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Rentenklau geht weiter

01.07.2006 - von Fred Schmid

Zum 1. Juli 2005 trat die von Regierung und CDU/CSU gemeinsam ausgekungelte Neufinanzierung von
Zahnersatz und Krankengeld in Kraft.

Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) haben dann für Zahnersatz einen Sonderbeitrag in Höhe von 0,4 Prozent und für Krankengeld einen Sonderbeitrag von 0,5 Prozent – insgesamt also 0,9 Prozent vom Bruttolohn zu leisten.
Der Sonderbeitrag wird nicht paritätisch finanziert, er ist also allein vom Versicherten zu tragen, der Arbeitgeberanteil entfällt.

Gemindert werden soll diese zusätzliche Belastung dadurch, dass gleichzeitig der Beitrag zur Krankenkassen per Gesetz um 0,9 Prozent gesenkt wird. Diese Beitragsminderung wird allerdings paritätisch auf die Arbeitgeber und Arbeitnehmer verteilt.

Im Klartext: Der Arbeitgeberanteil am Krankenkassenbeitrag sinkt absolut um 0,45 Prozent, was Unternehmer und Konzerne um etwa 4 Milliarden Euro entlastet. In gleicher Höhe – 0,9% Sonderbeitrag minus 0,45% Beitragssenkung = 0,45% – müssen ArbeitnehmerInnen mehr zahlen; ein Kaufkraftausfall in gleicher Milliardenhöhe.

Auch Rentner müssten ihren Beitrag zur Standortsicherung leisten, erklärte Ministerin Ulla Schmidt im Zusammenhang mit der Gesundheitsreform. Klar, dass sie die Sonderbeiträge für Zahnersatz und Krankengeld ebenfalls blechen müssen. Richtig gelesen. Auch für das Krankengeld, also für eine Leistung, die sie als Rentner nie erhalten werden, müssen sie bezahlen. Es sei ein "Solidarbeitrag", klärt die Dame am "Bürgertelefon" des Gesundheitsministeriums auf Nachfragen des Autors. Und nimmt damit die Antwort der hüteren Richter dieses Landes auf diese Frage vorweg. Der "Solidarbeitrag" ist von RentnerInnen zu zahlen, damit die Konzerne einen zusätzlichen Schritt aus der
paritätischen Finanzierung der Sozialversicherung machen können.
Beim männlichen Durchschnittsrentner macht das etwa 4,50 Euro weniger im Monat aus, bei einer Rentnerin knapp 3 Euro.

Ausserdem informiert der aktuelle Rentenbescheid über folgendes: "Nach der
Rentenwertbestimmungsverordnung 2005 bleibt der Rentenbetrag ab 1.7.2005 unverändert". Zu deutsch:
Die jeweils am 1. Juli fällige Rentenanpassung beträgt 2005 erneut 0,0 Prozent, die zweite Nullrunde in Folge.

Mit dem jetzt zu zahlenden Sonderbeitraghandelt es sich allerdings in Wirklichkeit um die zweite Minusrunde hintereinander. Seit 2004
müssen SeniorInnen den vollen Pflegeversicherungsbeitrag berappen.

Zwei Minusrunden, das traute sich
noch keine Nachkriegsregierung.
Rechnet man die Verteuerung der Lebenshaltung von 1,6 Prozent im Jahr 2005 und von 1,7 Prozent in diesem Jahr mit ein, ist der reale Wert der Renten in zwei Jahren um fast 5 Prozent gesunken.

Otto Normalrentner mit 1.000 Euro im Monat wurden also binnen zwei Jahren 50 Euro an Kaufkraft aus der Tasche geklaut; Ottilie mit einer durchschnittlichen Monatsrente von 600 Euro muss ihren Lebensstandard um 30 Euro monatlich einschränken. Noch nicht gerechnet die Verteuerung der
Gesundheitskosten, die ältere Menschen ungleich stärker trifft.

Noch mehr geschröpft werden Alte, die zusätzlich eine Betriebsrente beziehen. Sie müssen darauf ab 1. Januar 2004 den vollen Krankenkassenbeitrag entrichten, davor war es nur die Hälfte. Im Durchschnitt bedeutet das eine Mehrbelastung von 24 bis 26 Euro im Monat. Der Bestandsschutz ist nichts mehr wert.
Zählt man alles zusammen, kommt man, wie der bayerische VdK-Chef und Vize-Vorsitzende der CSU, Horst Seehofer, zu dem Ergebnis:

"Ein Rentner hat gegenüber 2004 durch die gestiegenen Abgaben eine Monatsrente weniger zur Verfügung. Keine andere Bevölkerungsgruppe außer den Arbeitslosen wurde in der Vergangenheit so stark mit Abgaben und Sonderopfern belegt, wie die Rentner".

www.isw-muenchen.de/download/renten2005-fs.pdf

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=2132
Quelle: isw

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15.06.2006: Gesetz über Weitergeltung der Rentenwerte
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30.05.2006: Klage gegen Riester-Lücke. Mitstreiter gesucht

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