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Bafin: Es gibt keine Altersdiskriminierung durch KFZ-Versicherungen!!!!!!!!!!

Foto: H.S.

05.07.2020 - von Hanne Schweitzer

Der Bafin wurde von der Neuen Zürcher Zeitung im Fall Wirecard unlängst ein EKLATANTES SCHEITERN bei der Finanzaufsicht attestiert. Davon gänzlich unbeeindruckt, hat die Aufsichtsbehörde nun der Versicherungswirtschaft einen Persilschein für ihre altersabhängige Tarifierung der KFZ-Versicherungen ausgestellt. Sie beruft sich dabei auf eine "marktbreite" Untersuchung. Diese soll nicht veröffentlicht werden. Die Bafin "beabsichtigt" lediglich, sie "zu gegebener Zeit in ausführlicherer Form mit einem Beitrag im BaFinJournal darzustellen". Bis die Bafin also gedenkt, eine ausführlichere Form der Darstellung dieser Untersuchung zu veröffentlichen, speist sie die älteren KFZ-Versicherten mit einer Pressemitteilung ab, in der als Autoren der Untersuchung "die in Deutschland tätigen Kraftfahrtversicherer" genannt werden!

Deren verwirrendes Fazit:
- Der "Eindruck" älterer Autofahrer, dass sie höhere Prämien zahlen müssen, stimmt nicht.
- In der KFZ-Haftpflichtversicherung gibt es für jüngere + ältere Fahrer Zuschläge.
- Ältere Versicherte bis 79 zahlen niedrigere Prämien als 27 -41 Jährige.
- PKW Tarife werden nach dem Alter der Versicherten oder Fahrer gestaffelt.
- Die "altersabhängige Tarifierung" entspricht dem Gesetz.
- Höhere Schadenfreiheitsklasse + niedrigere jährliche Fahrleistung "dämpfen" die Prämien.
- Altersabhängige Tarife sind gesetzeskonform, wenn sie risikoadäquat kalkuliert sind.

Presseerklärung der Bafin:
"BaFin-Untersuchung: Altersabhängige Tarifierung in Kfz-Versicherung gesetzeskonform
Die BaFin hat überprüft, ob der Eindruck von älteren Versicherungsnehmern bzw. Autofahrern stimmt, dass sie im Verhältnis zu anderen Altersgruppen zu Unrecht höhere Prämien zahlen müssen.

Die aktuelle, marktbreit angelegte Untersuchung der in Deutschland tätigen Kraftfahrtversicherer kommt zu dem Ergebnis, dass die altersabhängige Tarifierung in der Autoversicherung auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht und somit § 20 Absatz 2 Satz 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) entspricht.

Anhaltspunkte für Verstöße gegen diese Vorschrift und damit für eine unzulässige Diskriminierung älterer oder jüngerer Versicherungsnehmer haben sich nicht ergeben.

Im Hinblick auf die Prämiensituation für ältere Fahrer stellte die BaFin fest, dass bei einem signifikanten Anteil der untersuchten Kraftfahrtversicherer selbst ältere Versicherungsnehmer bis unter 79 Jahren eine niedrigere durchschnittliche Prämie zahlen als etwa die 27- bis 41-jährigen Versicherungsnehmer.

Obwohl die BaFin feststellte, dass bei eher gleichbleibendem Schadendurchschnitt die durchschnittliche Schadenhäufigkeit bei älteren Personen steigt und die Versicherer insofern einen entsprechenden Prämienzuschlag kalkulieren dürfen, haben demnach andere Tarifmerkmale – etwa eine höhere Schadenfreiheitsklasse und geringere jährliche Fahrleistung – die Prämienbelastung eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers im Alter nicht unerheblich gedämpft.

Seit einigen Jahren ist es gängige Praxis der in Deutschland tätigen Kraftfahrtversicherer, vor allem Pkw-Tarife nach dem Alter der Versicherungsnehmer, teilweise auch der Fahrer, zu staffeln. So sind etwa in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und in der Fahrzeugvollversicherung für jüngere Fahrer und ältere Versicherungsnehmer Zuschläge vorgesehen. In der Fahrzeugteilversicherung (Teilkasko) sinken die Prämien mit zunehmenden Alter dagegen im Allgemeinen.

Bei einer altersabhängigen Tarifierung müssen die Versicherungsunternehmen zwingend die Vorgaben des § 20 Absatz 2 Satz 2 AGG beachten, wonach eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters nur zulässig ist, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht.

Die BaFin beabsichtigt, zu gegebener Zeit die Ergebnisse ihrer Untersuchung in ausführlicherer Form mit einem Beitrag im BaFinJournal darzustellen."
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Also, liebe AlterskollegInnen: Wenn die nächste Rechnung von der KFZ-Versicherung kommt, wissen wir Bescheid: Die Prämie ist nicht höher als im letzten Jahr, das ist nur unser Eindruck. Ebenso, wie bei den Reiserücktrittsversicherungen, den Reisekrankenversicherungen usw.usw.usw.

Die Versicherungswirtschaft wird ihre risikoadäquaten Kalkulationen nicht offenlegen. Ein Gesetz gegen Altersdiskriminierung durch Algorithmen gibt es auch nicht. Uns bleibt es, zu hoffen, dass sich der Bundesverband der Verbraucherzentrale endlich entschließt (nach seiner erfolgreichen Klage gegen die Deutsche Bank!), auch eine Klage gegen die Versicherungswirtschaft einzureichen. Sie müsste das Ziel haben, zu beweisen, dass KFZ-Haftpflichtversicherungen Massengeschäfte sind, denn es ist eine Zwangsversicherung. Bei Massengeschäften gilt der gesetzliche Schutz vor Altersdiskriminierung!

Link: 13.02.2019: Petitionsausschuss fordert mehr Transparenz bei KFZ- Versicherungsprämien
Quelle: PM BAFIN, 1.7.2020