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Über die Krankenhaus-Studie 2019 der Bertelsmann-Stiftung

Foto: H.S.

16.07.2019 - von diverse

"Kahlschlag in der Gesundheitsversorgung! „Wer vorschlägt, von ca. 1.600 Akutkrankenhäusern 1.000 platt zu machen und die verbleibenden 600 Kliniken zu Großkliniken auszubauen, propagiert die Zerstörung von sozialer Infrastruktur in einem geradezu abenteuerlichen Ausmaß, ohne die medizinische Versorgung zu verbessern." So beginnt die Deutsche Krankenhausgesellschaft ihre Presseerklärung zur Studie. Nicht unwichtig zu erwähnen wäre an dieser Stelle, dass 2016, als die ersten Pläne aus Halle bekannt wurden, noch von 1.900 Krankenhäusern die Rede war, von denen 1.600 geschlossen werden sollten. Krankenhausschließungen sind schon an der Tagesordnung. Ganz egal, ob sie das "exakte Gegenteil dessen (sind), was die Kommission ‚Gleichwertige Lebensverhältnisse‘ in dieser Woche für die ländlichen Räume gefordert hat“, worauf der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Dr. Gerald Gaß hinwies.
Das zentrale Qualitätsmerkmal eines jeden Gesundheitswesens ist der flächendeckende Zugang zu medizinischer Versorgung. Deutschland hat eines der besten Krankenhausversorgungssysteme der Welt.
„Hinter der Zentralisierung, die die Bertelsmann-Stiftung vorschlägt, steht die Einschätzung, dass die medizinische Versorgungsqualität nur in Großkrankenhäusern gut bzw. besser werden könnte. Das ist eine absolut unbelegte Einschätzung. Wir messen seit Jahren anhand vieler Indikatoren die Qualität der medizinischen Versorgung. Zum Beispiel auf Inneren Abteilungen Lungenentzündungen, auf Gynäkologischen Abteilungen Geburten, Hüftoperationen usw. Mit wenigen Ausnahmen bestätigt der Gemeinsame Bundesausschuss Jahr für Jahr allen an dem Verfahren beteiligten Kliniken ein hohes Qualitätsniveau. Wo einzelne Kliniken Qualitätsdefizite haben, finden Interventionen statt“, sagte Gaß.

Ein großer Teil des stationären medizinischen Versorgungsbedarfes braucht zudem keine Spezialisierung. Es handelt sich um medizinische Grundversorgung, wie Geburten, viele auch altersbedingte Krankheitsbilder der Inneren Medizin, viele neurologischen Krankheitsbilder, geriatrischer Versorgungsbedarf in einer alternden Gesellschaft. Das sind Behandlungen, die möglichst familien- und wohnortnah in erreichbaren Krankenhäusern auch in Zukunft erbracht werden müssen. „Wo Spezialisierungen sinnvoll sind, finden Entwicklungen dorthin längst statt. Es wäre zudem gut, wenn die vielen Initiativen der Krankenhäuser zur Bildung von Zentren nicht länger von den Krankenkassen blockiert würden“, so der DKG-Präsident.

Als eine Voraussetzung ihres Konzeptes fordern die Autoren, deutlich mehr bislang stationär erbrachte Leistungen in ambulante Leistungen zu überführen. Hier sieht auch die DKG Möglichkeiten. Dies kann aber nur gelingen, wenn die Krankenhäuser mit ihren medizinischen Kompetenzen und ihrer Infrastruktur für die Erbringung ambulanter Leistungen vom Gesetzgeber zugelassen werden. Die niedergelassenen Praxen können diese Leistungen nicht auffangen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die Versorgungsengpässe im ambulanten Bereich seit Jahren nicht lösen können. Hier gilt es jetzt, neue Wege zu gehen.

Insofern greift eine monokausale Erklärung „weniger Krankenhäuser – bessere Qualität“ viel zu kurz. Andere Länder haben nicht nur ihre Krankenhausstruktur verändert, wie es die Studie als einzige Lösung vorschlägt. Vielmehr haben sie die Strukturreformen mit wirkungsvollen Präventionsprogrammen, grundlegendem Ausbau der ambulanten Versorgung insbesondere auch durch die Kliniken und der Infrastruktur flankiert. Zudem verfügen sie über gänzlich andere Krankenversicherungs- bzw. Finanzierungssysteme. All das wird komplett verschwiegen und macht die Auswertung damit nicht brauchbar.

„Was wir benötigen, ist eine aktive Krankenhausplanung, die regionale Besonderheiten ins Auge fasst, Parallelstrukturen abbaut, aber gleichzeitig auch gegen Unterversorgung vorgeht. Was wir benötigen, ist ein vernünftiger Mix aus wohnortnaher Grundversorgung, bei der sich die Patienten auch im Notfall auf zeitnahe Behandlung verlassen können, und hochspezialisierten Leistungen, die in Zentren erfolgen sollen. Die Studie selbst verweist auf die Möglichkeiten, die die Telemedizin bietet, um Grundversorgungsstandorte mit den Kompetenzen der Zentren auszustatten. Dieser Debatte stellen sich die Krankenhäuser gerne, und sie sind auch jederzeit bereit, sich in eine sektorenübergreifende Versorgungsstruktur einzubringen. Wichtigste Zielsetzung von Planungen und Veränderungsprozessen muss aber der Nutzen für den Patienten sein“, machte der DKG-Präsident deutlich.

Gaß: „Nicht zuletzt bedeutet aber jede Form von Standortentwicklung gewaltige Investitionsanstrengungen, die weit über die bisherigen Fördermittel der Länder und des Bundes hinausgehen. Auch dazu schweigt sich die Studie aus.“

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist der Dachverband der Krankenhausträger in Deutschland. Sie vertritt die Interessen der 28 Mitglieder – 16 Landesverbände und 12 Spitzenverbände – in der Bundes- und EU-Politik und nimmt ihr gesetzlich übertragene Aufgaben wahr. Die 1.942 Krankenhäuser versorgen jährlich 19,5 Millionen stationäre Patienten und rund 20 Millionen ambulante Behandlungsfälle mit 1,2 Millionen Mitarbeitern. Bei 97 Milliarden Euro Jahresumsatz in deutschen Krankenhäusern handelt die DKG für einen maßgeblichen Wirtschaftsfaktor im Gesundheitswesen.

Rückschau und Echo auf die Bertelsmannschen Krankenhausschließungspläne:

- 15.7.2019: BALD AUS MIT MEINEM KRANKENHAUS?
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- 15.7.2019: Studie der Bertelsmann-Stiftung "Mit weniger als der Hälfte der Krankenhäuser wären Patienten in Deutschland besser versorgt"
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15.7.2019: Ministerin: Krankenhaus-Studie für Thüringen kaum relevant - RTL.de
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15.7.2019: Land Brandenburg gibt Bestandsgarantie für märkische Krankenhäuser Link

15.7.2019:... Ein medialer Volltreffer ist der Bertelsmann-Stiftung mit ihrer aktuellen Krankenhausstudie gelungen. Gesundheitsministerium reagiert zurückhaltend auf ...
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15.7.2019: Krankenhaus-Studie sieht Niedersachsen unter ferner liefen - HAZ
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15.7.2019: Krankenhausstudie: In SH nicht umsetzbar | NDR.de - Nachrichten ...
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15.7.2019: ... Die Krankenhaus-Studie der Gütersloher Bertelsmann-Stiftung hat massive Kritik ausgelöst. Patientenschützer und Ärztevertreter warnen vor ...
Empfehlung einer Studie : Zahl der Kliniken soll deutlich reduziert ...
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15.7.2019
Katholischer Krankenhaus-Verband Deutschlands:
Die heute vorgestellte Studie der Bertelsmann Stiftung zur Zukunft der Krankenhauslandschaft geht an der Realität vorbei, so der Katholische Krankenhausverband Deutschlands (kkvd). Die Autoren der Studie schlagen vor, die Zahl von 1.400 Akutkrankenhäusern um mehr als die Hälfte auf unter 600 Großkliniken zu reduzieren. Ingo Morell, stellvertretender Vorsitzender des kkvd:

„Die Studie ist abgehoben und realitätsfremd. Der notwendigen Diskussion über die Zukunft der Krankenhauslandschaft hilft diese plakative Darstellung nicht weiter, denn mit der konkreten Versorgungssituation vor Ort haben diese Zahlenspielereien nichts zu tun. Eben wurde noch über die Daseinsvorsorge und gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen diskutiert, jetzt wollen die Studienautoren die Krankenhausversorgung an wenigen Großkliniken konzentrieren. Das wird für die Patientinnen und Patienten längere Wege, Versorgung im Akkord und weniger menschliche Zuwendung in der Pflege bedeuten. Mit Patientenorientierung hat ein solcher Vorschlag nichts zu tun. Und auch den Mitarbeitenden kann man nicht ohne weiteres unterstellen, dass sie gerne in einer Großklinik arbeiten wollen.“

In der Studie wird argumentiert, weniger Krankenhäuser würden zu einer höheren Behandlungsqualität führen. Entsprechend solle bei der Krankenhausplanung der schnellen Erreichbarkeit künftig weniger Beachtung geschenkt werden. Morell weiter:

„Den Patientinnen und Patienten als Trost für längere Wege eine bessere Behandlungsqualität zu versprechen, ist Augenwischerei. Auch in den Kliniken der Grund- und Regelversorgung vor Ort ist eine hohe Qualität Standard. Zudem leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Daseinsvorsorge. Wo es auf Spezialwissen ankommt, ist Zentralisierung schon heute geübte Praxis. So besteht in der Modellregion der Studie bei Herzinfarkt und Schlaganfall längst die klare Absprache, dass Patientinnen und Patienten gezielt an entsprechend ausgestattete Krankenhäuser gebracht werden. Solche Verbünde bestehen in vielen Regionen Deutschlands, werden in der Studie aber anscheinend nicht berücksichtigt. Für die Nachsorge wird zudem auch in Zukunft ein Krankenhaus in erreichbarer Nähe benötigt.“

Schließlich würde die empfohlene Reduzierung von Kliniken eine Verdopplung der Behandlungsfälle pro Krankenhaus bedeuten. In der Studie wird argumentiert, die stationären Fallzahlen könnten durch mehr ambulante Behandlungen von heute 19,5 Millionen pro Jahr auf 14 Millionen gesenkt werden. Gleichzeitig wird jedoch eingeräumt, dass die ambulanten Strukturen diese Patienten derzeit nicht aufnehmen können.

„Nur eine rigide Patientensteuerung wird die Fallzahlen in den Kliniken deutlich reduzieren. Doch das würde die Patientinnen und Patienten Wahlfreiheit und Souveränität kosten. Eine Zentralisierung auf wenige Großkliniken setzt zuerst enorme Startinvestitionen für den Umbau voraus. Zudem wäre die bisherige Trägervielfalt in der Krankenhauslandschaft gefährdet. Klar ist, dass nicht alle heutigen Standorte erhalten bleiben können. Doch ist ein dichtes Netz an Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung unverzichtbar, um die schnelle Erreichbarkeit und Versorgung in der Fläche zu sichern. Das ist gerade für die wachsende Zahl älterer Menschen wichtig, die mehrfach erkrankt und nur eingeschränkt mobil sind“, so Morell abschließend.

15.7.2019
Rudolf Henke, 1. Vositzender Marburger Bund zur Bertelsmann-Studie
Planungsentscheidungen werden in den Ländern getroffen und nicht am grünen Tisch der Bertelsmann-Stiftung. Es lässt sich aus der Warte von Ökonomen leicht von Zentralisierung und Kapazitätsabbau fabulieren, wenn dabei die Bedürfnisse gerade älterer, immobiler Menschen unter den Tisch fallen, die auf eine wohnortnahe stationäre Grundversorgung angewiesen sind. Versorgungsprobleme werden nicht dadurch gelöst, dass pauschal regionale, leicht zugängliche Versorgungskapazitäten ausgedünnt werden.

Strukturelle Probleme, wie sie in der Notfallversorgung zu Tage treten, sind längst erkannt, an Konzepten wird intensiv gearbeitet. So hat der Marburger Bund erst jüngst gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ein Konzept zur Etablierung gemeinsamer Anlaufstellen von Krankenhäusern und Bereitschaftspraxen der niedergelassenen Ärzte vorgelegt.

Die Krankenhausversorgung als ein zentrales Element der Daseinsfürsorge braucht zweifellos Steuerung. In erster Linie müssen die Länder ihre Kompetenzen in der Planung wieder stärken. Dazu bedarf es einer definierten Krankenhausplanung und aktiven Gestaltung unter Beteiligung der jeweiligen Landesärztekammer.

Der Fokus der Krankenhausplanung muss auf einer versorgungs- und qualitätsorientierten Gestaltung liegen. Dies erfordert:

- die Sicherstellung einer ausreichenden und qualifizierten Personalbesetzung sowohl in der Grundversorgung als auch bei zunehmender Spezialisierung;
- eine sektorenübergreifende Versorgungsplanung unter Berücksichtigung regionaler Strukturen;
- die Sicherstellung von medizinischer Kompetenz in der Fläche, auch durch Vernetzung und Verbünde;
- die Sicherstellung der finanziellen Mittel und rechtliche Anpassungen für einen versorgungsgesteuerten Strukturwandel.

Um eine gute stationäre Versorgung sicherzustellen, sind deutlich erhöhte Investitionen in Krankenhäuser für Umstrukturierungen, neue Technologien und Digitalisierung notwendig. Dazu ist es dringend erforderlich, dass die Länder ihrer Investitionsverpflichtung vollumfänglich nachkommen. Für die Implementierung neuer digitaler Technologien ist zusätzlich der Einsatz von Bundesmitteln unabdingbar. Was wir nicht brauchen, ist eine weitere Zurichtung der Krankenhauslandschaft im Sinne einer profitorientierten Konzernbildung.

15.7.2019
Krankenhausgesellschaft NRW, Jochen Brink, Präsident:

„In der Studie der Bertelsmann Stiftung zu einer zukunftsfähigen Krankenhausversorgung wird am Beispiel einer Versorgungsregion in NRW die Simulation einer theoretischen Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft vorgenommen, die aber erst einmal einem Realitäts- und Faktencheck standhalten muss“, erklärte Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, nach einer ersten Bewertung der heute veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung zur Neustrukturierung der Krankenhausversorgung am Beispiel der Versorgungsregion 5 im Sinne der Krankenhausplanung des Landes Nordrhein-Westfalen.

„Auch die KGNW ist offen für einen Strukturwandel zur Weiterentwicklung der stationären Versorgung und unterstützt Strukturveränderungen, die in den Regionen und vor Ort entwickelt und gelebt werden müssen“, stellte der KGNW-Präsident heraus. Er kritisierte aber, dass die Verfasser in der Studie zwar ihre Vision von einer für sie optimal strukturierten stationären Krankenhausversorgung am Beispiel der Region Köln darstellten, aber einige zentrale Aspekte außer Acht gelassen hätten, die die Umsetzbarkeit schwierig bis nahezu unmöglich machten.

„Für die im Gutachten vorgeschlagene Reduzierung der Anzahl der Krankenhäuser in der Region von 45 auf 12 oder 14 Standorte sind erhebliche Investitionen notwendig, die an keiner Stelle erwähnt oder beziffert werden. Allein für diese grundlegende Umstrukturierung wären nach unseren überschlägigen Berechnungen Mittel in Höhe von bis zu 3,3 Mrd. Euro erforderlich,“ untermauerte Brink seine Kritik. Das Geld für diese Strukturveränderung müsste vom Land kommen, aber bereits jetzt fehle den 344 Krankenhäusern in NRW – auch von der Politik anerkannt – jährlich rund eine Mrd. Euro an Fördermitteln von der Landesregierung. Dies allein zeige schon den fehlenden Realitätsbezug des Simulationsgutachtens.

Geradezu grotesk werde es hinsichtlich des vorgeschlagenen Kapazitätsabbaus für die Region aufgrund kartellrechtlicher Gründe, die Krankenhauszusammenschlüssen und -kooperationen entgegenstünden, so Brink und nannte Köln als Beispiel. Hier habe vor kurzem das Bundeskartellamt im Hauptprüfverfahren eine Trägerfusion im Krankenhausbereich in Köln aufgrund von vermuteten Marktbeherrschungen untersagt.

„Auch ist bei einer Zentralisierung und Kapazitätsaufteilung die Verbundbildung von Krankenhäusern eine entscheidende Voraussetzung. Eine Verbundbildung setzt aber zwangsläufig auch einen Konsens unterschiedlicher Träger voraus und kann nicht einfach verordnet werden, was sonst einer Enteignung gleichkommt. Auch dies bleibt in der Analyse unberücksichtigt,“ hob Brink hervor.

„Zudem finden in den Modellrechnungen und Analysen die stadtplanerischen Hemmnisse gerade in Ballungsräumen wie Köln keine Berücksichtigung. Schon jetzt fehlen für dringend benötigte Wohnungen die erforderlichen Baugrundstücke. Wo sollen die benötigten Flächen für die im Gutachten beschriebenen Erweiterungen von bestehenden Kliniken von bis zu 2000 Betten herkommen“, merkte Brink an.

„Ein weiterer Aspekt ist die Forderung der Autoren als eine Voraussetzung ihres Konzeptes, deutlich mehr bislang stationär erbrachte Leistungen in ambulante Leistungen zu überführen. Hier sehen auch wir durchaus Möglichkeiten. Dies kann aber nur gelingen, wenn die Krankenhäuser mit ihren medizinischen Kompetenzen und mit ihrer Infrastruktur für die Erbringung ambulanter Leistungen vom Gesetzgeber zugelassen werden und an der Versorgung weiter teilnehmen können,“ unterstrich der KGNW-Präsident. „Die niedergelassenen Praxen können diese Leistungen nicht auffangen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben die Versorgungsengpässe im ambulanten Bereich seit Jahren nicht lösen können. Hier gilt es jetzt, neue Wege zu gehen,“ so Brink.

„Wir haben immer wieder betont, dass bei der Weiterentwicklung der Krankenhausstrukturen nicht der Aspekt des Kapazitätsabbaus im Vordergrund stehen darf. Wir brauchen eine gestaltende Gesundheitspolitik, die gemeinsam ein nachhaltiges Versorgungskonzept im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in NRW verfolgt,“ betonte Brink. „Planspiele anhand statistischer Daten mit fehlendem Realitätsbezug sind dabei nicht wirklich hilfreich.“

15.7.2019
Verband der Krankenhausdirektoren

Ein Federstrich – zwei Drittel der Akutkrankenhäuser in Deutschland mal schnell geschlossen. Sieht so ein sinnvoller Vorschlag für die zukünftige Gesundheitsversorgung aus? „Diese Meldung ist Effekthascherei. Es ist der in den letzten Jahren von interessierter Seite immer mal wieder unternommene Versuch einer Kahlschlagdebatte in der Krankenhausversorgung. Die Meldung auf der Bertelsmann-Homepage ´Eine bessere Versorgung ist nur mit halb so vielen Kliniken möglich` ist schlichtweg Unsinn. Bertelsmann ist dabei, seinen guten Ruf zu verspielen“, kommentierte VKD-Präsident Dr. Josef Düllings den neuesten Vorstoß, dieses Mal in Form einer Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung.

Der Vorschlag kommt fast zur selben Zeit wie der Bericht der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ unter Vorsitz von Horst Seehofer. Ziel sei, so wurde in der Vorstellung betont, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland zur Richtschnur für alle künftigen Vorhaben der Bundesregierung zu machen. Es gehe um den Ausbau einer flächendeckenden Infrastruktur – je nach Bedarf in der jeweiligen Region. Als Beispiel dafür wird auch die Gesundheitsversorgung genannt, wird auf Arztpraxen, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen als wichtige Standortfaktoren verwiesen, die entscheidend seien für die Lebensqualität der dort lebenden Menschen.

„Genau das ist auch die Position des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands“, bekräftigt der VKD-Präsident. „Strukturen müssen den Notwendigkeiten in den jeweiligen Regionen entsprechend weiterentwickelt werden. Dabei müssen ambulante und stationäre Leistungen endlich besser miteinander vernetzt werden. Gerade in ländlichen Regionen sind die Krankenhäuser Anker einer funktionierenden Gesundheitsversorgung. Sie übernehmen vielfach schon jetzt Leistungen, für die der niedergelassene Bereich zwar zuständig ist, die er aber vor allem durch den Ärztemangel nicht zeitnah zur Verfügung stellen kann. Diese Strukturen zu zerschlagen, wäre abenteuerlich. Vielmehr muss diesen Kliniken, wie der VKD schon seit langem fordert, die Verantwortung für die ambulante Versorgung übertragen werden, die von den Kassenärztlichen Vereinigungen schon seit langem nicht mehr sichergestellt werden kann.“

Das wäre sinnvoller als die Weiterführung von Parallelstrukturen. Es wäre wirtschaftlicher und im Sinne einer integrierten Versorgung auch besser für den Patienten, der dann nicht von einem Leistungserbringer zum anderen geschickt werden müsste. Es gehe nicht um die Wünsche von Krankenkassen oder Studienautoren, sondern um die Bedürfnisse der Menschen vor Ort.

Der VKD wehrt sich in diesem Zusammenhang auch gegen das Schlechtreden kleiner Krankenhäuser, die häufig neben der geprüft guten Grundversorgung für die Patienten in ihren Regionen vielfach auch hochspezialisierte Leistungen anbieten und international anerkannte Experten beschäftigen. „Klein ist keinesfalls gleich schlecht“, so Dr. Düllings. „Die Studie verunsichert letztendlich mit ihren Bewertungen und Vorschlägen viele Menschen, die nun vielleicht befürchten, dass ihr Krankenhaus zu denen gehören könnte, die laut der Studie geschlossen werden sollten.“

Auch das Krankenhausmanagement sieht die Notwendigkeit zu weitreichenden Strukturveränderungen. Es sind vor allem die Kranhausmanager, die solche Veränderungen fordern und, wo dies mit entsprechenden finanziellen Ressourcen hinterlegt ist, sogar schon jetzt umsetzen. Dazu hätte die Studie einen Beitrag leisten können. Mit dem jetzigen Schwerpunkt hat sie leider das Thema verfehlt. Aus den Praxiserfahrungen ist für den VKD klar, dass solche Strukturveränderungen nicht zum Nulltarif zu haben sind – leider eine immer noch gepflegte Fantasie von Krankenkassen- und Länderseite. Angesichts einer historisch niedrigen Investitionsquote und eines beispiellosen Investitionsstaus ist eine solche Vorlage wie die Bertelsmann-Studie eher ein Papiertiger als zielführende Politikberatung. Diese Studie wird nicht Realität werden.

- 26.2.2018: Koalitionsvertrag: 4 Milliarden für das Schließen von Krankenhäusern Link

- 25.7.2017: Professoren fordern: 1.600 Allgemeinkrankenhäuser schliessen!
Link

- 9.11.2016: Akademie in Halle schlägt vor: 1.600 Krankenhäuser schließen !
Link

Link: Akademie in Halle schlägt vor: 1.600 Krankenhäuser schließen
Quelle: diverse