02.08.2011
Ein paar Jahre lang konnte man in Deutschland mit dem Thema „Armut“ von einer Talk-Show zu anderen reisen und dort „groß herauskommen“. Voraus-setzung war nur, dass jeweiligen Armutsexperten und Armutsexpertinnen auch nicht die Spur einer Ahnung hatten, warum ihre schöne Armut gebraucht wird und wie sie gemacht wird. Prompt fiel diesen Armuts-Profis zur Weltwirt-schaftskrise dann noch weniger ein als gar nichts.
So geht es jetzt auch mit Griechenland und der EU-Schuldenkrise: Brüssel und Europa waren gerade bei manchen Wohlfahrtsverbänden eine schöne Reise-spesen- und Konferenzenangelegenheit. Jetzt, wo eine am Horizont auftau-chende EU-Wirtschaftsregierung mit brutaler Spar- und Enteignungspolitik „ei-ne gewaltige Umverteilung zugunsten der Reichen dieser Welt“ (Professor Hau) betreibt, ist kein Sterbenswörtchen von diesen Europafreunden zu hören.
Dabei steht es fast täglich in den Qualitätsblättern: Der jahrelange Exportangriff der deutschen Konzerne auf die europäischen Nachbarländer und der jahrelange Lohn- und Rentenangriff auf die deutschen Arbeitnehmer und Ruheständler hat die Kapitalüberschüsse erst produziert, mit denen die so genannten „Schuldenländer“ kreditverseucht worden sind und für die sie jetzt zu Armenhäusern gemacht werden sollen.
Kennen wir das nicht aus Deutschland? Da fordert ein sogenannter „Zukunftsrat“ der Bayerischen Staatsregierung eine Verabschiedung der strukturschwachen Nordostzone Bayerns nach Tschechien und Österreich, da werden Bundesländer, die das Wirtschaftswunder getragen haben, als „Schuldenmacher“ diskriminiert und der Fi-nanzausgleich bekämpft, da wird die deindustrialisierte Ex-DDR durch Sparpakete und Rentenabbau noch zusätzlich gefährdet und da werden Millionen ausgegrenzte Hartz-IV-Insassen wahlweise als Sozialschmarotzer oder als Bildungsverweigerer stigmatisiert.
Dabei ist auch in Deutschland alles ganz anders: Jahrzehntelang wurden die Unter-nehmensgewinnen durch Steuersenkungen und Lohnzurückhaltung gepflegt. Lohnersatz wurde durch Daseinsvorsorge aus Steuermitteln geleistet. Die gleichen Vermögen, die zuerst dank dürftiger Löhne noch größer geworden sind und die dann dem Staat Kredite für lohnergänzende Daseinsvorsorge gewährt haben und damit dann auch wieder Zinsen verdient haben wollen jetzt, nachdem sie eine Finanzkapitalismuskrise produziert haben, ihr Kapital zurück, noch höhere Zinsen und/oder eine noch brutalere Sparpolitik.
Hierzu der fernsehbekannte „Armuts-Experte“ Dr. Ulrich Schneider (DPWV): „Armut ist ein vielschichtiger Begriff, fast schon schillernd . . . bis hin zur „Talentarmut“. Da hat er schon recht!
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