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Senioren und Altersdiskriminerung bei der Kreditvergabe

Foto: H.S.

28.09.2023 - von Hamburger Instituts für Finanzdienstleistungen

Studie des Instituts für Finanzdienstleistungen: 55 Prozent der Befragten einer Bankenumfrage bestätigen pauschale Altersgrenzen
Filialschließungen und Digitalisierung sorgen für weniger individuelle Kreditprüfungen
Ataman: „Ältere Hausbesitzende, die zum Beispiel ihre Heizung erneuern müssen, stehen vor ernsthaften Problemen.“

Ältere Menschen haben es in Deutschland immer schwerer, Kredite oder Versicherungen zu bekommen. Das geht aus einer von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes geförderten Studie „Altersdiskriminierung bei der Kreditvergabe“ des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) hervor.

55 Prozent der Befragten einer stichprobenartigen Bankenumfrage (100 befragte Banken und Versicherungen) bestätigen dabei die Existenz von Altersgrenzen bei der Vergabe von Konsumkrediten, 71 Prozent bestätigen dies bei Immobilienkrediten. 41 Prozent der Befragten gaben überdies an, dass es Altersgrenzen für die Beantragung eines Konsu­mkredits gibt. Diese liegen im Durchschnitt bei 67 Jahren. Beim Immobilienkredit geben mit 57 Prozent der Befragten signifikant mehr an, dass es eine Altersgrenze bei der Beantragung gibt. Auch diese liegt im Durchschnitt bei 67 Jahren. Die Studie zeige, dass das Alter der beantragenden Personen bei der Kreditvergabepraxis eine benachteiligende Rolle spiele, schreiben die Autor*innen in ihren Schlussfolgerungen.

Eine weitere Ursache für Benachteiligungen aufgrund des Alters stellen der Studie zufolge seit dem Anfang der Covid-19-Pandemie beschleunigte Filialschließungen dar. So gaben 48 Prozent der Teilnehmenden an der Bankenumfrage an, dass Filialen geschlossen worden sind, meist im ländlichen Raum. Vor allem für ältere Kreditnehmer*innen sei damit der Zugang zu Beratung erschwert, heißt es in der Studie. Auch aufgrund der zunehmenden Standardisierung, die durch die Digitalisierung sowie durch die Vermittlung der Kredite durch Dritte (beispielsweis Online-Kreditportale) gefördert werde, würden Kreditanträge von älteren Personen oft ohne individuelle Prüfungen abgelehnt.

„Die Studie des Instituts ist ein Warnsignal, weil sie zeigt, dass ältere Menschen oft pauschal keine Kredite mehr bekommen“, sagte die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, zu den Ergebnissen. „Das kann dazu führen, dass viele ältere Hausbesitzer*innen, die zum Beispiel ihre Heizung erneuern müssen, ernsthafte Probleme bekommen werden. Banken sollen auch in Zukunft selbst entscheiden können, unter welchen Bedingungen sie Kredite vergeben. Aber pauschale Ablehnungen wegen des Alters – die sind falsch“, sagte Ataman.

Die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe ist nach geltender Gesetzeslage keine Altersdiskriminierung, betonen die Autor*innen der Studie – auch dann nicht, wenn sie pauschal und ohne individuelle Prüfung zustande komme. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gewähre momentan keinen umfassenden Schutz vor altersbedingten Benachteiligungen bei den Verbraucherkrediten. Grund seien Ausnahmeregelungen im Gesetz, die einen Schutz vor Diskriminierung ausschließlich bei sogenannten „Massengeschäften“ gewähren. Ob Kreditverträge als Massengeschäfte gelten, ist in der Rechtsprechung unklar.

„Ältere Menschen brauchen die Möglichkeit, bei entsprechenden Sicherheiten Geld zu bekommen“, sagte Ataman und schlug behutsame Konkretisierungen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vor, um pauschale Ablehnungen wegen des Alters künftig zu erschweren. „Verbraucher*innen müssen die Möglichkeit bekommen, dass ihre Kreditwürdigkeit individuell überprüft wird“, sagte Ataman. Die Unabhängige Bundesbeauftragte plädierte dafür, den Begriff der „Massengeschäfte“ im AGG zu streichen. Außerdem sollten Banken und Versicherungen in Zukunft Ablehnungen von Krediten transparenter begründen müssen.

Die Studie „Altersdiskriminierung bei der Kreditvergabe“ finden Sie auf der Website des
Instituts für Finanzdienstleistungen.

Zum Thema auch: Der Spiegel unter: Link

Quelle: Antidiskriminierungstelle des Bundes, PM 26.9.2023