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Altersdiskriminierung beim Jobcenter: 1 Mitarbeiter für 500 Arbeitslose über 50

Der Schrftzug: eine altersdiskriminierende Frechheit! Foto: D. Mannheimer

27.02.2018 - von N.R.

Wer am Arbeitsleben teilnimmt oder teilnehmen will, hat ein Recht auf Hilfe zur Erlangung und Erhaltung eines angemessenen Arbeitsplatzes, heißt es im Sozialgesetzbuch (SGB I )in § 3. Mehr als zwei Jahre war ich in zwei verschiedenen Jobcentern tätig. Sowohl in dem Jobcenter, dessen Träger die Arbeitsagentur und die Kommune ist, als auch in dem, das allein in kommunaler Trägerschaft ist, habe ich im Bereich für die unter 25Jährigen gearbeitet. Mir fiel auf, dass ich weniger Personen zu betreuen hatte als meine Kollegen in den Teams für die 26-49 Jährigen, und bedeutend weniger als in den Teams, die für über 50Jährige zuständig waren. Dort hatten die Kollegen jeweils 500 Personen zu betreuen, während im Team für die unter 25Jährigen jeweils nur 150 Leute auf einen Mitarbeiter kamen. Dieses krasse Missverhältnis ist - mit geringen Abweichungen - bundesweit gültig.

Warum werden die unter 25Jährigen besser betreut? Dies geschieht, weil die Jüngeren als "marktnäher" gelten und das Jobcenter für sie in der Regel mehr Vermittlungen erreicht. Das ist gut für die Statistik. "Marktnah" heißt aber auch, dass die auf dem Arbeitsmarkt ohnehin schon altersdiskriminierten Arbeitnehmer in den Jobcentern wegen ihres Vermittlungshindernisses "Lebensalter" noch einmal altersdiskriminiert werden.

Ältere Arbeitnehmer, und als solche gelten aktuell bei der Arbeitsagentur die über 55Jährigen, haben es schwer auf dem Arbeitsmarkt. Dazu kommt: je älter, desto höher ist das Risiko von Langzeitarbeitslosigkeit. Das wissen die Jobcenter und die Arbeitsagentur. Was ich hier benenne, betrifft jeden Beschäftigten über 25. JEDEN. Das heißt auch, dass jeder Arbeitsuchende oder Arbeitslose über 50 Jahre einem Betreuer in Jobcentern oder der Arbeitsagentur gegenübersitzt, welcher ein Vielfaches an Kunden betreut als die Betreuer mit jüngerem Klientel. Genau jene Organisation, die um einen Ausgleich von Ungleichheiten und ein "menschenwürdiges" Miteinander bemüht sein sollte, mischt kräftig mit bei der Altersdiskriminierung.

Im November 2017 veröffentlichte die Arbeitsagentur den "Blickpunkt Arbeitsmarkt". Über die Situation von älteren Arbeitnehmern wird u.a. gesagt:

- Ältere sind stärker als der Durchschnitt von Arbeitslosigkeit betroffen.

- Die registrierte Arbeitslosigkeit Älterer ist gestiegen.

- Ältere Arbeitslose sind vergleichsweise häufig langzeitarbeitslos + schwerbehindert.

- Die Zahl der Älteren in Minijobs ist in den letzten Jahren überdurchschnittlich gestiegen, bei Frauen stärker als bei Männern. Mittlerweile sind Ältere genauso häufig geringfügig beschäftigt wie andere Altersgruppen.

- Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in der Altersklasse von 55 bis unter 65 Jahren ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Insbesondere die Zahl der weiblichen Beschäftigten hat zugenommen.

Zum Weiterlesen:
Arbeitsagentur: Ältere am Arbeitsmarkt 2017: Link

Arbeitsagentur: Die Arbeitsmarktsituation von langzeitarbeitslosen Menschen 2016 Link

Spiegel online: Die Rückkehr der Grauhaarigen: Link

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: Trends in der Beschäftigung Älterer 2018 Link

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: Neueinsstellung Älterer - Betriebe machen meist gute Erfahrungen, 2017 Link

Link: Air Berlin Mitarbeiterin: Keine Chance weil über 60
Quelle: Mail an die Redaktion