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Schweiz: Babyboomer sollen mehr für die Krankenversicherung zahlen

Foto: H.S.

Schweiz - 20.06.2023 - von Simon Hehli, Hanne Schweitzer

Behandlungen werden immer teurer. Und nun kommen auch noch die geburtenstarken Jahrgänge
in ein Alter, in dem sie viel Medizin brauchen. Aber die Senioren dürfen ihre Gesundheitskosten nicht auf ihre Kinder abwälzen. ... Die Nachkriegsgenerationen haben dem Land viel gegeben. ... Heute sind die Angehörigen der besonders geburtenstarken Jahrgänge 50-bis 80-jährig. Die erste Hälfte ist im Ruhestand. Diese frühen Babyboomer sind fit, sie reisen, geniessen. Sie haben ein gutes Leben. Doch auch dieses wird irgendwann enden. Und davor wird es nochmals richtig teuer.
Die Versicherten generieren laut einer Studie im Rahmen eines Nationalfondsprojekts in
ihren letzten zwölf Lebensmonaten durchschnittliche Kosten von über 30 000 Franken. Die Aufenthalte im Spital oder im Pflegeheim, eine letzte Chemotherapie oder die Sterbebegleitung: Das alles schenkt finanziell massiv ein. ...
Simon Hehli für NZZ unter: Link

Noch gibt es sie, die altersunabhängige Prämienzahlung für die Krankenversicherung. Simon Hehli stellt sie in Frage. Ab 50, so lautet sein Vorschlag, sollen die Babyboomer höhere Prämien zahlen als unter 50Jährige denn das Ende eines individuellen, krankenversicherten Lebens komme die Kassen teuer zu stehen. 30.000 Franken im letzten Lebensjahr, angesichts der horrenden Preise z.B. in den Pflegeheimen erscheint ein Betrag von 2.500 im Monat aus bundesdeutscher Sicht eher gering.


Aber: Eine Schwangerschaft ist teurer. Diese hohen Kosten für die Versichertengemeinschaft stellt Hehli jedoch nicht in Frage. Dabei gilt es zu bedenken, dass nicht nur das Lebensende, sondern auch der Lebensbeginn viel kostet. So zahlt die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) die von ÄrztInnen oder Hebammen durchgeführten oder ärztlich angeordneten Kontrolluntersuchungen während und nach der Schwangerschaft, die Entbindung zu Hause, in einem Spital oder einem Geburtshaus, einen Beitrag an die Kosten von Geburtsvorbereitungskursen und die Stillberatung.
Der Versicherer darf auf die besonderen Leistungen bei einer Mutterschaft keine Kostenbeteiligung erheben. Kontrolluntersuchungen, die vor der 13. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden von jeder Kostenbeteiligung befreit. Gleiches gilt für die allgemeinen medizinischen Leistungen und eventuelle Pflegeleistungen bei Krankheit von der 13. Schwangerschaftswoche bis acht Wochen nach der Geburt. Und Hausbesuche, die auf ärztliche Anordnung zur nachgeburtlichen Betreuung von Mutter und Kind nach den ersten 56 Tagen nach der Geburt erfolgen, gelten ebenfalls als "Leistungen bei Mutterschaft" und sind von der Kostenbeteiligung befreit.

Nächstes Beispiel:
Schon die Versorgung mit einer klassischen Zahnspange kann zwischen 2’000 und 8’000 Franken kosten. Eine durchsichtige Zahnspange (Invisalign) kann bis zu 12’000 Franken kosten. Noch höher sind die Kosten für eine in Lingualtechnik angebrachte Zahnspange, die gänzlich versteckt auf der Hinterseite der Zähne angebracht wird. Diese kann sogar bis zu 15’000 Franken teuer werden.

Weiter ließe sich anführen z.B. der Herzinfarkt, der viele Männer zwischen 40 und 50 ereilt. Das ist für die Krankenkassen auch ein teurer Spaß, ohne das bisher jemand propagiert hätte, für diese Altersgruppe höhere Krankenkassenbeiträge zu fordern. Und was ist mit den Internetaffinen? Die sich kaum noch bewegen, den ganzen Tag sitzen? Das kommt die Gesellschaft auch nicht preiswert, wenn nur ein Bruchteil der ComputerarbeiterInnen "Rücken", "Bandscheibe", "Augen" oder "Knie" haben wird.

Diese Idee der unterschiedlichen Krankenkassenbeiträge ist nicht gut. Sie entsolidarisiert und ist nicht gerecht.

Quelle: NZZ, 20.6.2023