Diskriminierung melden
Suchen:

Muss Altersrentnerin Gebühr für Personalausweis selbst bezahlen?

Foto: H.S.

22.06.2020 - von B.G.

Ich bin Altersrentnerin und stocke meine Rente, weil diese trotz 45 Jahren Vollzeit-Berufstätigkeit zum Leben nicht reicht, mit Grundsicherung auf.
Weil mein Personalausweis abgelaufen ist, suchte ich heute ein der Stadt Schwäbisch Gmünd zugehöriges Bezirksamt in dem Teilort Lindach auf. Ich hatte meinen Personalausweis und die erforderlichen Lichtbilder dabei. Auf Grund des monatlich mir zur Verfügung stehenden finanziellen Etats von 300 EUR (von welchem noch Telefon und Strom als feste Ausgaben abgehen) bat ich die dortigen Mitarbeiter um Befreiung von den für den Personalausweis anfallenden Gebühren in Höhe von 28,80 EUR. Diesbezüglich legte ich das Urteil des VG Potsdam vom 07.03.2013 - VG 8 K 1064/12 - vor, wonach gem. § 1 Abs. 6 PAauswGebV die Gebühr ermäßigt oder von ihrer Erhebung abgesehen werden kann, wenn die Person, die die Gebühr schuldet, bedürftig ist.

Nach dem eindeutigen Aufbau und klaren Wortlaut von § 1 Abs. 6 PAauswGebV setzt die darin vorgesehene Rechtsfolge (behördliche Ermessensentscheidung über eine Gebührenermäßigung oder - befreiung) die Erfüllung des Tatbestandes "Bedürftigkeit des Gebührenschuldners" voraus. Der Tatbestand der Vorschrift ist dabei mit dem unbestimmten Rechtsbegriff "bedürftig" umschrieben, den die Personalausweisgebührenverordnung selbst nicht definiert, so dass dieser Begriff auszulegen ist.

Aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und zur Vermeidung von Zufallsergebnissen ist deshalb auf eine allgemein gültige Definition zurückzugreifen, die da lautet:

Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbes. von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Unter Rückgriff auf diese Definition ist als bedürftig i. S. von § 1 Abs. 6 PAauswGebV jedenfalls derjenige anzusehen, der Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII bezieht.

Dieses Begriffsverständnis liegt auch der mit § 1 Abs. 6 PAauswGebV inhaltsgleichen Vorschrift der § 17 PassV zu Grunde. Im Sinne von § 17 PassV ist - unter anderem - als bedürftig anzusehen, wer Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII oder auf Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II hat (Nr. 20.1.2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Passgesetzes vom 17.12.2009, GMBI 2009, S. 1686, 1716; ebenso Hornung in Hornung/Möller, Passgesetz, Personalausweisgesetz, 2011, Rz. 14 zu § 20 PAssG).

Nicht nur, dass die 3 Mitarbeiter offensichtlich Schwierigkeiten hatten, das o. g. Urteil zu lesen, waren sie offensichtlich auch nicht in der Lage, den Inhalt dieses Urteils zu erfassen, geschweige denn, zu verstehen Darum bemühten sie sich auch nicht. Stattdessen rief eine der 3 Mitarbeiterinnen (deren Namen und Funktionen mir trotz Nachfrage nicht genannt wurden) bei der Stadt Schwäbisch Gmünd an, um die dortige Position zu erfragen. Mit nicht zu übersehender Erhabenheit und Machtdemonstration (mir Alten gegenüber), verbunden mit der entsprechenden Lautstärke suggerierte diese Dame der dortigen Mitarbeiterin die Antworten, indem sie ihr diese quasi vorgab. Im Ergebnis hieß es, dass mir die Gebühren nicht erlassen werde, da der Regelsatz diese beinhalte, ich also aus meinem Regelsatz diese zu entrichten habe. Daraufhin packte ich meine Unterlagen zusammen und verließ unverrichteter Dinge das Bezirksamt.

Es ist immer wieder dasselbe:
Als Altersrentnerin, als Grundsicherungsempfängerin, als Alleinlebende - vor allem als FRAU - begegne ich nicht nur Vorurteilen, sondern in erster Linie Diskriminierung, überwiegend ausgeübt von „jungen Dingern/Grünschnäbeln“ ohne Lebenserfahrung und Bildung. Und gerade in den ländlichen Bereichen sehe ich hierin ein zunehmend sich mehr entwickelndes Phänomen. Hinzu kommt, dass sich mir gerade dort der Eindruck aufdrängt, dass die staatlichen Vorgaben zur Personaleinsparung dort noch lange nicht angekommen sind.

Quelle: Mail an die Redaktion