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Wer länger arbeitet, ist früher tot

Foto: H.S.

18.07.2023 - von Anja Braun

Ein Forschungsteam der Universitäten Barcelona und Mannheim hat untersucht, ob es zwischen Sterblichkeit und Renteneintrittsalter einen Zusammenhang gibt. Und sie konnten empirisch nachweisen, dass ein späterer Renteneintritt die Sterblichkeit erhöht.
Dabei haben sie auf Sozialversicherungsdaten aus Spanien zurückgegriffen. Dort gab es eine Rentenreform, die das Eintrittsalter von 60 auf 65 Jahre angehoben hat. Wer vor dem 1. Januar 1967 Beiträge in das Rentensystem eingezahlt hat, konnte freiwillig mit 60 in Rente gehen, alle anderen mussten bis zum Alter von 65 Jahren warten. Han Ye von der Universität Mannheim erklärt:

"Um die kausalen Auswirkungen dieser Reform abzuschätzen, haben wir Personen verglichen, die im selben Jahr geboren wurden, aber 1966 und 1967 mit der Beitragszahlung in das Rentensystem begonnen haben. Und dabei haben wir festgestellt, dass eine Verzögerung des Renteneintritts um ein Jahr das Sterberisiko im Alter zwischen 60 und 69 Jahren um 4,2 Prozentpunkte erhöht. Das entspricht einem relativen Anstieg von 43 Prozent."

"Wir konnten zeigen, dass der Anstieg der Sterblichkeit bei denjenigen stärker ist, die in Branchen mit einer sehr hohen Anzahl von Arbeitsunfällen gearbeitet haben. Zum Beispiel im Bausektor. Und wir haben festgestellt, dass die Sterblichkeit bei Personen in Berufen mit hoher psychosozialer Belastung stärker ist – also bei denen, die im Beruf ein hohes Maß an psychischem und sozialem Stress erleben."
Han Ye, Universität Mannheim

Die Forschungsgruppe warnt: Wenn gerade diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit schwerer körperlicher Belastung und hoher psychischer Belastung das Recht auf eine Frühverrentung genommen wird, dann kann das zu vorzeitigem Tod führen.
Personen, die im Bausektor oder in Berufen mit hoher psychosozialer Belastung arbeiten,
Und diese Ergebnisse seien gut auf Deutschland übertragbar, versichert Forscherin Han Ye. Doch wie geht das zusammen mit den zahlreiche Studien, die zeigen, dass ein längeres Verbleiben im Job die geistige Fitness und das soziale?Netzwerk fördert und die Menschen so "jünger" erhält. Das ist kein Widerspruch, sagt Wirtschaftswissenschaftlerin Han Ye. Aber es greift eher bei Menschen mit höherem Qualifikationsniveau. Und dazu kommt es auch stark auf das Arbeitsumfeld der einzelnen Personen an. ...
Weiterlesen bei SWR unter: Link

Siehe auch: Tagesschau, 16.5.2023 unter: Link

Siehe auch: Der Versicherungsbote, 12.5.2023 unter: Späterer Renteneintritt kann das Sterberisiko erhöhen Link

Siehe auch: Tod vor Rente
Es ist belegt: Altwerden ist eine Klassenfrage, eine Frage des Einkommens und »sozialen Status«. Kurzum, wer länger malocht, stirbt früher, besonders Niedriglöhner, berichtete die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung (HBS) am Sonnabend in einem Beitrag ihres Magazins Mitbestimmung. Konkret: »Ein Jahr Arbeit zusätzlich erhöht das Sterberisiko zwischen 60 und 69 Jahren um 4,2 Prozentpunkte«, so die HBS-Autoren gestützt auf Studien eines Forscherteams der Unis Barcelona und Mannheim. Anders ausgedrückt: Wer körperlich hart schuftet oder stumpfsinnige Jobs verrichtet, riskiert, von seiner Rente gar nichts zu sehen.
Konservative und Kapitalbosse rechtfertigen einen späteren Ruhestand mit höherer Lebenserwartung. Erfolgreich. Bis 2031 steigt das gesetzliche Renteneinstiegsalter hierzulande auf 67 Jahre. ...
»Zu viele Menschen sind weit davon entfernt, Arbeitsbedingungen zu haben, die sie bis zum jetzigen Renteneintrittsalter bringen«, sagte Johanna Wenckebach, Arbeitsrechtlerin und Direktorin des Hugo-Sinzheimer-Instituts der HBS, am Sonntag zu jW. Jobsituationen zu verbessern wäre der richtige Ansatz in Zeiten des demographischen Wandels. ...
Oliver Rast für Junge Welt unter: Link

Quelle: SWR, 16.5.2023, Tageschau, Versicherungsbote, 12.5.2023, jW, 17.7.23