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08.04.2021
Das 178-Seiten lange Urteil des Amtsgerichts Weimar ist eine Abrechnung mit der Corona-Politik. Bei dem Verfahren handelte es sich um ein sogenanntes “Kinderschutzverfahren gem. § 1666 Abs. 1 und 4 BGB”, das eine Mutter für ihre zwei Söhne im Alter von 14 bzw. 8 Jahren beim Familiengericht geführt hat. Als GutachterInnen waren drei ProfessorInnen hinzugezogen worden.
Kinder, so heißt es im Urteil, werden durch den Abstands- und Maskenzwang geschädigt und zwar „physisch, psychisch, pädagogisch und in ihrer psychosozialen Entwicklung, ohne dass dem mehr als ein allenfalls marginaler Nutzen für die Kinder selbst oder Dritte gegenübersteht", heißt es im Urteil. In Österreich hätte sich gezeigt, dass 100.000 Grundschüler eine Woche lang sämtliche Nebenwirkungen des Maskentragens in Kauf nehmen müssten, um eine einzige Ansteckung pro Woche zu verhindern. Die Schulen nähmen „keine wesentliche Rolle im `Pandemie`-Geschehen“ ein, PCR-Tests und Schnelltests seien schon im Ansatz nicht dazu geeignet, eine Infektion mit dem SARS-Cov-2-Virus festzustellen. Ihre Fehlerquote sei zu hoch. Der Landesverordnungsgeber in Thüringen sei somit „in eine Tatsachenferne geraten, die historisch anmutende Ausmaße“ habe.
Mit seinem Beschluss vom 08.04.2021, Az.: 9 F 148/21 hat das Amtsgericht Weimar im Wege der einstweiligen Anordnung beschlossen:
I.
Den Leitungen und Lehrern der Schulen der Kinder A, geb. am ..., und B, geboren am ...,
nämlich der Staatlichen Regelschule X, Weimar, und der Staatlichen Grundschule Y, Weimar, sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen wird untersagt, für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler folgendes anzuordnen oder vorzuschreiben:
1. im Unterricht und auf dem Schulgelände Gesichtsmasken aller Art, insbesondere Mund-Nasen-Bedeckungen, sog. qualifizierte Masken (OP- Maske oder FFP2-Maske) oder andere, zu tragen,
2. Mindestabstände untereinander oder zu anderen Personen einzuhalten, die über das vor dem Jahr 2020 Gekannte hinausgehen,
3. an Schnelltests zur Feststellung des Virus SARS-CoV-2 teilzunehmen.
II.
Den Leitungen und Lehrern der Schulen der Kinder A, geb. am ..., und B, geboren am ..., nämlich der Staatlichen Regelschule X, Weimar, und der Staatlichen Grundschule Y, Weimar, sowie den Vorgesetzten der
Schulleitungen wird geboten, für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler den Präsenzunterricht an der Schule aufrechtzuerhalten.
III.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Die beteiligten Kinder tragen keine Kosten. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.
IV.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Gründe
Gliederung:
A: Tatbestand
I.Einleitung
II. Die für die Kinder in Schulen geltenden Bestimmungen des Freistaats Thüringen zum Maskenzwang
III. Die konkrete Situation der beteiligten Kinder in ihren Schulen
IV. Rechtliche Ausführungen der Mutter der beteiligten Kinder zu den ihren Kindern zustehenden Rechten, auch aus internationalen Konventionen
V. Rechtliche Hinweise des Gerichts an die Beteiligten und Beweisbeschluss im parallelen Hauptsacheverfahren
VI. Stellungnahme des Verfahrensbeistands
VII. Stellungnahme der Weiteren Beteiligten
VIII. Gutachten Prof. Dr.med.Ines Kappstein
IX. Gutachten Prof. Dr. Christof Kuhbandner
X. Gutachten Prof. Dr.rer. biol. hum.Ulrike Kämmerer
B: Entscheidungsgründe
Der anonymisierte Gerichtbeschluss bei Corona-Blog unter: unter: Link
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Heribert Prantl im Kommentar der Süddeutschen, Printausgabe vom 17.18.4.2021: "Die Beschlüsse der Familiengerichte in Weimar und Weilheim ...sind ein schrilles Vorspiel für die umfassende Prüfung der Anti-Corona-Maßnahmen durch die zuständigen Gerichte – und Ausdruck eines gärenden Unbehagens. ..."
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Am 28.4.2021 veröffentlichte die FAZ eine DPA-Meldung. Demnach sei im Zuge von Ermittlungen gegen einen Weimarer Amtsrichter wegen des Verdachts der Rechtsbeugung
dessen Büro, Wohnung und Auto durchsucht worden. Der Familienrichter hatte Anfang
April mit einem umstrittenen Beschluss die Maskenpflicht an zwei Schulen in Weimar ausgesetzt. Daraufhin wurden mehrere Anzeigen gegen ihn erstattet. Die
Staatsanwaltschaft prüfe nun, ob der Jurist willkürlich seine Zuständigkeit überschritten habe.
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