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+++ Köln: Kostenloser Begleitdienst für SeniorInnen

19.10.2009 - von Hanne Schweitzer

Diese nachahmenswerte kölner Initiative versucht ein Problem zu lindern, das viele ältere oder behinderte Menschen kennen. Sie möchten zur Post, zum Arzt, zum Gottesdienst, zur Fußpflege, sie brauchen ein Paar neue Schuhe, oder möchten ins Kino, ins Theater, ins Restaurant oder das Grab der Verwandten besuchen. Wer aber nicht mehr ganz so stabil ist, traut sich solche Unternehmungen oft alleine nicht zu.

In Köln gibt es deshalb "Op Jöck". Der noch viel zu wenig bekannte, kostenlose Begleitdienst wurde im Februar 2006 von der Arge Köln und der gemeinnützigen Sozial-Betriebe-Köln gegründet. Als BegleiterInnen werden geeignete Menschen ausgesucht, die im Rahmen der Ein-Euro-Job-Programme diese Tätigkeit übernehmen.
Der Begleitdienst funktioniert einfach und unbürokratisch im gesamten Kölner Stadtgebiet. Die Kundin oder der Kunde braucht lediglich 24 Stunden vorher anzurufen und seinen Bedarf anzugeben. Es ist sogar möglich, die Begleitung zweimal an einem Tag in Anspruch zu nehmen. Zum Beispiel dann, wenn jemand zuerst zum Theater oder zu einer Geburtstagsfeier gebracht werden, und zwei Stunden später wieder abgeholt werden möchte, weil es dann dunkel ist. Soll die Begleitung mit ins Theater gehen, geht die Eintrittskarte natürlich auf Kosten der Kunden. Ansonsten fallen nur die Fahrtkosten an, die während der begleiteten Zeit erforderlich werden. An- und Abreise der Begleiter sind frei.
Telefon: 0221/7775-640.

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Wer den Begleitdienst für SenorInnen in Köln nicht aus der Sicht der SeniorInnen betrachtet, die ihre Wohnung nicht mehr alleine verlassen können, sondern im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang, dem sei die berechtigte Erwiderung von R. Michaelis dringend zu Gehör gebracht.

Sehr geehrte Frau Schweitzer,
Ihre Begeisterung über den Einsatz von sog. 1-Euro-Jobbern kann ich nicht teilen. Der erwähnte Begleitdienst für SeniorInnen sollte von öffentlichen/privat Beschäftigten ) )und oder Ehrenamtlichen geleistet werden. Es handelt sich bei den 1-EU-Einsätzen nicht um gewählte Tätigkeiten, sondern um sanktionsbewehrte Zuweisungen der Jobcenter - eine Art "Arbeitsdienst", der die Erwerbslosen an einen geregelten Tagesablauf heranführen soll (Beck: "waschen u. rasieren"). Dies gilt aber nur für einen geringen Teil der Erwerbslosen - (hier seien die "Alten über 40" mit viel Berufserfahrung genannt, für die eine Arbeitserprobung unsinnig wäre.

Oft sind diese Zuweisungen nicht rechtskonform, nicht "zusätzlich" sondern beinhalten reguläre Tätigkeiten der Pflege wie Darreichung von Mahlzeiten, Hygiene, oder medizinische Leistungen, die nur von Fachpersonal ausgeführt werden dürfen. In den meisten Fällen eröffnet sich keine neue berufliche Perspektive für die Erwerbslosen, da ja genug kostenlose neue 1-EU-Kräfte bereitstehen.
Zu den Kosten für den Steuerzahler, das Arbeitslosengeld, kommen bei 1-EU-Kräfte noch ca. 500 EU, wovon 120 - 180 EU an den Erwerbslosen als Aufwandsentschädigung (nicht als Lohn!) - für Fahrtkosen, Berufskleidung, ... - gezahlt werden. Den überwiegenden Teil dieser Summe von 500 Euro aber erhalten die sogenannten Träger - Firmen, in diesem Fall also der SBK, die von den Jobcentern oder Agenturen für Arbeit mit der Betreuung der Erwerbslosen beauftragt werden.
Nebenbei: Die "1-EU-Jobber" gelten nicht mehr als arbeitslos, was die Statistik schönt = verfälscht. Deshalb wird der Einsatz von "1 EU-Kräften" sowohl von Erwerbsloseninitiativen, als auch von Gewerkschaften und Berufsverbänden von in der Pflege Tätigen kritisch gesehen.
Link
Ich wünsche mir für mich und für meine Angehörigen eine menschenwürdige Pflege von fairbezahlen und qualifizierten Fachkräften, die ihren Beruf aus freier Entscheidung ausüben.
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Erwiderung:
1.
Anders als bei den Einsätzen von Ein-Euro-Jobbern in der Pflege, ist der für die NutzerInnen kostenlose Begleitdienst in einem Bereich angesiedelt, in dem es bislang keine Arbeitsplätze gab. Es werden also keine Arbeitsplätze ersetzt.
2.
Ein privatwirtschaftlich organisiertes Angebot "Seniorenbegleitdienst" ist so teuer, dass es sich nur gut Betuchte leisten können.
3.
Sollen die Ehrenamtlichen alle Versorgungslücken stopfen, die es in diesem Land gibt? Das kann es ja auch nicht sein. Davon abgesehen: Ehrenamtlichkeit ersetzt auch Arbeitsplätze. In Büchereinen, Schwimmbädern, bei der Denkmalpflege, überall, wo kommunale Leistungen abgebaut werden, sollen Ehrenamtliche "einspringen". Mindestens sechs Monate je acht Stunden pro Woche, heißt z.B. die Vorgabe für ehrenamtliche Arbeit in NRW. Noch ist die Beteiligung an diesem Progamm freiwillig. siehe: Link
4.
Wo ist die Lösung für einen kostenlosen Seniorenbegleitdienst in Köln, der für BegleiterInnen und OrganisatorInnen gleichermaßen fair ist?

Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=3218
Quelle: Gespräch mit SBK

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