrensrechtlichen Gründen anerkannt und der Kläger das Anerkenntnis angenommen hatte.
SG Berlin - S 69 R 1673/10 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 31 R 241/11 -
Bundessozialgericht - B 13 R 101/11 R -

Kassel, den 12. Februar 2015

Terminvorschau Nr. 3/15
Der 13. Senat des Bundessozialgerichts beabsichtigt, am 11. Februar 2015 im Jacob-Grimm-Saal über eine Revision aus dem Bereich der Rentenversicherung auf Grund mündlicher Verhandlung zu entscheiden.
1) 11.00 Uhr - B 13 R 15/13 R - S. ./. DRV Bund
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids, mit dem die Beklagte eine Rentenbewilligung zurückgenommen hat.

Die Beklagte hatte der Klägerin mit Bescheid vom 8.10.2008 ab September 2008 große Witwen­rente (sog "Geschiedenenwitwenrente" - § 243 SGB VI) iHv ca 400 Euro/Monat gewährt. Auf einen Hinweis der Ehefrau des verstorbenen Versicherten überprüfte sie die Angelegenheit und nahm mit Bescheid vom 7.11.2008 die Bewilligung mit Wirkung ab dem Folgemonat nach § 45 SGB X zurück. Sie ging nunmehr davon aus, die Klägerin habe im letzten Jahr vor dem Tod des Versicherten keinen Unterhalt bezogen und auch keinen Anspruch darauf gehabt. Ermessenserwägungen stünden einer Rücknahme nicht entgegen.
Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Im Widerspruchsbescheid vom 20.3.2009 ist ausgeführt, der Rentenbescheid vom Oktober 2008 sei zu Recht zurückgenommen worden; bei der gegebenen Sach- und Rechtslage habe dem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben müssen.

Das SG hat auf Klage den Rücknahmebescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids wegen eines Ermessensfehlers im Widerspruchsverfahren aufgehoben. Die Widerspruchsstelle habe das ihr zustehende Ermessen nicht ausgeübt. Die Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheids führe zur Rechtswidrigkeit auch des Ausgangsbescheids. Das LSG hat sich dem angeschlossen und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Senat zugelassenen Revision. Wenn ‑ wie hier ‑ die Widerspruchsbehörde einen ermessensfehlerfreien Ausgangsbescheid insgesamt bestätige und überdies keinerlei Gesichtspunkte vorgetragen seien, die im Rahmen einer Ermessensentscheidung von Bedeutung sein könnten, bestehe keine Verpflichtung, im Widerspruchsbescheid ausdrücklich und speziell auf die Ermessenserwägungen des Ausgangsbescheids Bezug zu nehmen.

SG Karlsruhe - S 6 R 1688/09 -
LSG Baden-Württemberg - L 10 R 2006/10 -

2) Der Termin wurde aufgehoben. 12.00 Uhr - B 13 R 9/14 R - J. ./. DRV Bund

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger beanspruchen kann, dass seine um Abschläge aus einem Versorgungsausgleich verminderte Altersrente nach dem Tod seiner geschie­de­nen Ehefrau wieder ungekürzt gezahlt wird.

Der Kläger bezieht seit Oktober 2005 Altersrente für langjährig Versicherte. Durch Scheidungs­urteil des Amtsgerichts vom 30.10.2006 wurden Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv 492,69 Euro von seinem Versicherungskonto auf das Konto seiner geschiedenen Ehefrau übertragen. Die Beklagte, die am 3.1.2007 Mitteilung erhielt, dass die Entscheidung zum Versorgungsausgleich seit dem 19.12.2006 rechtskräftig sei, berechnete mit Bescheid vom 18.1.2007 die Rente des Klägers neu und gewährte ihm für die Zeit ab März 2007 nur noch die um den Abschlag aufgrund des Versorgungsausgleichs von 18,8553 Entgeltpunkten geminderte Altersrente. Zugleich wurde die der geschiedenen Ehefrau seit Februar 2005 gezahlte Altersrente ab März 2007 um einen Zuschlag aus dem Versorgungs­ausgleich erhöht. Nach deren Tod am 15.1.2010 beantragte der Kläger, seine Rente nicht länger aufgrund des Versorgungs­ausgleichs zu kürzen. Dies lehnte die Beklagte im Bescheid vom 5.2.2010 ab, da die geschiedene Ehefrau länger als 36 Monate Rente aus den im Versorgungs­ausgleich erworbenen Anrechten bezogen habe. Die Monate Januar und Februar 2007, für die im Rahmen des Schuldnerschutzes die Rente aus dem übertragenen Anrecht noch an den aus­gleichs­pflichtigen Kläger gezahlt worden sei, seien im Rahmen der Grenze von 36 Monaten, bei deren Überschreiten eine Anpassung wegen des Todes der ausgleichs­berechtigten Person ‑ sog "Rückausgleich" ‑ ausgeschlossen sei (§ 37 Abs 2 VersAusglG), mit einzubeziehen.

Während Widerspruch und Klage ohne Erfolg geblieben sind, hat das LSG die ablehnenden Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die dem Kläger bewilligte Rente ab Februar 2010 ungekürzt zu gewähren. Bei Beurteilung der Frage, ob die ausgleichsberechtigte Person länger als 36 Monate Rentenleistungen aus dem übertragenen Anrecht bezogen habe, dürften die für die Monate Januar und Februar 2007 noch an den Kläger gezahlten Rententeile nicht berücksichtigt werden; für eine erweiternde Auslegung der Regelung sei kein Raum.

Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Für die Vorgängerregelung in § 4 Abs 2 VAHRG sei anerkannt, dass zu den Leistungen aus dem im Versorgungs­ausgleich erworbenen Anrecht auch die vom Versicherungs­träger für die Dauer der Schuldner­schutz­frist gemäß § 1587p BGB noch an den ausgleichs­verpflichteten Ehegatten bewirkten Zahlungen gehörten (Hinweis auf BSGE 66, 192 = SozR 3-5795 § 4 Nr 1). Mit der am 1.9.2009 in Kraft getretenen Regelung in § 37 Abs 2 VersAusglG habe der Gesetzgeber keine inhaltliche Änderung bezweckt.

SG Nürnberg - S 14 R 903/10 -
Bayerisches LSG - L 19 R 297/11 -

3) Der Termin wurde aufgehoben. 13.30 Uhr - B 13 R 101/11 R - G. ./. DRV Bund

Streitig ist hier die Anrechnung von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit auf eine Altersrente vor Erreichen der Regelaltersgrenze insbesondere im Hinblick auf die Folgen der Auflösung einer einkommensteuerrechtlichen Ansparabschreibung (sog Ansparrücklage).

Der Kläger gab im Rentenantrag an, er werde auch nach Rentenbeginn Gewinne aus Gewerbe­betrieb bzw selbstständiger Tätigkeit erzielen, deren voraussichtliche Höhe er im Formblatt "R230" auf monatlich 298,43 Euro bezifferte. Die Beklagte bewilligte ihm mit Bescheid vom 20.6.2005 ab 1.5.2005 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit als Vollrente mit einem Zahlbetrag von monatlich 503,79 Euro und wies zugleich auf die Hinzuverdienstgrenze iHv damals monatlich 345 Euro sowie auf die damit zusammenhängenden Mitteilungspflichten hin. Im Juni 2009 legte der Kläger seinen Einkommensteuerbescheid für 2007 vor, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 17 561 Euro sowie negative Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit von 654 Euro auswies. Daraufhin erließ die Beklagte ‑ nach Anhörung des Klägers ‑ am 18.8.2009 einen neuen Renten­bescheid. Darin ist ausgeführt, dass die Altersrente ab 1.1.2007 als Teilrente in Höhe der Hälfte der Vollrente gezahlt werde und die im Zeitraum 1.1.bis 28.2.2007 entstandene Überzahlung iHv 503,78 Euro zu erstatten sei. In Anlage 10 des Bescheids ist geregelt, dass der ursprüngliche Rentenbescheid mit Wirkung ab 1.1.2007 nach § 48 SGB X aufgehoben werde und die im Jahr 2007 entstandene Überzahlung von 5527,19 Euro zu erstatten sei. Den Widerspruch des Klägers, der geltend gemacht hat, dass die Auflösung einer Ansparrücklage bei der Ermittlung des Arbeits­einkommens für 2007 nicht zu berücksichtigen sei, wies die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 8.2.2010 unter Hinweis auf die Maßgeblichkeit des steuerrechtlichen Gewinns für die Anrechnung von Hinzu­verdienst bei Selbstständigen sowohl im Jahr der Bildung einer Ansparrücklage als auch im Jahr ihrer Auflösung zurück.

Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Die Voraussetzungen für eine rück­wirken­de Teilaufhebung des ursprünglichen Rentenbescheids nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 3 und 4 SGB X seien aufgrund nachträglich eingetretener Umstände, nämlich der Erzielung höheren Arbeits­einkommens aus selbstständiger Tätigkeit als bei Erlass des Bescheids angenommen, gegeben. Der Gesetzgeber habe hinsichtlich der Zuordnung zum sowie der Höhe von Arbeits­einkommen auch aus Gründen der Verwaltungserleichterung einen vollen Gleichklang von Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht herstellen wollen. Der Sinn und Zweck der Berücksichtigung von Hinzuverdienst bei Renten vor Erreichen der Regelaltersgrenze gebiete keine abweichende Betrachtung, zumal eine Ansparrücklage wirtschaftlich betrachtet nicht im Jahr der Ansparung, sondern erst zum Zeitpunkt ihrer Auflösung zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehe.

Der Kläger rügt mit seiner vom LSG zugelassenen Revision eine Verletzung materiellen Rechts; die im Jahr 2007 aufgelöste Ansparrücklage sei in diesem Zeitraum des Rentenbezugs weder durch eine selbstständige Tätigkeit erzielt worden noch als Arbeitseinkommen zugeflossen. Zudem beanstandet er eine Verletzung von Verwaltungsverfahrensrecht, denn eine Rücknahme der Rentenbewilligung komme nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X in Betracht, die nicht vorlägen.

SG Berlin - S 69 R 1673/10 -
LSG Berlin-Brandenburg - L 31 R 241/11 -

Kassel, den 4. Februar 2015

Link: Versorgungsausgleich: Keine Belege für Kostenneutralität
Quelle: BSG, PM, Terminbericht Nr. 3/15