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Krankenversicherung soll werden wie Autoversicherung

28.07.2010 - von Hanne Schweitzer

Wenn die EU von "Zukunft" spricht oder schreiben lässt, ist Aufmerksamkeit angebracht. Das wird - mal wieder - bestätigt durch ein Interview auf der Webseite von Euractiv. Befragt wurde Javier Mur, Geschäftsführer des Gesundheitsbereiches der Accenture Versicherung.

Die zukünftige Gesundheitsvorsorge wird „wie eine Autoversicherung“ funktionieren, prophezeit der Mann und fordert: Die Bürger sollten für die für sie entstandenen Kosten im Gesundheitswesen Verantwortung übernehmen (sprich bezahlen) und für ihre Benutzung des Services (!) bestraft oder belohnt werden.

Herrn Mur zufolge sollte im Bereich der Gesundheitsvorsorge ein System angewendet werden, das dem der Preisbildung in der Autoversicherung ähnelt: „Sie zahlen weniger, wenn Sie weniger Umfälle haben“. Bein gebrochen? Pech gehabt, das wird teuer. An Krebs erkrankt? Das wird noch teurer. Warum müssen Sie aber auch gerade an Krebs erkranken?!

Geschäftsführer Mur weiter: Die Bürger müssten verstehen, Gesundheitsvorsorge sei teuer. Alle müssten im Kopf haben, dass wir unsere Ressourcen gut verwalten müssen. Die beste Art, dies zu lernen, sei dafür zahlen zu müssen, so Mur.

Er bezieht sich auf Spanien. Dort sind Arztbesuche (bislang) honorarfrei, und er nennt das: „Missbrauchsfall des Systems“. Spanier gehen angeblich im Durchschnitt fast doppelt so oft zum Arzt wie im Rest Europas. (Komisch, hierzulande heißt es immer, keiner ginge so oft zum Arzt, wie die Deutschen). Mur weiter: Die Gesundheitsvorsorge sei „aus politischen Gründen“ von den Sparmaßnahmen weitgehend ausgenommen worden. Er fügt hinzu: Dies bereite zukünftig Probleme bei der Organisation gerechterer Zahlungen von Gesundheitsleistungen.

Während im Bereich der Gesundheitsvorsorge gewaltige Programme vonnöten seien, erreichten IT-Investitionen nur selten eine kurzfristige Rentabilität. Regierungen falle es schwer, gewaltige öffentliche Programme umzusetzen, während in diesen Tagen Sparmaßnahmen getroffen würden. In einigen Fällen führten sogar verschiedene Parteien Gesundheitsvorsorge auf diesen verschiedenen Ebenen durch.

Bürger stattdessen für die Kosten ihrer Krankheiten verantwortlicher zu machen und die verfügbaren Technologien zur effizienteren Problembewältigung zu verwenden, wäre der beste Weg nach vorne, so Mur.

Wir (die Versicherungen) benötigten einen Mechanismus zur Verwaltung beschränkter Mittel und zur Erziehung (!!!) der Bürger, damait sie die Gesundheitsvorsorgesysteme nur benutzen, wenn es wirklich notwendig sei.

Außerdem seien die Hindernisse zum Aufnehmen neuer Technologien bei den Angestellten der Gesundheitsvorsorge größer als bei den Bürgern, deshalb käme es teilweise zu Störungen bei der Organisation der Arbeit zwischen Krankenschwestern und Ärzten.

Achtung: Das ist ernst gemeint!

Link: Kalifornische what ifs in life - bald auch hier?
Quelle: Euractiv, 26 July 2010