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Schwarz-Gelb: Nein zur 5. Antidiskriminierungsrichtlinie

Foto:H.S.

24.02.2010 - von Hanne Schweitzer

Die wespenfarbige Bundesregierung lehnt es ab, ihre BürgerInnen besser vor Diskriminierung zu schützen. Deshalb teilte sie der spanischen Ratspräsidentschaft laut FAZ vom 17.2.010 mit: Die Bundesrepublik Deutschland wird ein Veto gegen die 5. Antidiskriminierungsrichtlinie der EU-Kommission einlegen.

Überraschend kommt dieses Veto nicht. Die Zeiten, als gewisse Herrschaften rot sahen, zu schielen begannen, sich kratzten und geiferten, sobald von mehr Schutz vor Diskriminierung die Rede war, sind vorbei. Keine Aufregung mehr, kein Geschrei. Ein gleichgültiger Gegenstand ist die Antidiskriminierung gewissen Herrschaften deshalb aber keineswegs. Das Veto der wespenfarbigen Bundesregierung gegen die 5. Antidiskriminierungsrichtlinie wurde so professionell vorbereitet, dass gelber Neid die Repräsentanten der zahlreichen Antidiskriminierungsorganisationen überziehen müsste. CSU, Arbeitgeber, die Axel Springer AG und die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes wiesen die Richtung zur rechten Gesinnung. Harmonisch abgestimmt wurden zwei Argumentationsstränge und das Timing der öffentlichen und internen Äußerungen. Ziel: Deutschland soll, wie schon seit Jahren, einen weiteren EU-weiten Antidiskriminierungsschutz verhindern.

  • Am 27. Januar 2008 titelte "welt online": "CSU läuft Sturm gegen neue EU-Antidiskriminierungsgesetze".
  • Am 2. Juni 2008 warnte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: "Eine stärkere Regulierung und eine weniger strenge Definition des Begriffs Diskriminierung wären ein Schlag für die Wirtschaft".
  • Am 14. August 2008 forderte der Präsident des Arbeitgeberverbandes: "Neue Vorschriften auf europäischer Ebene müssen unbedingt unterbleiben."
  • Im September 2008 hüpfte der Bundesrat brav über das ihm hingehaltene Stöckchen und echote: "Die Länder halten weitere Initiativen im Bereich der europäischen Antidiskriminierungspolitik nicht für erforderlich."
  • Im Oktober 2008 äußerte sich Johannes Singhammer, CSU: "Eine Einmischung der EU in nationales Recht lehnen wir ab."


  • Zwei Jahre wurden die Weichen gestellt, um den "ungeeigneten Entwurf der Europäischen Kommission zur 5. Antidiskriminierungsrichtlinie", so wird er im Koalitionsvertrag von CDU/CSU/FDP genannt, abzulehnen. Und im Februar 2010 konnte Thomas Silberhorn, CSU, zufrieden resümieren: "Union und FDP haben sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich darauf festgelegt, diese Richtlinie scheitern zu lassen."

    Die neue. 5. Antidiskriminierungsrichtlinie ist der nicht gut geglückte Versuch der EU-Kommission, eigene Fehler zu korrigieren und ALLEN BürgerInnen, auch AUSSERHALB von Beschäftigung und Beruf( EURI 78) das Recht auf Gleichbehandlung zuzugestehen. Also auch denen, die angeblich das "falsche" Lebensalter, die "falsche" sexuelle Identität, eine Behinderung oder die "falsche" Religion haben.

    Es geht um wichtige Dinge in diesen harten Zeiten:
    1. um den diskriminierungsfreien Zugang zum Sozialschutz, zur sozialen Sicherheit und zu den Gesundheitsdiensten;
    2. um den diskriminierungsfreien Zugang zu sozialen Vergünstigungen;
    3. um den diskriminierungsfreien Zugang zur Bildung;
    4. um den diskriminierungsfreien Zugang zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (z.B. amublante oder stationäre Pflege, Mietauto, Wohnraum. Konkret sieht die Richtlinie u.a. vor: Allein aus ALTERSGRÜNDEN darf keine medizinische Behandlung verweigert werden.

    Davon hält die wespenfarbige Bundesregierung jedoch nichts und ignoriert gänzlich unbeeindruckt die Beschlüsse des europäischen Parlaments. Das hatte sich schon im Mai 2008 FÜR die 5. Antidiskriminierungs-Richtlinie und für das gleiche Schutzniveau bei jeder Form von Diskriminierung ausgesprochen, also für den horiontalen Ansatz. Im September 2008 wiederholten die gutdotierten Mitglieder des europäischen Parlaments ihre Forderung nach Verbesserung des Antidiskriminierungsschutzes, und im April 2009 stimmten sie mit immerhin 363 zu 226 Stimmen FÜR die neue, 5. Antidiskriminierungsrichtlinie. Das war möglich, weil die 5. Antidiskriminierungsrichtlinie im Gegensatz zu den anderen Gleichbehandlungsrichtlinien so viele Ausnahmen von der Regel enthält, und so offen für juristische Interpretationen ist, wie keine ihrer Vorgängerinnen (RI 43, RI 78, RI 73, RI 113).

    Die wespenfarbige Bundesregierung lehnt es ab, ihre BürgerInnen besser vor Diskriminierung zu schützen. Not in my name! Und auch nicht im Namen derjenigen, die jenseits des Arbeitsmarkts, an dem ja bekanntlich immer weniger BürgerInnen teilnehmen, wegen ihres Lebensalters, ihrer sexuellen Orientierung, wegen einer Behinderung oder wegen ihrer Religion benachteiligt werden.

    Kommisar Reding, übernehmen Sie.

    Link: http://www.altersdiskriminierung.de/themen/artikel.php?id=3034
    Quelle: Büro gegen Altersdiskriminierung