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Unterausschus Bürgerschaftliches Engagement fordert eigenen Minister

Berlin, 2013 Foto: H.S.

19.08.2013 - von H.S.

Auch im neuen Bundestag wird es einen Unterausschuss "Bürgerschaftliches Engagement" geben. Vor zehn Jahren wurde er im Berliner Reichstagsbetrieb etabliert. Unter der Noch-Regierung Merkel/Westerwelle gehörten ihm 13 Mitglieder bzw. "Obleute" an. Plus 13 weitere, welche die Mitglieder oder Obleute bei Verhinderung vertreten.

Der Unterausschuss ist ein "Gremium" des Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Dieses hat 34 Mitglieder plus - natürlich- 34 VertreterInnen. Ihre Aufgabe besteht darin, jedem "federführend" oder "mitberatend" Rat zu geben, der bei fünf nicht auf den Bäumen ist, und zwar bei sämtlichen Gesetzentwürfen, Anträgen, Berichten, Entschließungen und EU-Vorlagen, die mit dem "Engagement für alt und jung" zu tun haben! Die Abgeordneten nennen ihr eigenes Tun: "Wirken - im Dialog mit Akteuren der Zivilgesellschaft".

Womit wir wieder beim 2003 gegründeten Unterausschuss "Bürgerschaftliches Engagement" wären. Er gehört zu den "Infrastrukturen der Engagementförderung" und ist dem Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend "zugeordnet", also weder über- noch untergeordnet. Seine Aufgabe besteht darin, "an der Fortentwicklung (Fortentwicklung) der Engagementpolitik des Bundes" und an der "Entwicklung einer ressortübergreifenden engagementpolitischen Strategie des Bundes mitzuwirken" und zwar "im Dialog mit Akteuren der Zivilgesellschaft".

Merke: "ressortübergreifende engagementpolitische Strategie".

Am 12. Juni 2013 traf sich der Unterausschuss zu seiner letzten Sitzung in der 17. Legislaturperiode. Dem Parlamentarischne Staatssekretär im Bundesfamilienministerium, Hermann Kues, oblag es, die Tätigkeit des Unterausschusses zu bewerten.

Als Erfolge der bundesdeutschen Engagementpolitik nannte er:
1.
die Nationale Engagementstrategie,
2.
das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes,
3.
die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes und last but not least
4.:
die Ausweitung der finanziellen Mittel für die Jugendfreiwilligendienste.

Wenn man bedenkt, dass die Pflegereform in den letzten vier Jahren keinen Deut vorangekommen ist, ist das eine stramme Leistung. Das

Dessen Verteilung unter den "Akteueren der Zivilgesellschaft" wurde auf der gleichen Unterausschuss-Sitzung von Ansgar Klein kritisert. Der Politikwissenschaftler ist Geschäftsführer des "Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement" und forderte in dieser Eigenschaft mehr Geld für seine Klientel. Immerhin werden für 80.000 "Freiwillige" jedes Jahr 300 Millionen Euro ausgegeben, für das "bürgerschaftliche Engagement" gibt es aber viel weniger. Nur schlappe 50 Millionen Euro stehen für 23 Millionen bürgerschaftlich Engagierte zur Verfügung. Das macht, wenn ich bei all den Nullen richtig gerechnet habe, bloß 46 Cent im Jahr für "die Rahmenbedingungen" bürgerschaftlich engagierter Personen während für die "Freiwilligen" 3.000 Euro pro freiwilliger Person gezahlt werden.

Ansgar Klein forderte selbsstverständlich keine 3.000 Euro für die Rahmenbedingungen der bürgerschaftlich Engangierten. Aber mehr als 46 Cent möchte er schon. Die Chancen auf Wunscherfüllung stehen gut: Neue Regierung, das bedeutet neue Verhandlungen, neue Anträge, neue Projekte, neue Leute, neues Glück und neues Spiel beim "Auf- und Ausbau des ehrenamtlichen und freiwilligen Engagements".

Wäre ich an Kleins Stelle, würde ich mindestens das Doppelte verlangen. 92 Cent pro Person und Jahr für die Rahmenbedingungen des bürgerschaftlichen Engagements, das wäre eine moderate Forderung, man könnte sich immer noch als armer Mann vom Bosporus gerieren und für den Bundeshaushalt fielen "nur" 50 Millionen Euro Steuergeld zusätzlich an, um dabei mitzuhelfen, bezahlte Arbeit in unbezahlte umzuwandeln, und nebenbei neue Jobs für die Akteure der "Rahmenbedingungen" zu kreieren.

Eine Frau kam im Unterausschuss auch zu Wort: Margit Fehres vom Bündnis für Gemeinnützigkeit. Als Akteurin der Zivilgesellschaft sprach sie zum Thema "ressssortübergreifende engagementpolitische Strategie". Merke: Frau Fehres forderte einen Minister für Engagementpolitik. Sie würde es sehr begrüßen, sagte sie, wenn es analog zum Kulturstaatsminister bald auch einen Engagementstaatsminister gäbe! Dazu muss man wissen: Der Etat von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) wurde 2013 auf 1,28 Milliarden Euro erhöht.

Ein Staatsminister für Engagementpolitik, das würde nicht nur Dienstwagen, Chauffeur, Mitarbeiterstab, Ministergehalt, immer in der ersten Reihe und Pensionsanspruch bedeuten sondern auch einen Platz am Kabinettstisch, einen direkten Draht nach oben, ressort- und branchenübergreifende Kontakte, mehr Geld, mehr Macht, mehr Einfluß.

Engagementpolitik war schon immer einträglicher als Engagement.

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"Infrastrukturen der Engagementförderung":

  • - Freiwilligenagenturen (2010 = rund 300),
  • - Selbsthilfekontaktstellen (2010 = 212)
  • - Seniorenbüros (2010 = 250),
  • - Lokale Bündnisse für Familien (2010 = 542),
  • - Mehrgenerationenhäuser (2010 = 500)

  • - Bürgerstiftungen (2010 = 237)


  • Zur Infrastruktur werden auch gezählt:
  • - Anlauf- und Koordinierungsstellen für bürgerschaftliches
    Engagement in den Kommunalverwaltungen,
  • - spezielle Stellen zur Engagmentförderung,
  • - Landesnetzwerke,
  • - Stabstellen in den Ministerien oder Staatskanzleien der Bundesländer,
  • - Landesarbeitsgemeinschaften der Freiwilligenagenturen
  • - das BBE,
  • - Stadtteilbüros,
  • - Lokale-Agenda-21-Initiativen,
  • - durch das Pflegeweiterentwicklungsgesetz entstandene Pflegestützpunkte mit dem Auftrag zur Engagementförderung,
  • - kommunale Netzwerke,
  • - verschiedene Bundesmodellprogramme und
  • - das "unternehmerische Engagement".
  • Link: Zweiter Engagementbericht: Sachverständige berufen …